Veröffentlicht am 09.04.2011 00:00

Der Löwe ist eine Marke


Von red

Was haben die Zahl „1860”, „Die Löwen” und „Turn- und Sportverein München von 1860 e.V.” gemeinsam? All diese Bezeichnungen sind Wortmarken der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA. Ja, Sie lesen richtig, auch die Marke mit dem Zusatz „e.V.“ für „eingetragener Verein“ gehört der KGaA. Dies ergibt sich zum einen aus dem Markenregister und zum anderen aus dem Ausgliederungsplan (der Vertrag zur Ausgliederung der 1. Mannschaft, der U23 und der A-Jugend) des TSV vom 15.02.2002. In diesem wurde, neben vielen anderen Dingen, auch geregelt, welche zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (hier ist der Bereich Profifußball gemeint, der vor der Ausgliederung neben der Jugendarbeit ebenfalls im e.V. angesiedelt war) gehörenden Vermögensgegenstände zu übertragen sind.

Auch der Verbleib der nicht bilanzierungspflichtigen bzw. bilanzierungsfähigen Vermögensgegenstände, unter anderem eben die Markenrechte, wurde hier geregelt. Der e.V. verzichtet in diesem Ausgliederungsplan (ein Vertrag zwischen e.V. und KgaA) unwiderruflich auf alle Vorrechte an diesen Marken. Insbesondere die Verwendung zu gewerblichen Zwecken (Merchandising bzw. Verkauf von Fan-Artikeln) ist dem e.V. und das betrifft nicht nur die Fußballabteilung, sondern alle Abteilungen des e.V., nicht mehr erlaubt. Nur das Recht zur unentgeltlichen - nicht gewerblichen - Eigennutzung der Namens- und Markenrechte behielt sich der e.V., im Jahre 2002, noch vor.

Wo sind die Einzelheiten geregelt?

Nun sind die Regelungen im Ausgliederungsplan nicht sehr ausführlich und daher haben die Verfasser dieses Vertrages vorgesehen, einen eigenen Firmen- und Namensrechtsvertrag - nach erfolgter Eintragung der KGaA im Handelsregister - abzuschließen. In einem solchen Vertrag könnte z.B. auch eine jährliche Lizenzgebühr an den e.V., ein Rückkaufrecht für den e.V., etc. geregelt werden. Dieser Vertrag wurde aber leider bisher noch nicht geschlossen. Zumindest kennt keiner der Aufsichtsräte, kein Mitglied des Präsidiums und auch keiner der bisherigen Geschäftsführer, einen solchen Vertrag. Aus diesem Grund ist der wichtigste Anhaltspunkt für die aktuelle Rechtslage im Bereich der Markenrechte der Ausgliederungsplan.

Welche Marken sind betroffen?

In der Anlage III zum Ausgliederungsplan sind alle Wort- und Bildmarken aufgeführt die der e.V. an die KGaA übertragen hat, bzw. für die der e.V. auf seine Rechte verzichtet. Neben dem obligatorischen zweischwänzigen Löwen im charakteristischen Achteck sind diverse Wort- und/oder Bildmarken aufgeführt:

- LÖWENARENA

- 1860

- 1860 München

- Die Löwen

- Münchner Löwen

- TSV 1860

- Turn- und Sportverein München von 1860 e.V.

- TSV München von 1860 e.V.

Als Internationale Marken:

- 1860 mit Löwen

- 1860 München

Auffallend ist hier, dass selbst die Marken „Turn- und Sportverein München von 1860 e.V.” und „TSV München von 1860 e.V.” ausgegliedert wurden, ohne dass dies in den diversen Delegiertenversammlungen diskutiert wurde.

Wer nutzt die Marken im Moment?

