Politik heißt Gestalten. Dabei herrscht so gut wie nie Einigkeit. Der bayerische Wissenschafts- und Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP) bezieht Stellung und kämpft aus Überzeugung für seine Positionen.
Nutzen Sie Ihre Chance auf Mitbestimmung
Womit er die Wähler am 15. September hinter sich bringen möchte, lesen Sie in diesem Interview.
Samstagsblatt: Es gibt Bestrebungen seitens der Betreiber des Viktualienmarktes, diese Münchner Institution von der UNESCO in die Weltkulturerbe-Liste aufnehmen zu lassen. Abgesehen davon, dass dies ein langwieriger Prozess ist: Wie könnten die Münchner so davon profitieren, dass ein politischer Einsatz für dieses Engagement zu rechtfertigen ist?
Wolfgang Heubisch: Der Münchner Viktualienmarkt ist etwas ganz Besonderes. Wir Münchner identifizieren uns mit ihm. Die Bestrebungen der Betreiber des Viktualienmaktes richten sich nicht auf die bisherige Weltkulturerbe-Liste, das ist in der Tat ein sehr komplexes Verfahren, sondern auf das sogenannte immaterielle Kulturerbe. Dabei geht es um überlieferte Traditionen, um Rituale und Gebräuche, die den Menschen Identität und Kontinuität vermitteln. Das passt doch wunderbar auf den Viktualienmarkt. Vielleicht bin ich da als Münchner ein wenig voreingenommen, aber einen Versuch ist es doch allemal wert. Zumal in Deutschland das Bewerbungsverfahren für die Anerkennung gerade erst anläuft.
Noch umstrittener ist die Frage nach einer erneuten Olympiabewerbung Münchens für das Jahr 2022. Dass die Bewerbung für 2018 gescheitert ist, hat bei den Gegnern, die sich durchaus heftig zur Wehr gesetzt haben, Freude ausgelöst. Warum also braucht München die olympischen Spiele? Wie kann die Bewerbung so ausgearbeitet werden, dass möglichst viele Beteiligte ins Boot geholt werden und die Stadt München eine breite Unterstützung erhält?
Heubisch: Olympische Spiele sind eine tolle Möglichkeit für die Stadt, sich international zu präsentieren. Und die Spiele in München wären einzigartig, weil nie zuvor eine Stadt sowohl Sommer- als auch Winterspiele ausgerichtet hat. Olympia in München bietet uns großartige Chancen, gerade auch was die Entwicklung der Infrastruktur angeht nehmen Sie nur die zweite Stammstrecke oder auch die verbesserte Bahnanbindung ins Werdenfelser Land, deren Realisierung im Zusammenhang mit Olympischen Spielen deutlich vereinfacht würden. Auch 1972 haben wir mit dem Bau der U-Bahn und der S-Bahn gesehen, welche Impulse eine solche Großveranstaltung für die Stadt haben kann. Um die breite Unterstützung zu erhalten, ist es wichtig, die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten frühzeitig einzubinden und auf deren Sorgen und Ängste einzugehen. Deshalb ist es richtig, dass die Menschen in München, aber auch in den anderen geplanten Austragungsorten schon frühzeitig gefragt werden. Das gibt die Möglichkeit einer sachlichen Auseinandersetzung im Vorfeld der Befragung und gibt Planungssicherheit für die Organisatoren. Außerdem ist eine positive Abstimmung auch ein starkes Zeichen für das IOC: Ja, bei uns in München und Oberbayern stehen die Menschen hinter den Olympischen Spielen! Das kann durchaus einen Einfluss bei der Vergabe haben.
So wie Olympia polarisiert, sind die Bayern auch in der Frage des Ladenschlusses geteilter Meinung. Für Sie als Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst kein primäres Thema, wohl aber für die FDP. Warum braucht Bayern eine neue Regelung zu den Ladenöffnungszeiten? Ist eventuell auch der Sonntag als regulärer Verkaufstag für Sie eine Option?
Heubisch: Nein, der Sonntag ist tabu, der bleibt auch weiterhin Familientag. Es ist gut, dass es einen Tag gibt, an dem alles ein bisschen langsamer ist, der auch die Möglichkeit bietet, auszuspannen. Das ist wichtig, gerade in Zeiten, die auf Grund der technischen Entwicklung immer hektischer zu werden scheinen. Aber wir als bayerische FDP sagen, dass es an den anderen Tagen nicht Aufgabe des Staates ist, zu bestimmen, wann die Menschen einkaufen gehen dürfen. Bayern ist neben dem Saarland übrigens das einzige Bundesland, das nach wie vor am Ladenschluss um 20 Uhr festhält. Für ein modernes Land, deren Politik auch die geänderten Lebens- und Arbeitsbedingungen vor allem der jungen Menschen in den größeren Städten in den Blick nehmen muss, ist der derzeitige Zustand ein Armutszeugnis. Dabei geht es uns ja überhaupt nicht darum, den Einzelhändlern längere Öffnungszeiten aufzuzwingen. Sie sollen nur die Möglichkeit haben, sich an die Bedürfnisse ihrer Kunden anzupassen. Und dann bilden sich in den verschiedenen Regionen vielleicht unterschiedliche Modelle heraus die Geschäfte in München werden wahrscheinlich meist länger öffnen als im ländlichen Raum. Aber genau diese Flexibilität ist das, was wir brauchen.
Ein Thema, das Ihnen am Herzen liegt, ist der Konzertsaal für München, und der droht zerredet zu werden. Erst ging es um das »Ob«, auch ein geeigneter Standort entzweit die Gemüter. Werden Sie Zugeständnisse machen oder für Ihren Wunschstandort auf der Museumsinsel kämpfen? Und warum ist der Standort für Sie die beste Lösung?
Heubisch: München ist eine musikbegeisterte Stadt, deswegen ist mir der Konzertsaal ein Herzensanliegen. Dass die Standortfrage in einer so dicht bebauten Stadt schwierig sein würde, war uns von vornherein klar. Deshalb habe ich die Expertenkommission eingesetzt, die alle in Frage kommenden Standorte sorgfältig überprüft und ein klares Votum für einen Konzertsaal am Standort des ehemaligen Kongresssaals im Deutschen Museum gefällt hat. Die Synergien, die sich daraus sowohl für das Deutsche Museum als auch für den Konzertsaal ergeben könnten, sind bestechend.
Ich bin ein geduldiger Mensch und hoffe darauf, dass sich diese Erkenntnis mit der Zeit durchsetzt. cr