Eigentlich hätte die Bürgermeisterwahl in Vaterstetten erst nächstes Jahr stattfinden sollen. Eigentlich war der CSU auch klar, dass Robert Niedergesäß wieder für das Amt, das er seit 2001 bekleidet hat, kandidieren soll. Doch es kam anders. Und die Vaterstettener CSU musste einen anderen Kandidaten finden. Geworden ist es eine Kandidatin. Gemeindebaurätin Brigitte Littke soll es machen. Am 7. Mai wurde sie nominiert, einen Tag später der Öffentlichkeit präsentiert.
Gottlieb Fauth hatte den Stein Ins Rollen gebracht, ohne dass zu diesem Zeitpunkt jemand ahnen konnte, welche Reaktion das noch auslösen sollte. Der bisherige Landrat des Kreises Ebersberg erklärte aus gesundheitlichen Gründen seinen vorzeitigen Rückzug. Das Amt hätte turnusgemäß erst mit der Kommunalwahl 2014 zur Disposition gestanden. Jetzt mussten die Parteien früher als geplant ihre Kandidaten ins Rennen schicken. In einer denkbar knappen Entscheidung setzte sich Niedergesäß am 28. April in der Stichwahl gegen den SPD-Kandidaten Ernst Böhm durch, nachdem er die innerparteilichen Auseinandersetzungen um die Kandidatur für sich entschieden hatte. Vier Tage später war Amtseinführung und Vaterstetten steht seitdem ohne Ersten Bürgermeister da.
Der Stuhl bleibt noch ein paar Monate leer. Am 15. September, parallel zur Landtagswahl, werden die Vaterstettener auch ihr neues Gemeindeoberhaupt wählen. Die Parteien bringen jetzt ihre Kandidaten in Stellung. Die CSU vertraut auf Brigitte Littke. Die 48-Jährige ist seit knapp zwei Jahren Gemeindebaurätin. Das Amt habe sie in einer schwierigen Zeit übernommen, erklärt Robert Niedergesäß bei Vorstellung. Doch sie habe sich bewährt und Führungsqualitäten gezeigt.
Unter anderem damit hat sie in den Augen der Vaterstettener CSU ihre Kompetenz auch für das Amt als Erste Bürgermeisterin bewiesen. Der Weg von der Gemeindebaurätin zur Bürgermeisterkandidatin war kurz und kam auch für Brigitte Littke ein wenig überraschend. Kurz nach Ostern reichte sie ihre Bewerbung bei der CSU ein. Zu diesem Zeitpunkt trat die 48-Jährige auch in die CSU ein. Freunde und Weggefährten hatten sie ermuntert, Kollegen und Mitbürger wollten wissen, ob Littke nicht Ambitionen auf das Amt hege. In ihr reifte der Entschluss den ersten Schritt zu machen. Und er war erfolgreich. Ihre erste Wahl hat sie bereits gewonnen.
Die CSU-Fraktion im Gemeinderat wählte Littke einstimmig zur Bürgermeisterkandidatin. Weitere Bewerber habe es nicht gegeben. Eine Quereinsteigerin lässt alle »altgedienten« CSU-ler hinter sich? »Wir haben gesagt: Es muss der beste Kandidat sein«, argumentiert Gerald Fuchs, Ortsverbandsvorsitzender der CSU in Vaterstetten. Wie gut die Kandidatin tatsächlich ist, muss sie nun in einem Wahlkampf beweisen, der den Sommerurlaub ersetzen oder viel mehr ausfüllen wird. Denn Brigitte Littke hat das Handicap, dass ihr Bekanntheitsgrad in der Gemeinde vergleichsweise gering ist. Das weiß sie auch. Dennoch rechnet sie sich für den Wahlabend große Chancen aus. Denn ihre Präsenz in einem wahrscheinlich sehr anstrengenden Wahlkampf soll das Defizit ausgleichen. Sie will sich den Vaterstettenern präsentieren und sie davon überzeugen, ihr die Stimmen zu geben.
Als Mitglied der CSU, das in seiner Eigenschaft als Gemeindebaurätin vom früheren Bürgermeister Robert Niedergesäß ins Rathaus geholt wurde, liegt die Vermutung nahe, ihre Politik werde der von Niedergesäß gleichen. Für Littke wäre das eher eine Befürchtung. »Ich will Robert Niedergesäß nicht kopieren. Ich habe eine eigene Persönlichkeit, eine eigene Linie. Es wird anders werden.« Brigitte Littke hat ein Ziel: »Ich will Bürgermeisterin werden!«
Und die Vaterstettener CSU sucht nach dem Leck im System, durch das die Information geflutscht ist, wonach die Partei Littke nominiert. Das unterlag einer strengen Geheimhaltung und war doch bereits zwölf Stunden vor ihrer Vorstellung in einer Münchner Tageszeitung zu lesen und noch mal zwölf Stunden zuvor im Internet. Aber das ist Kleinkram im Vergleich zum Wahlabend. Wenn am 15. September gegen 20 Uhr das Ergebnis vorliegt, wünscht sich Littke einen glatten Durchmarsch mit 50+x auf den Chefsessel im Rathaus. »Bloß keine Stichwahl«, meint sie. »Das wären noch mal zwei Wochen Ungewissheit.«