Veröffentlicht am 18.12.2013 00:00

Giesing/Harlaching · Einwohnerversammlung liefert viele Einblicke und Wünsche der vielen Beteiligten


Von red
Viele Wünsche für das Projekt Tegernseer Landstraße: Mehr Lebensqualität, Grün und Aufenthaltsattraktivität wünschen sich die Bürger.	 (Foto: HH)
Viele Wünsche für das Projekt Tegernseer Landstraße: Mehr Lebensqualität, Grün und Aufenthaltsattraktivität wünschen sich die Bürger. (Foto: HH)
Viele Wünsche für das Projekt Tegernseer Landstraße: Mehr Lebensqualität, Grün und Aufenthaltsattraktivität wünschen sich die Bürger. (Foto: HH)
Viele Wünsche für das Projekt Tegernseer Landstraße: Mehr Lebensqualität, Grün und Aufenthaltsattraktivität wünschen sich die Bürger. (Foto: HH)
Viele Wünsche für das Projekt Tegernseer Landstraße: Mehr Lebensqualität, Grün und Aufenthaltsattraktivität wünschen sich die Bürger. (Foto: HH)

Man kann die Bemühungen als Quadratur des Kreises oder als heftigen Spagat im Herzen des Stadtteils bezeichnen: In Obergiesing will man dieser Tage sein eigenes Epizentrum zurückgewinnen und die wichtige Lebensader an der Tegernseer Landstraße vor allem rund um den Tegernseer Platz attraktiver gestalten.

Tegernseer Platz

Giesing · Verkehrsberuhigung für den Tegernseer Platz Bezirksausschuss stellte sich 2014 weitgehend hinter Bürgerforderungen

Machbarkeitsstudie Tegernseer Landstraße

Dazu gehört aber auch das richtige Handling umfangreicher und immer zahlenstärkerer Ströme des motorisierten Individualverkehrs, die sich durch dieses ausgewiesene Nadelöhr mit vielen tausenden Fahrzeugen täglich ergießen. Hier spätestens beginnt das Problem. Denn jene Verkehrsmassen lassen sich nicht so einfach umleiten – nach sinnvollen Strategien einer neuen Verkehrsausrichtung vor Ort suchen die Handelnden derzeit noch immer. Das wurde auch bei einer eigens einberufenen Einwohnerversammlung in der vergangenen Woche deutlich.

Mehr Lebensqualität, Grün und Aufenthaltsattraktivität wünschen sich die Bürger vor Ort und haben mit einer deutlichen Richtungsentscheidung ein markiges Zeichen gesetzt: Der Tegernseer Platz soll nach dem Votum der Anwohner künftig komplett für den motorisierten Durchgangsverkehr gesperrt werden. Doch dann müssen auch tragfähige Lösungen einer Umfahrung gefunden werden, das weiß auch die Stadt. Denn ebenso deutlich wie der Wille zur Neugestaltung des Zentrums ist auch die Abneigung von Anwohnern der Umgebungsstraßen gegen eine drohende, eklatante Verkehrsmehrung, wenn am Tegernseer Platz die Sperrpoller gesetzt werden. Besonders Anwohner der Martin-Luther-Straße beklagten die aktuell belastenden Verkehrsverhältnisse und befürchteten eine weiteren, drastischen Verkehrsanstieg, wenn gleich nebenan auf der fast parallel laufenden TeLa-Route die Ampel für Autolenker dauerhaft auf Rot gestellt werden sollte.

Chance von

begrenzter Dauer

Zur schwierigen Gemenge­lage insgesamt gesellt sich auch noch der wichtige Faktor eines immensen Zeitdrucks. Denn die von Experten jetzt den rund 150 Bürgern bei der Einwohnerversammlung in der Perlacher Schule präsentierte Machbarkeitsstudie erscheint noch durchaus holprig. Gleichzeitig bieten unaufschiebbare Arbeiten an den Trambahngleisen entlang der Tegernseer Landstraße einen schmalen Zeitkorridor. Bis 2015 nämlich müssen die in die Jahre gekommenen, immer maroderen Gleiskörper ausgetauscht sein, teilten die Stadtvertreter von Kreisverwaltungsreferat (KVR) und Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) übereinstimmend dem Auditorium mit. Diese unabwendbare Maßnahme gelte es zu nutzen, um womöglich an der Tegernseer Landstraße wichtige chirurgische Eingriffe für mehr Lebensqualität und Verkehrsberuhigung vorzunehmen. »Passiert das nicht, wird sich die nächste Gelegenheit zu einer zukunftsweisenden Umgestaltung wohl erst 20 bis 25 Jahre wieder ergeben«, argumentierten Harald Schnell vom Planungsreferat und MVG-Verkehrsexperte Wolfgang Pfützner. Deshalb gelte es diese Chance jetzt zu nutzen. Ein Argument, das zog und die klare Richtungsentscheidung einer großen Mehrheit der Versammlung für eine Verkehrsberuhigung im Herzzentrum des Tegernseer Platzes wohl entscheidend beförderte.