Viele nutzen den Löwen und die Bezeichnung TSV 1860 im Moment. Vor allem die 100%-Tochter der KGaA, die „TSV 1860 Fanartikel GmbH“ nutzt die Marken für diverse Merchandising-Artikel. Neben Klassikern wie Trikot, Schals, Caps, Aufnähern und Fahnen gibt es für Klein und Groß alles was das Löwenherz begehrt. Von Baby-Stramplern und Schnullern für die ganz kleinen über Schlampermäppchen, Ringbücher und Federmäppchen gibt es für den Haushalt dann Eierbecher, Besteck und ein Grill-Set. Die Löwinnen kommen mit diversem Schmuck, Uhren und einer Extra „Lady-Collektion“ auch nicht zu kurz und die 150-Jahre-Kollektion sowie die diversen Gläser haben auch für Nostalgiker viel Charme. All das findet sich unter http://www.tsv1860-shop.de . Aber genug mit der Werbung und zurück zu den Nutzern der Marken des TSV. Neben der Fanartikel GmbH gibt es natürlich noch den e.V. bzw. die diversen Abteilungen des Vereins. Auch hier gibt es die unterschiedlichsten Varianten der Nutzung. Zur Kennzeichnung der Kleidung von aktiven Sportlern egal ob in der Leichtathletik-, der Ski- oder einer anderen Abteilung, wird der Löwe und die Bezeichnung „TSV 1860“ natürlich laufend genutzt. Auch eigene Merchandising-Artikel, wie z.B. kleine Boxhandschuhe für das Auto, Shirts, etc. gibt es in den diversen Abteilungen. Eine „Löwen-Tauchschule“ gibt es ebenso, wie Förderer für jede einzelne Mannschaft der Junglöwen. In der Löwen-Fußballschule, ein breitensportorientiertes Angebot der Fußballabteilung im e.V. (siehe http://www.loewenfussballschule.de ), wird das Logo auf den Ausrüstungsgegenständen und dem gesamten Info-Material verwendet. Neben dem eigentlichen Verein gibt es aber auch noch weitere Fan-Clubs, die selbst wieder in Vereinen organisiert sind. Auch die ARGE (ARBEITSGEMEINSCHAFT ALLER FAN- CLUBS DES TSV MÜNCHEN VON 1860 e. V.) verwendet die Bildmarke des TSV bereits im Intro und dann auf der gesamten Homepage. Praktisch jeder Fan-Club verwendet den geschützten Löwen auf Homepage und Briefbogen. Manche Fan-Clubs verkaufen eigene Merchandising-Artikel mit nicht unerheblichen Erlösen für die Vereinskasse. Auch einzelne Fans erstellen Shirts oder andere Artikel, teils für den eigenen Gebrauch, teils zum Verkauf. Die Nutzung in vielen dieser Fälle ist sicherlich weder mit der KGaA abgesprochen noch von dieser genehmigt. Im Moment wird die Nutzung geduldet, wohl auch aufgrund der langjährigen Historie in diesem Bereich. Ohne eine klare Regelung mit der KGaA, auch über einen Vertrag mit dem Verein hinaus, kann sich dies aber sehr schnell ändern.

Wer hat die Marken an die KGaA übertragen?

Verantwortlich für die Übertragung der Rechte im Ausgliederungsplan sind erst einmal die Unterzeichner dieses Vertrages. Für den TSV München von 1860 e.V. sind dies Hr. Karl-Heinz Wildmoser und Hr. Dr. jur. J. Paul Wonhas als Präsidium des Vereins. Für die KGaA, dem jetzigen Inhaber der Rechte, sind dies Hr. Detlef Romeiko und Hr. Karl-Heinz Wildmoser jun. als Geschäftsführer. Neben diesen handelnden Personen gibt es aber noch andere Verantwortliche, die den Vorgang genehmigt bzw. geprüft haben. Auf jeden Fall den Aufsichtsrat des e.V., da lt. Satzung das Präsidium die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats bereits bei „Gründung von Gesellschaften” braucht. Dann natürlich die Delegiertenversammlung, die, als Gremium des Vereins, den Ausgliederungsplan genehmigen musste. In der ordentlichen Delegiertenversammlung am 19.11.2001 wurden die Delegierten über eine mögliche Ausgliederung des steuerpflichtigen Geschäftsbetriebes in eine Fußball-Kapitelgesellschaft informiert, sowie auf eine Delegiertenversammlung Mitte Februar 2002, zur Entscheidung über die Ausgliederung, hingewiesen. In der 33. Delegiertenversammlung im Jahre 2002 genehmigten die Delegierten dann den Ausgliederungsplan und schufen damit die Grundlage für die Übertragung der Markenrechte. Die Mitglieder durften nur deshalb nicht über die Ausgliederung, und damit auch nicht über die Markenrechte, entscheiden, da am 01.12.2001 in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung folgende Satzungsänderung beschlossen wurde: „Die Delegiertenversammlung entscheidet an Stelle der Mitgliederversammlung auch über Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz.”. Damit wurde die Verantwortung für die Ablehnung oder Genehmigung des Ausgliederungsplanes in die Hände der Delegierten gelegt.

