Wer Lust hat, am Sandstrand zu liegen, muss nicht unbedingt ans Meer fahren. Längst holt sich München seinen eigenen Strand in die Stadt. Jeder kennt die aufgeschütteten Sandflächen, beispielsweise an der Isar oder im Universitätsviertel, wo sich in den Sommermonaten Hunderte tummeln. Die Macher sprechen von einem »Kulturstrand«. Doch was ist eigentlich ein Kulturstrand?
(Nicht nur) Urlaubsfeeling am Kulturstrand in München
Münchens Kulturstrand Themenseite zum Kulturstrand München, leidenschaftlich umkämpftes Projekt seit 2004
Eine eindeutige Antwort gibt es nicht. Die einen sagen das, die anderen sagen jenes. Und genau diese unterschiedlichen Vorstellungen lösen inzwischen Diskussionen aus zwischen dem Kulturreferat und den betroffenen Bezirksausschüssen (BA). Wobei den BA-Mitgliedern nach eigenen Angaben bisher nur wenig Gehör geschenkt wurde. Nun aber wollen sie endlich von Anfang an mitreden und in die Ausarbeitung des Kulturprogramms miteinbezogen werden. »Wir sind der Meinung, dass durchaus Ansprüche an das Kulturprogramm formuliert werden sollten«, sagt Wolfgang Püschel, Vorsitzender des Bezirksausschusses Altstadt-Lehel (BA1). »Und da wollen wir mitreden.« Denn die Qualität der Veranstaltung lasse, wie Alexander Miklosy, Chef des BA Ludwigs- und Isarvorstadt, meint, sehr zu wünschen übrig: »Ich möchte diesen Sandstrand nicht als Kulturstrand bezeichnen. Er müsste eher den Namen Ballermann tragen.« Und der Amtskollege in Maxvorstadt, Oskar Holl, zeigt sich enttäuscht: »Der Idealismus von einst hat sich in Kommerzialismus verwandelt.«
Ursprünglich hatte eine Gruppe von Studenten die Idee, durch aufgeschüttete Sandstrände »vergessene« Plätze in verschiedenen Münchner Stadtteilen zum Leben zu erwecken. Vorbild waren unter anderem der Pflasterstrand in Frankfurt und auch Paris, wo Baden am Seine-Ufer möglich gemacht wird. »Mit großer Mehrheit haben wir vor sechs Jahren die Idee der Studenten mitgetragen und begeistert unterstützt«, berichtet Miklosy. Doch seien die Betreiber inzwischen von ihrem eigenen Konzept weit abgerückt. »Sie haben es geschafft, nicht nur den damaligen Skeptikern Recht zu geben, sondern auch eine Menge an Sympathien für die an sich gute Idee die Isar hinunter spülen zu lassen.« So seien beispielsweise die Orte, die sich die Betreiber aussuchen, wie etwa auf der Geschwister-Scholl- und der Professor-Huber-Platz alles andere als vergessene Plätze. »In unserer Stadt warten genügend verborgene Plätzchen darauf, wach geküsst zu werden«, schlägt Oskar Holl vor. Doch ein Mitmischen der BAs ist nicht gefragt.
Veranstalter muss gefunden werden
»Es ist Aufgabe der Veranstalter, wie sie Kultur definieren«, sagt Jenny Kozarevic vom Kulturreferat. Und der Veranstalter muss erst noch gefunden werden. Für die Jahre 2011 bis 2014 Vergabe im Paket wird demnächst ein Veranstalter gesucht. Potenzielle Bewerber können sich melden, sobald ein Aufruf in der Rathaus Umschau und auf den Internetseiten der Stadt veröffentlicht ist, was wohl Anfang Februar der Fall sein wird. »Der Stadtrat lässt den Kulturbegriff bewusst offen. Nur so ist gewährleistet, dass unterschiedliche Konzepte gleiche Chancen haben«, erklärt Kozarevic. »Würden wir den Begriff verengen, indem wir einen Kriterienkatalog erarbeiten, so bestünde die Gefahr, dass nur ein oder zwei Veranstalter in Frage kommen. Und genau das wollen wir nicht.«
Die »Urbanauten«, die üblicherweise den Kulturstrand veranstalten, seien, so Kozarevic, »nicht automatisch gesetzt«. Erlaubt ist also, was gefällt? Ganz so ist es nicht. Der Stadtrat hat mehrere Kriterien für die Auswahl. Unter anderem müsse der Kulturstrand ein wie auch immer geartetes kulturelles Angebot beinhalten, sich ohne städtische Zuschüsse finanzieren und öffentlich zugänglich sein. »Das Kulturreferat hat lediglich zu prüfen ob diese Kriterien erfüllt werden«, so Kozarevic. »Da also auch wir keinen weiteren Kriterienkatalog erstellen, ist der Wunsch der betroffenen Bezirksausschüsse, in die Konkretisierung des Begriffs Kulturangebot einbezogen zu werden, hinfällig.«
BAs werden nicht ausgegrenzt
Die BAs müssen sich trotzdem nicht ausgegrenzt fühlen. Stadtdirektor Anton Biebl macht in einem Schreiben an BA-Chef Püschel den Vorschlag, den Betreiber in eine BA-Sitzung einzuladen und sich das Kulturprogramm vorstellen zu lassen. Hierbei könne über die Wünsche des BAs verhandelt werden. »Der Veranstalter wird sich den Wünschen, sofern realisierbar, sicher nicht verschließen«, so Biebl.
Die Standorte für die nächsten vier Jahre stehen bereits fest. 2011 soll der Kulturstrand auf dem Professor-Huber-Platz stattfinden, 2012 am Vater-Rhein-Brunnen, 2013 auf der Corneliusbrücke und 2014 im Nussbaumpark am Sendlinger-Tor-Platz.
Mit vielen Besuchern darf auch in den nächsten Jahren wieder gerechnet werden. »Der Kulturstrand gehört zu den beliebten Open-Air-Veranstaltungen im Sommer. Er belebt die Stadt und ihren öffentlichen Raum«, sagt der Kulturreferent der Stadt München, Hans-Georg Küppers.
Sylvie-Sophie Schindler