Als Hinausschieben auf den Sanktnimmerleinstag empfinden Anwohner die Machbarkeitsstudien zu Untertunnelung des Mittleren Rings in Giesing und Neuhausen. Doch ohne diesen Schritt kann kein Bauprojekt starten.
Tunnel-Bau zwischen Candidplatz und Mc-Graw-Graben?
Giesing/Harlaching · Tunnel zwischen Candidplatz und Mc-Graw-Graben vonnöten Themenseite zum Plan, dem Ansturm ca. 35.000 Fahrzeuge pro Tag und dem gesundheitsschädlichen Verkehrslärm Herr zu werden
Augenblicklich untersucht werden allerdings nur die Landshuter Allee und der McGraw-Graben inklusive eines kleinen Teils der Chiemgaustraße. Entsprechend groß ist die Politikverdrossenheit bei den Giesingern. Eine Podiumsdiskussion »Wie weiter am Mittleren Ring?« wollte vergangene Woche das Tunnelthema vorantreiben.
Abgestumpft seien die Nachbarn beim Dauerthema Verkehr auf der Chiemgaustraße. Im Halbjahres-Rhythmus ziehe man aus und ein, weil Lärm und Staub unzumutbar sind. »Ich werde keinen Tunnel mehr erleben«, glaubt ein Betroffener. Ihm erscheinen die Politiker unglaubhaft, weil sie die Bürger nicht in ihre Debatten mitnehmen. Den Gegenbeweis wollen parteiübergreifend vier Verkehrsexperten antreten, die Ludwig Hoegner von der »Giesing Tunnel Initiative« zur Podiumsdiskussion eingeladen hatte.
Trotzdem zeigt sich ein breiter Konsens für Verbesserungen an den beiden kritischen Stellen des Mittleren Rings, den die Politiker mit in ihre Fraktionen tragen wollen.
Seit 1996 ist wenig passiert. So lange begleitet beispielsweise CSU-Stadtrat Manuel Pretzl, damals noch vom BA aus, das Tunnelthema. So erklärt Michael Piazolo von den Freien Wählern: »Jetzt muss auch in Ramersdorf, Giesing und Untergiesing klappen, was anderswo wie am Petuelring schon funktioniert.« Man habe schon frühzeitig Konzepte erstellt, allerdings stehen die Ergebnisse der Machbarkeitsstudien schon länger aus. Für die Anwohner der Landshuter Allee und die Giesinger ist die Situation schwieriger als bei den drei bisherigen großen Ringuntertunnelungen. Denn der Verkehr, der zu viel Lärm und Feinstaub verursacht, läuft in Neuhausen und über die Hochstraße am Candidplatz und durch den offenen McGraw-Graben bereits kreuzungsfrei. Voraussetzung für die erforderlichen Zuschüsse des Freistaats und Bundes ist jedoch eine Verbesserung der Verkehrsflüsse. »Ohne Zuschüsse kann die Stadt solche Bauvorhaben nicht stemmen«, meint SPD-Stadtrat Ingo Mittermeier. Er ist allerdings zuversichtlich, dass die um die Weihnachtszeit zu erwartenden Ergebnisse der Machbarkeitsstudie einen Weg in Richtung Tunnelbauten aufweisen. »2015, wenn der Luise-Kiesselbach-Platz für den Verkehr freigegeben wird, können wir in weitere Projekte einsteigen. Auch verkehrstechnisch werden Beschleunigungen möglich sein, so dass wir Zuschüsse bekommen.« Eine wichtige Rolle spielt die Finanzierung auch für die Grüne Landtagsabgeordnete Claudia Stamm, die die Tunnelbauten ausdrücklich unterstützt, auch wenn beispielsweise in Neuhausen die Grünen BA-Kollegen eher zögern und blockieren. »Für uns steht der Lärm- und Anwohnerschutz absolut im Vordergrund. Wir wollen dazu aber keine Citymaut oder eine höhere Mineralölsteuer«, so Stamm und setzt stattdessen auf modernste Abrechnungsmodelle via Satellit-Auswertung der tatsächlich gefahrenen Strecken. Dazu gebe es in den Niederlanden Modelle, die auch den deutschen Datenschutz erfüllten. Ärgerlich findet sie die heutige Situation am McGraw-Graben. »Es passiert auch deshalb nichts, weil die Anwohner dort keine Lobby haben.« Das ebenfalls anstehende und konkurrierende Tunnelprojekt unter dem Englischen Garten, das angeblich mit Privatkapital
finanziert werden soll, schätzt sie demgegenüber nur als »nice to have« ein.
Es ist aber allen klar, dass zwei zeitgleiche Tunnelbauten am Mittleren Ring weder verkehrlich noch finanziell realistisch sind.
Ein Tunnel muss realisiert werden
Auch wenn eine Mehrheit im Stadtrat nun hinter weiteren Tunnelplänen steht, wie Pretzl freudig betont, bleibt der Erfolg für die Anwohner der Chiemgaustraße sehr ungewiss. Denn augenblicklich wird nur ein kleiner erster Abschnitt an der Einmündung zum McGraw-Graben analysiert. Von einer denkbaren Untertunnelung bis hinter die Bahnunterführung nach der Schwanseestraße bleibt man damit meilenweit entfernt. Dabei würde vermutlich nur ein solch großer Wurf, den Piazolo wie einen Bergwerksstollen und damit schonend für die Anwohner bauen möchte, das Viertel tatsächlich begrünen und nachhaltig positiv verändern. Klarer ist dagegen die Situation an der Landshuter Allee. Dort ist die Lage des Wunschtunnels eindeutig. Für Untergiesing betont Pretzl: »Die Candidbrücke, obwohl inklusive der Photovoltaikanlage gerade aufwendig renoviert, ist als Hochbahn ein Anachronismus aus vergangenen Zeiten. Wir müssen in die Zukunft denken. Im Interesse der Anwohner muss mehr drin sein.« Das forderte sehr nachdrücklich auch eine Sprecherin der Initiative Untertunnelung der A96, die an der Lindauer Autobahnauffahrt unter immer mehr Verkehr und Transitlastern leidet. Ohne Südring, den auch niemand im Saal wolle, ergieße sich der große Strom der Durchreisenden über den Mittleren Ring. Da könne man als Anwohner doch zum Wutbürger mutieren. Wer den Verkehr ausbaden müsse, solle entlastet werden.
Dagegen gab Florian von Brunn (SPD) zu bedenken, dass Tunnelbauten noch mehr Verkehr anziehen könnten. »Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten. Deswegen stehen dringend die zweite Stammstrecke und andere Nahverkehrsmaßnahmen an.« Mittermeier versprach trotzdem, dass die Stadt auch an der Lindauer Autobahn eine Machbarkeitsstudie starten werde, sogar wenn der Freistaat oder der Bund nicht mitzögen. Zur Finanzierung könnte man die erhöhte Gewerbesteuer heranziehen, die auch nach Abschluss der drei bisherigen Tunnelprojekte weiter sprudelt. Da jedoch in ganz Bayern Regionen um begrenzte und definierte Fördergelder kämpfen, bedürfe es einer großen Dynamik der Anwohner und Lokalpolitiker bis zum Bau. »Ich nehme sehr positiv einen parteiübergreifenden Konsens pro Tunnel und mehr Lebensqualität am Mittleren Ring mit aus der heutigen Diskussion«, so Pretzl. bus