Wohin gehören die Markenrechte des TSV?

Im Moment sind die diversen Markenrechte incl. dem Löwenlogo also bei der KGaA und dorthin gehören die Rechte erst einmal auch. Selbst wenn das vielen Mitgliedern des TSV nicht gefällt, aber wenn man die Markenrechte und vor allem die Herkunft ihres Wertes betrachtet, dann ergibt sich das Zwangsweise. Die wirtschaftliche Verwertung der Markenrechte gehört in die Firma (auch diese Bezeichnung gefällt manchen nicht, aber die KGaA ist nun mal eine Firma) die auch für die 1. Mannschaft die Lizenz beantragt hat und für diese verantwortlich ist. Warum ist das so? Der Wert der Markenrechte hängt direkt mit dem Erfolg bzw. dem Bestehen des Profifußballes (oder einer anderen 1. Mannschaft) des TSV zusammen. Ohne diese Mannschaft bzw. ohne Teilnahme am Spielbetrieb würden sich nur wenige Schals, Trikots, Fahnen, Kugelschreiber oder Gartenzwerge in weis-blau mit Löwenlogo, verkaufen lassen. Insbesondere für die Amateurabteilungen (egal ob Fußball oder eine andere Sparte des e.V.) stellt dies aber natürlich ein Problem dar. Die Delegierten, auch die Abteilungsleiter dieser Abteilungen in Ihrer Funktion als Delegierte, haben diesem Konstrukt 2002 zugestimmt. Daher war dies wohl, zumindest damals, so gewünscht. Um dies zu regeln wäre es sicherlich sinnvoll, wie im Ausgliederungsplan angeregt, einen Firmen- und Namensrechtsvertrag zur genauen Klärung dieser und weiterer Punkte zu vereinbaren. Wichtig ist dies vor allem, wenn der e.V. nicht mehr hundertprozentiger Anteilseigner der KGaA sein sollte bzw. eine solche Veränderung geplant ist. Im Moment scheint es so, als ob die KGaA die Markenrechte zur Absicherung von Krediten verpfändet hat. Eine solche Verpfändung bzw. Sicherungsübereignung gilt natürlich nur so lange die Kredite bestehen. Nach Rückzahlung der gesamten Kreditsumme wäre die Verpfändung wieder hinfällig.

Was passiert bei einer evtl. Insolvenz der KGaA?

