Veröffentlicht am 26.01.2012 00:00

Bogenhausen · Genießen auf Italienisch


Von red

Fein schneidet das Messer durch den Parmaschinken. Stolz überreicht Rocco Sofra, seines Zeichens Feinkosthändler, einem Kunden ein hauchdünnes Stück der kostbaren italienischen Spezialität und meint: »Das ist er!« Im Raum herrscht eine besondere Atmosphäre, man könnte fast meinen, man befinde sich in einem anderen südlichen Land. Von Schinken über Käse bis zu Wein ist in Roccos Salumeria und Snackbar im Münchner Osten alles zu finden.

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Er selbst ist 32 Jahre alt, groß gewachsen, weist einen Drei-Tage-Bart auf und trägt einen weißen Kittel, worauf sich schon Spuren von Weinresten befinden. Der schwarzhaarige, freundliche Delikatessenhändler führt sein Geschäft nun schon seit sieben Jahren. Davor ließ er sich mit einem Geschäftspartner als Groß- und Außenhandelskaufmann nieder und verkaufte Naturdärme national sowie international an Unternehmen wie beispielsweise auch die Wurstfabrik HoWe Wurstwaren KG in Nürnberg, die Uli Hoeneß und Werner Weiß 1983 gegründet haben.

Vom Lieferanten zum Feinkosthändler

Zu einem Bruch kam es mit dem Einsetzen des Lebensmittelskandals in China. Rocco Sofra bezog seine Naturdärme zwar aus Ländern wie Ägypten und Iran, jedoch reduzierte sich der weltweite Markt durch das Importverbot für tierische Lebensmittel aus China um 30 bis 40 Prozent. Dies trieb wiederum die Preise in extreme Höhen und es kam zu Engpässen in der Warenbeschaffung: Der Geschäftsmann musste sich nach einer neuen Tätigkeit umschauen, da er »München nicht verlassen wollte«. Ein Kunde riet ihm dann zu der Eröffnung eines Feinkostladens. Gesagt, getan. Nach zwei Umzügen arbeitet er nun 70 Stunden in der Woche und bringt auch noch das Zusammenleben mit seiner Frau und seinen zwei Kindern unter einen Hut. Als ein Kunde sein Geschäft betritt, empfängt er ihn herzlich und sucht sofort den Kontakt zu ihm. Auf dessen Nachfrage nach einem bestimmten Käse weiß er nach kurzem Überlegen Bescheid und klärt den Kunden über Herkunft und weitere Merkmale auf.

Rocco selbst ist in Deutschland geboren, seine Familie stammt aus Kalabrien, also aus Süditalien. Dennoch kommen seine Spezialitäten »aus ganz Italien«, wie er nicht ganz ohne Stolz berichtet. Allerdings gibt der selbstbewusste Deutsch-Italiener auch zu, er sei »kein Deko-Profi«. Das ist der einzige Aspekt, der ihm an seinem Beruf nicht gefällt. Er freut sich, dass er »nur nette Kunden« hat und sein Laden für ihn »wie ein Wohnzimmer ist«. Dies demonstriert er, indem er hinter dem Tresen seine Stereoanlage über den Computer laut aufdreht und typische italienische Musik den Raum erfüllt. Rocco Sofra fühlt sich sichtlich wohl und erklärt, seine Stärken seien auch seine Schwächen. Er zählt unter anderem Essen und mal einen guten Wein auf. »Ach ja, und schreib noch Humor zu den Stärken dazu!«, meint er augenzwinkernd. Im Geschäft herrscht reger Betrieb und das nicht nur auf Kundenseite. Da es sich bei »Roccos Salumeria und Snackbar« um einen Familienbetrieb handelt, befinden sich auch Roccos Eltern im Raum und helfen kräftig mit.

Tifoso mit Faible für die Bundesliga

Rocco Sofras sportliche Leidenschaft ist Thaiboxen, das er schon mit 14 Jahren begann. Er spielt weder ein Instrument noch liest er gerne Bücher. Um auf die Verbindung zu Uli Hoeneß zurückzukommen: Rocco passt nicht in das Klischee eines typischen italienischen Fußballfanatikers. Er wuchs zwar mit dem AC Mailand auf, interessiert sich aber heute nur noch für die deutsche Fußballliga. Rocco Sofra hat mit seiner klugen Geschäftsidee eine Nische in der kulinarischen Welt Münchens gefunden.

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