Menschen schreien wie am Spieß, einige verlieren völlig die Nerven, Flaschen zerbrechen, überall Blaulichter, Polizisten schlagen mit Gummiknüppeln zu und mittendrin in diesem bedrohlichen Chaos steht ein kleiner Junge, sieben Jahre alt, und er zittert, er hat panische Angst.
Schwabing 1962 - »Schwabinger Krawalle«
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50 Jahre ist das jetzt her, Juni 1962, die Zeit der legendären » Schwabinger Krawalle «. Und der Junge von damals ist ein Zeitzeuge von heute: Herbert Hauke , der Betreiber des Münchner Rockmuseums im Olympiaturm. »Dieses Erlebnis steckt mir immer noch tief in den Knochen«, erzählt der 56-Jährige. »Seitdem steigt bei größeren Menschenansammlungen, etwa bei Demonstrationen, eine Urangst in mir auf.« Nein, sagt er, er erinnert sich nicht gern dran. »Ich dachte damals, die Welt sei ein behaglicher Ort und dann stand ich plötzlich mitten in der Hölle«, so Hauke.
Unerwartet traf es im Grunde alle. Harmlos der Beginn: Fünf Jugendliche mit unverstärkten Gitarren, darunter Wolfram Kunkel, Sitka Wunderlich und Rüdiger Herzfeldt , sangen und musizierten am Monopteros, später an der Leopoldstraße. Es war nach einer langen Regenperiode der erste sonnige Tag, der 21. Juni 1962, Fronleichnam. Auch abends flanierten die Menschen gut gelaunt durch Schwabing, die Schüler machten immer noch Musik, viele blieben stehen und hörten zu. Doch es war bereits nach 22.30 Uhr, verärgerte Anwohner riefen wegen Ruhestörung die Polizei.
Als die anrückte und die Musiker vorläufig festnehmen wollte, waren die Umstehenden geschockt: Warum harmlose Jugendliche einfach mit aufs Revier nehmen? Sie stimmten erste Sprechchöre an »Vopo, Vopo« ein Vergleich mit der DDR-Volkspolizei. Schnell baute sich Widerstand gegen die »Spielverderber« auf, es gab erste Rangeleien, die schließlich eskalierten: In der Nacht und an den folgenden vier Tagen kam es in der gesamten Umgebung zwischen Feilitzschstraße und Schellingstraße zu Straßenschlachten zwischen bis zu 40.000 vor allem jugendlichen Protestteilnehmern und zum Teil berittenen Polizisten.