Im Falle einer Insolvenz der KGaA würde diese Verpfändung dazu führen, dass die Markenrechte nicht vom Insolvenzverwalter, sondern von einem Dritten (dem jeweiligen Gläubiger) vermarktet bzw. verkauft werden. Ohne Verpfändung würde der Insolvenzverwalter die Markenrechte verwerten, was im Endeffekt das gleiche bedeuten würde. Aber wer kauft schon eine Marke ohne dem, was die Marke zu einer Marke macht, nämlich in diesem Fall die 1. Mannschaft der Löwen. Der wahrscheinlichste Käufer wäre der e.V. selbst und das sicherlich für einen überschaubaren Betrag. Da leider keiner der Verantwortlichen einen detaillierten Vertrag bzgl. der Markenrechte incl. einer Bewertung und Rückkaufrechten für den e.V. geschlossen hat, hat auch ein evtl. zu bemühendes Gericht keinen Anhaltspunkt für den Wert. Im schlimmsten Fall könnte der e.V. einen etwas abgeänderten Löwen (der Löwe hat nicht immer so ausgesehen) verwenden. In diesem Fall möchte ich den Merchandising-Hersteller sehen, der Geld für die Markenrechte an einen Insolvenzverwalter bzw. verwertenden Gläubiger zahlt. Die Fans kaufen sicherlich die Artikel des e.V. als „Original” und nicht die Konkurrenzprodukte mit dem „falschen“ Löwen. Da es sich bei einem „Neuanfang” des e.V. im Fußball auch noch voraussichtlich um die Bayernliga handeln würde, wären die Markenwerte dort ebenfalls überschaubar. Für Markenrechte einer Mannschaft in der 5. Liga bzw. im nächsten Jahr evtl. 4. Liga, kann ein Insolvenzverwalter, wenn überhaupt, nur einen symbolischen Betrag vom e.V. erwarten. Eine nicht kommerzielle Nutzung wäre dem e.V. ja lt. Ausgliederungsplan, sowie auch nach allgemeiner Rechtslage, in jedem Fall erlaubt.

Was passiert bei einem Verkauf der KGaA?

Anders sieht die Sache bei einem Verkauf der KGaA aus. Hier kauft ein Investor, mit dem Erwerb von Anteilen an der KGaA, auch indirekt Anteile an den Marken der Löwen. Insbesondere bei den Marken „Turn- und Sportverein München von 1860 e.V.” und „TSV München von 1860 e.V.“ stellt dies ein nicht zu unterschätzendes Problem dar. Auch wenn die DFL einen Einfluss von Investoren (Aktionären) auf die sportlichen Entscheidungen der KGaA, zumindest nach dem heutigen Stand, verhindern möchte, hat dies nichts mit den Markenrechten zu tun. Eine Verwertung der Markenrechte interessiert die DFL nicht und ist deshalb auch nicht reglementiert. Auch die Toleranz gegenüber der Amateurfußballabteilung bzw. den anderen Abteilungen des e.V. in allen Bereichen der Vermarktung des Löwenlogos bzw. des Namens kann sich ändern. So lange der e.V. 100% der Anteile an der KGaA hält, waren „Fördererverträge“ mit Überlassung der Nutzungsrechte des Löwenlogos sowie der Bezeichnung „Offizieller Hauptförderer TSV München von 1860 e.V. – Juniorenfußball“, im Moment ist dies die Stadtsparkasse München, nie ein Problem. Ohne einen detaillierten Vertrag zwischen KGaA und e.V. bzgl. der Nutzungsrechte für die Marken, könnte dies aber bei neuen Inhaberverhältnissen, ebenso wie alle anderen Nutzungen der Marke durch Fan-Clubs, etc. ein Problem darstellen. An den Verkauf von Laufshirts mit Löwen, Retro-Ringer-Trikots oder Ski-Overalls mit der Aufschrift TSV München von 1860 e.V. möchte ich erst gar nicht denken, wenn die Vermarktungsrechte bei einem Investor, mit überwiegend wirtschaftlichen Interessen, liegen. Selbst bei einer Minderheitsbeteiligung eines Investors kann der e.V. nicht mehr alleine entscheiden, welche ungeregelte Verwendung der Marken durch Fans, Fan-Clubs oder auch den Amateurabteilungen, weiterhin geduldet wird.

Die Löwen sind eine starke Marke und das vor allem aufgrund der tausenden von Fans, egal ob Lebensmitglied im e.V., regelmäßiger Stadiongänger in Fröttmaning, begeisterter Fan in der Nord-, Süd- oder Westkurve, Gegengerade-Dauerkartenbesitzer, organisiertes Mitglied in einem Fan-Club, Amateure-Auswärts-Allesfahrer oder auch alles zusammen. Dies sollten die Verantwortlichen im e.V. nie vergessen, egal wie viel andere Aufgaben und aktuelle Probleme sie beschäftigen.

Von Herbert Bergmaier

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