Die Fahrzeughalle stürzt unter der starken Schneelast ein und die Tiefgaragendecke ist undicht.
Abfallwirtschaftsbetrieb (AWM) in Moosach
Moosach · AWM sorgt immer wieder für Streitereien Themenseite zu den Baumängeln des Abfallwirtschaftbetriebes in Moosach
»Es ist objektiv einiges schiefgelaufen«, das hat Axel Markwardt, kommissarischer erster Werkleiter des Abfallwirtschaftsbetriebes München (AWM), in Sachen Baupfusch beim Bau der AWM-Zentrale am Georg-Brauchle-Ring bei einem Pressegespräch am vergangenen Montag im Kommunalreferat eingeräumt. Die Schuld daran hätten jedoch allein die privaten Planungsbüros sowie die Baufirmen und nicht die Stadtverwaltung, betonte Stadtdirektor Markwardt, und weiter: »Der wahre Skandal ist, dass die Privatwirtschaft nicht in der Lage ist, ein Gebäude fehlerfrei hinzustellen, ohne dass hinter jedem Bauarbeiter ein Kontrolleur stehen muss.«
Mit dem Thema beschäftigt sich der Kommunalausschuss des Stadtrates am morgigen Donnerstag, 8. Dezember. Es dürfte zu harten Wortgefechten im Rathaus kommen, erhebt doch die CSU-Stadtratsfraktion schwere Vorwürfe gegen den Abfallwirtschaftsbetrieb München.
In dem Eigenbetrieb der Stadt »scheint es sprichwörtlich zuzugehen wie bei Hempels unterm Sofa«, kritisiert Hans Podiuk, Fraktionsvize und CSU-Sprecher im Kommunalausschuss.
Der »Bauskandal« sei ja hinlänglich bekannt. Doch inzwischen seien in der Moosacher AWM-Zentrale »wichtige Dokumente, die den Baupfusch betreffen, spurlos verschwunden«, so Stadtrat Podiuk. Zugleich habe der Abfallwirtschaftsbetrieb für das abgelaufene Wirtschaftsjahr 2010 allein 120.000 Euro für »Archivierungsaufwendungen« bereitgestellt.
»Bei uns stößt es auf völliges Unverständnis, wenn trotz extra eingestellter Finanzmittel eine systematische Archivierung unterbleibt«, begründet Podiuk seine Anfrage für die morgige Sitzung des Kommunalausschusses. »Bei einer derartigen Schlamperei ist diese Rückstellung von 120.000 Euro völlig überflüssig«, resümiert der CSU-Stadtrat.
Immerhin würden die Rückstellungen aus den Müllgebühren der Bürger gebildet, so Podiuk. Beim Abfallwirtschaftsbetrieb weist man die Vorwürfe zurück. Bei den verschwundenen Akten handele es sich nicht um die den Bau betreffenden Gewährleistungsakten, sondern um Schriftverkehr zwischen dem Baureferat und dem AWM bezüglich der Baumängel. Der Diebstahl sei dilettantisch gewesen, stellte Werkleiter Markwardt am vergangenen Montag klar.
Die entwendeten Schreiben seien an der jeweils anderen Stelle vorhanden. Trotzdem habe man Anfang November 2011 Anzeige wegen Diebstahls bei der Staatsanwaltschaft München erstattet. Die Unterlagen seien im Übrigen nicht aus dem Archiv des AWM gestohlen worden, sondern aus dem Ordner (dem »Ordner 49«) eines Büroraumes der Ordner selbst sei noch da. Das Archiv des Abfallwirtschaftsbetriebes sei anders als im Bericht des Revisionsamtes beschrieben »übersichtlich sortiert und weist seit 2008 eine Archivordnung auf«, entgegnen die Verantwortlichen und betonten am Montag eins: Das Revisionsamt habe dieses Archiv »nie in Augenschein genommen«.
