Veröffentlicht am 22.01.2013 00:00

Giesing · Letztes Aufbäumen


Von red
MdL Claudia Stamm (2. v. r.) und 70 weitere Giesinger Bürger demonstrierten für den Erhalt der Flunder am Giesinger Bahnhof.  	 (Foto: Hettich)
MdL Claudia Stamm (2. v. r.) und 70 weitere Giesinger Bürger demonstrierten für den Erhalt der Flunder am Giesinger Bahnhof. (Foto: Hettich)
MdL Claudia Stamm (2. v. r.) und 70 weitere Giesinger Bürger demonstrierten für den Erhalt der Flunder am Giesinger Bahnhof. (Foto: Hettich)
MdL Claudia Stamm (2. v. r.) und 70 weitere Giesinger Bürger demonstrierten für den Erhalt der Flunder am Giesinger Bahnhof. (Foto: Hettich)
MdL Claudia Stamm (2. v. r.) und 70 weitere Giesinger Bürger demonstrierten für den Erhalt der Flunder am Giesinger Bahnhof. (Foto: Hettich)

Eine seltsamer Anblick bot sich am Giesinger Bahnhofsplatz letzten Freitagnachmittag den Augen der Betrachter. Die Grünen-Landtagsabgeordnete Claudia Stamm hatte zur finalen »Sitzdemo am Giesinger Bahnhofsplatz auf alten Stühlen für den Erhalt der Flunder«eingeladen.

Thema: Adieu Giesinger Flunder

Giesing · Die Flunder, Bauwerk von 1952, muss weichen Themenseite zur Flunder, Beweis prägnanter Nachkriegsarchitektur, das abgerissen werden wird

Rund 70 Giesinger waren ihrem Aufruf gefolgt, um zu zeigen, dass ihnen der Bau aus dem Jahre 1952 am Herzen liegt. »Es ist ein letztes Aufbäumen, ich weiß selbst, dass es für dieses Gebäude wohl zu spät kommt«, räumte die Grünen-Politikerin freimütig ein. »Das Negativbeispiel hier zeigt, dass wir den Denkmalschutz künftig im Gesetz und der Realisierung viel klarer und enger fassen müssen, um solche erhaltenswerten Gebäude wie die Flunder zu retten«, forderte Stamm. Thomas Pfeiffer, Grünen-Direktkandidat im Stimmkreis Giesing, hieb in die gleiche Kerbe: »Bauten mit Geschichte sind wichtig für die Identität unserer Stadtteile.« 1952 wurde das Gebäude als Lichtspieltheater mit Ladenfläche gebaut und nach seiner architektonischen Form benannt.

Die Giesinger Flunder sei so ein ortsteilprägender Bau, argumentierte Pfeiffer. »Deshalb sollte sie unter Denkmalschutz gestellt werden«, lautet seine Forderung. Doch am Giesinger Bahnhof kommt die Politik mit dieser Forderung um Jahre zu spät – ein Investor wird hier ab dem Frühjahr anstelle des so vertrauten Hingucker ein siebengeschossiges Ärzte- und Geschäftshaus errichten. Nicht die erste Niederlage für die Erhaltungskämpfer alter Baustrukturen und Substanzen im Umgriff: »Die Versäumnisse beim Denkmalschutz der Kutscherhäuschen in der Birkenau in Untergiesing dürfen sich in Obergiesing nicht wiederholen«, mahnte Pfeiffer. »Wertvolle Architektur erhalten und nur mit Augenmaß bauen«, lautet seine Forderung. Über den von Stamm genannten Grund der Behörden, Erhaltungsschutz hier zu versagen, mussten viele der Demonstranten nur den Kopf schütteln: »Wegen der fehlenden Originalbestuhlung und Inneneinrichtung sei hier kein Denkmalschutz möglich, wurde uns gesagt«, ruft die Grünen-Politikerin ins Publikum. Wenigstens zur Demo waren ausreichend antik anmutende Sitzmöbel als »zeitgenössische Monumente« des in den 50er Jahren errichteten Baus vor die Flunder gekarrt worden.

Am Abschied vom vertrauten Ortsbildfaktor werden auch die rund 1.000 Unterschriften für eine Rettung der Flunder nichts mehr ändern, welche Stamm und ihre Grünen-Mitstreiter in den vergangenen Wochen gesammelt hatten. Bei vielen der Unterzeichner fehlte offensichtlich bereits der Glaube an ein Wunder. Überschaubar geriet das Häuflein der Aufrechten, das der Einladung zur Demo am Ende gefolgt war. »Warum sind hier nur so wenige Giesinger«, fragte ein ortsansässiger Bürger denn auch enttäuscht in die Runde. Denn Stamm und Co. hatten zwar in der Wahlvorsaison reichlich Parteivolk und Mandatsträger für den Auftritt am Bahnhofsplatz aktiviert – die Zahl der »Normalbürger« aus dem Quartier dagegen blieb überschaubar. »Da verlieren wir ein Stück Heimat – wir jedenfalls wollen bis zum Schluss für den Erhalt der Flunder kämpfen«, formulierten immerhin Anita Achenbach und Heidi Pätsch.

Kein Wunder: Beide Damen hatten jahrelang in dem jetzt zum Abriss stehenden Gebäude gearbeitet, kennen hier praktisch jeden Stein. Doch hier wird kein Stein auf dem anderen so bleiben, wie er war. Der Baubetreiber hat das Baurecht auf seiner Seite – trotz der Proteste und Bedenken auch des örtlichen Bezirksausschusses. Am Ende musste auch der BA den sauer anmutenden Drops schlucken. Und die Bürger? »Eine echte Unverschämtheit, ruft eine Bürgerin ins Rund. »Das ist doch hier ein Trauermarsch« formuliert einer. Stimmt – am Ende sitzt keiner mehr. Ob es an der Kälte lag oder am letztlich fehlenden Glauben an den Erhalt? Mit der Stabilität und Entschlossenheit innerhalb der Demo-Sitzreihen vor der Flunder war es jedenfalls nach einer halben Stunde bereits vorbei. Geblieben waren nur die Baustellenfahrzeuge.

Harald Hettich

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