»Wir haben jetzt ein günstiges Zeitfenster, um in den nächsten fünf bis zehn Jahren wirksame Verbesserungen am S-Bahnhof Perlach zu erreichen«, lautete das positive Resümee des Landtagsabgeordneten Markus Blume am Ende des von ihm initiierten Bürgerdialogs zur Zukunft des S-Bahnhofs Perlach. Anlass für diese Einschätzung waren die von Nikolaus Beiler, dem Eigentümer des Bahnhofsgeländes, zuvor präsentierten Ideen zur Entwicklung des Areals.
Auf dem Wartegleis: S-Bahnhof Perlach
Perlach · Auf dem Wartegleis: S-Bahnhof Perlach Themenseite zum S-Bahnhof Perlach: Nicht barrierefrei, ungenügende Ausgänge und ohne Komfort
Diese reichten von Gastronomie über Kinderkrippe bis hin zur Ansiedelung eines Supermarkts und kamen bei den knapp 80 Gästen in der Forschungsbrauerei gut an. Als Trauerspiel in drei Akten stellte MdL Markus Blume zu Beginn der CSU-Veranstaltung die mittlerweile fast zwei Jahrzehnte andauernde Tragödie um den barrierefreien Ausbau des Perlacher Bahnhofs dar. Während man zur Jahrtausendwende noch auf einen Baubeginn im Herbst 2004 gehofft hatte, verzögerte sich das Projekt über die Jahre hinweg, um 2008 schließlich auf unbestimmte Zeit zurückgestellt zu werden. Doch nicht nur die mangelnde Barrierefreiheit des Bahnhofs sorgt für Frust bei den Fahrgästen, sondern auch der mangelnde Komfort und den Schmuddelcharakter, den der Bahnhof zwischenzeitlich aufweist. Thomas Kauer, der vom Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach jüngst zum Bahnhofspaten für die Station Perlach bestellt wurde und den Bürgerdialog mit initiiert hatte, sprach aus, was viele Gäste dachten: »Der Bahn scheint Perlach egal zu sein, Perlach wird links liegen gelassen.« Beiler, der das zirka 13.000 Quadratmeter große Gelände vor einigen Jahren kaufte, ist das unverständlich. Er ist der Meinung, dass man aus dem Gelände etwas machen könne. Nachdem er letztes Jahr erfolglos den ersten Anlauf mit einer Kinderkrippe unternahm, hat er mittlerweile größere Pläne und möchte dabei auch die Bürger einbinden: »Ich erhoffe mir einen Impuls«, stellte er noch vor seiner Präsentation klar. Dabei stoßen seine Ideen schon jetzt auf Gegenliebe: Sie sehen vor, im denkmalgeschützten Bahnhofsgebäude einen gastronomischen Betrieb mit kleinem Biergarten zu errichten, die Perlacher Bahnhofsstraße als Fuß- und Radweg bis zum Bahnhofsvorplatz weiterzuführen und auf der Dreiecksfläche zwischen Schneckestraße und Park-and-Ride- Parkplatz eine Kinderkrippe einzurichten.
Im östlichen Teil des Bahnhofsgeländes könnte sich Beiler einen Supermarkt als so genannten Vollsortimenter, also gezielt keinen Discounter, vorstellen. Obwohl die anwesenden Gäste von der Notwendigkeit eines Supermarkts nicht vollständig überzeugt waren und auf die mangelnde verkehrliche Erschließung des Gewerbegebiets aufmerksam machten, spendeten sie Beifall für den Willen, hier nach quälenden Jahren des Stillstands etwas zu verändern. Im Zuge der Baumaßnahmen könnten nämlich auch Weichenstellungen für eine barrierefreie Erreichbarkeit des Bahnsteigs vorgenommen werden. Bunt gemischt waren die Vorschläge, die die Bürger selbst einbrachten. Während sich manche nur einen Kiosk für den unmittelbaren Bedarf wünschen, können sich andere ein Alten- und Servicezentrum ebenso vorstellen wie einen großen Versammlungsraum für die Nutzung von Vereinen und Bürgern. Nachgefragt wurde auch, ob das gegenüberliegende Grundstück südlich der Bahnlinie ebenso in den Planungen berücksichtigt werden könnte, um eine attraktive Gesamtlösung zu verwirklichen. Eine Idee, die als interessant bewertet wurde, allerdings erst noch weiter geklärt werden muss, da es sich um unterschiedliche Eigentümer handelt und sich um das Grundstück südlich der Gleise die wildesten Gerüchte ranken, von schützenswerten Kröten bis hin zur Altlastenproblematik. Letztlich hängen alle Planungen aber von der Bereitschaft der Landeshauptstadt München ab, hier tatsächlich Bewegung in die Sache zu bringen. Genau von ihr ist der Investor bisher jedoch enttäuscht. Obwohl er, wie er mehrfach betonte, zu Kompromissen und konstruktiver Zusammenarbeit bereit sei, zeige die Stadt kein Interesse, ihn bei der Entwicklung des Geländes zu unterstützen. Das Planungsreferat habe schlicht keine Zeit für so ein vergleichsweise kleines Projekt.
Stattdessen würden dem Investor regelrecht Hürden aufgebaut. So stünde beispielsweise die Zufahrt zum Bahnhof, die auch der städtische Linienbus nutze, gemäß Planfeststellungsbeschluss für eine allgemeine Nutzung, etwa als Anfahrt zu einer Kinderkrippe, nicht zur Verfügung. Beiler verdeutlichte, dass er keinen Handlungsdruck habe, mittelfristig würde ihm jedoch nichts anderes übrig bleiben, als das Bahnhofsgebäude als Durchgang für die Fahrgäste zu sperren. Blume erläuterte, dass er aus dem Bayerischen Wirtschaftsministerium, das für den S-Bahnverkehr zuständig ist, erfahren habe, dass im Gegensatz zur früheren Kommunikation der zweigleisige Ausbau zwischen Giesing und Perlach nicht mehr K.O.-Kriterium für Umbaumaßnahmen in Perlach sei. Blume möchte den Investor, die Bahn, das Planungsreferat und das Wirtschaftsministerium nun alsbald an einen Tisch bringen und nach Lösungen suchen. Im Internet besteht unter www.bahnhof-perlach.de fortan die Möglichkeit, sich über aktuelle Entwicklungen zu informieren und selbst Vorschläge zu machen.