Auch den Baupfusch in der AWM-Zentrale selbst hat das Revisionsamt der Stadt in diesem Jahr überprüft. Anfang Oktober war der Bericht dem Rechnungsprüfungsausschuss des Stadtrates in nicht-öffentlicher Sitzung vorgelegt worden. Das Ergebnis sorgt für heftigen Streit. Nach Angaben von CSU-Fraktionsvize Podiuk enthalte der Bericht »einen Riesen-Sack an Vorwürfen«. Doch die Verantwortlichen im Abfallwirtschaftsbetrieb weisen darauf hin, dass der Rechnungsprüfungsausschuss des Stadtrates zahlreiche Einschätzungen und Behauptungen des Revisionsamtes nicht geteilt habe. Das bestätigt auch Alexander Reissl, Chef der SPD-Stadtratsfraktion: Bei der nicht-öffentlichen Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses habe dieser den größten Teil des Berichtes lediglich zur Kenntnis genommen. Das Thema wird den Stadtrat wohl am morgigen Donnerstag dann in öffentlicher
Sitzung nochmals beschäftigen.
Es geht vor allem um eins: Hätte der Abfallwirtschaftsbetrieb die größtenteils verdeckten Baumängel, die Kosten von rund 30 Millionen Euro verursachten, früher erkennen können? Der zweite Werkleiter Helmut Schmidt, Chef der 1999 eröffneten AWM-Zentrale am Georg-Brauchle-Ring, berichtete am vergangenen Montag, dass der Schaden erst 2009 erkennbar wurde, als man auf Betreiben des Abfallwirtschaftsbetriebes die Tragschicht an der maroden Tiefgaragendecke entfernen ließ. Sämtliche Gewährleistungsfristen waren längst verstrichen. Ein unabhängiger Gutachter soll klären, ob die Schadensursachen an der Tiefgarage hätten früher erkannt werden müssen und nicht erst 2009, zehn Jahre nach Eröffnung der AWM-Zentrale. Die Sanierung der Tiefgaragendecke läuft derzeit und soll Ende 2012 beendet sein.
Soeben wieder in Betrieb genommen wurde die Fahrzeughalle für die Müllautos mit einem neuen Dach aus Luftkissen, ähnlich denen des Fußballstadions in Fröttmaning. Das Dach der Fahrzeughalle am Georg-Brauchle-Ring war am 9. März 2006 nach starken Schneefällen teilweise eingestürzt und musste danach ganz weggerissen werden. Das neue Dach kostet gut zehn Millionen Euro und ist vom AWM per Stadtratsbeschluss bereits finanziert: durch Kredite und die übliche Abschreibung als Neuinvestition in den nächsten Jahren. Schmidt gab sich am Montag optimistisch, dass man mit der neuen Konstruktion aus Luftkissen das alte war ein Membrandach mehr Glück haben werde: »Das neue Dach hält hoffentlich 25 Jahre«, sagte der Chef des Abfallwirtschaftsbetriebes.
Noch nicht entschieden ist hingegen, wer die derzeit laufende Großreparatur der Tiefgaragendecke in der AWM-Zentrale bezahlt: Sie ist mit gut 15 Millionen Euro veranschlagt. Der Abfallwirtschaftsbetrieb möchte die Sanierung aus Rücklagen finanzieren, also aus dem laufenden Gebühren-Haushalt. »Alle Schäden, die aus dem Abfallwirtschaftsbetrieb entstehen, müssen auch von ihm finanziert werden«, betonte Schmidt am Montag vorab. Die endgültige Entscheidung trifft indes der Stadtrat am morgigen Donnerstag. Falls man im Rathaus die Finanzierung der 15 Millionen Euro durch den laufenden Gebühren-Haushalt des Abfallwirtschaftsbetriebes beschließt, dann »müssen die Müllabfuhrgebühren wegen dieser leidvollen Geschichte um keinen Cent erhöht werden«, beruhigte Werkleiter Markwardt.
Welche Konsequenzen aus dem Baupfusch nun gezogen werden, ist ebenfalls Thema am morgigen Donnerstag im Rathaus. Dazu werden Kommunal- und Baureferat eine gemeinsame Beschlussvorlage präsentieren. Demnach will das Baureferat, zuständig für das Baucontrolling sämtlicher städtischer Bauvorhaben, die Qualitätskontrolle noch weiter optimieren. Und auch der Abfallwirtschaftsbetrieb selbst möchte »das eigene Controlling bei größeren Maßnahmen intensivieren«. Ferner solle der Zugang zum Archiv der AWM-Zentrale in Zukunft noch stärker kontrolliert werden. ws