Die Bedeutung des Projektes bemisst sich auch an dem Umstand, dass gleich drei Anrainer-Bezirksausschüsse aus Au-Haidhausen, Obergiesing-Fasangarten und Untergiesing-Harlaching zur Versammlung geladen hatten. Die Bedeutung der Maßnahme wie auch einer »umfassenden Bürgerbeteiligung umriss Obergiesing-Fasangartens BA-Chef Horst Walter (SPD). Es ist ein Projekt mit enormer Tragweite, das weit in die Zukunft reichen wird und deshalb intensiver Diskussion und Planung bedarf.« Harald Schnell aus dem Planungsreferat der Stadt ergänzte, das neue Verkehrskonzept sei als wichtiger Teil in die Bestrebungen innerhalb eines Sanierungsgebietes eingebettet, das sich zwischen der St.-Bonifatius-Straße und der Candidstraße erstrecke. Innerhalb dieses wichtigen Areals will die Stadt während der kommenden Jahre wichtige Ziele der Viertelaufwertung, der Verbesserung der Wohn- und Lebensverhältnisse generieren und muss dabei tragfähige Lösungen für eine langfristige Verkehrsregulierung erarbeite.

Darauf zielt jene Machbarkeitsstudie ab, mit der seitens der Stadt die Münchner Gutachter-Firma Transver GmbH beauftragt wurde. Elementarer Teil einer Umgestaltung der Tegernseer Landstraße ist im Zuge der Gleisarbeiten vor allem auch eine Verlegung des Tramplanums von seiner heute westlichen Randlage in der südlichen TeLa mehr zur Straßenmitte hin. Denn nur durch diese Versetzung würde es möglich, zahlenstarken und intensiven Forderungen vieler Bürger nach verbreiterten Gehwegtrassen und einem durchgängigen Radweg von Nord nach Süd zu entsprechen. Insbesondere scheinen die Zeichen der Zeit wie in anderen Städten offenbar darauf zu deuten, dass der Inidividualverkehr zugunsten anderer Verkehrsformen des öffentlichen Nahverkehrs aus Zentrumsmeilen immer mehr abgedrängt wird. Denn an der TeLa wird nach Informationen der Stadtvertreter bereits zum nächsten Fahrplanwechsel neben zwei Tramlinien und der Metrobuslinie auch ein weiterer Express-Bus verkehren. Dagegen wird der Autoverkehr ab der Kreuzung Martin-Luther-/ Tegernseer Land- und Wirtstraße nach Norden um eine Spur verjüngt. Zielvorstellung der Planer um Ulrich Glöckl (TransVer): Der heute rund 11.500 Individuell-Kfz starke Verkehrsstrom in der südlichen Tela bis zum Tegernseer Platz soll auf später einmal 4.500 Fahrzeuge reduziert werden.

Ein hoher Preis

muss gezahlt werden

Kostenfrei wäre eine solche verkehrliche Entschlackung freilich nicht zu bekommen. Vor allem entlang der westlich davon gelegenen Martin-Luther-Straße würden nach Hochrechnungen der Experten rund 4.000 zusätzliche Fahrzeuge im 24-Stunden-Rhythmus zugeführt. Angesichts von heute bereits über 30.000 Fahrzeugen pro Tag entlang dieser Zwei-Richtungs-Schneise in Richtung Innenstadt und aus dieser hinaus räumte auch Stefan Bauer vonseiten des KVR ein, vor Ort bestünden bereits heute »im Prinzip unerträgliche Zustände«. Zahlreiche Anwohner konnten diese Aussage voll bestätigen. »Die Martin-Luther-Straße erstickt doch schon heute im Verkehr«, argumentierten Bürger wie Elfriede Joos und Robert Motschenbach. Die Umgestaltung im Zentrum der TeLa gehe zu Lasten der Umgebungsstraßen, lauteten weitere Vorwürfe.

So fürchteten etwa Anwohner der nahen Herzogstand-, Zugspitz- oder Spixstraße teils eklatante Zuwächse an Individualverkehr, wenn am Tegernseer Platz die Sperrung vollzogen sei. Bedenken gibt es auch bei Lehrern und Eltern der Ichoschule im Umgriff. Deren Insellage werde zwischen der Icho- und der Silberhornstraße nicht verbessert. Im Gegenteil, auch hier würden ausgeweitete Verkehrsströme die ohnehin angespannte Situation belasten. KVR-Mann Bauer freilich hatte zumindest für die Martin-Luther-Straße eine zunächst durchaus überraschend klingende Einschätzung: »Schlimmer, als es derzeit schon ist, wird es nicht werden an der Martin-Luther-Straße«, so der Verkehrsexperte. Denn gerade im täglichen Berufsverkehr lasse sich das Verkehrsaufkommen faktisch gar nicht mehr steigern. »Wir können keinen Verkehr wegzaubern und wegdiskutieren – sondern nur effektiv abwickeln«, ergänzte Harald Schnell aus dem Planungsreferat. Doch derzeit bleiben noch viele Fragen offen.

Das Mehr-Millionenprojekt soll in verschiedenen Baulosen möglichst ab 2014 abgewickelt werden. Doch vor dem Startschuss ist noch reichlich Vorarbeit nötig. Zunächst müssen die Anträge der Bürger abgearbeitet werden. Die Bandbreite reichte dabei von ausreichendem Lärmschutz für die Ichoschule bis zu einem ganzen Katalog an Forderungen der örtlichen, rund 230 Geschäftsleute, die sich längst in einer gemeinsamen Initiative »TeLa Aktiv« artikulieren. »Wir begrüßen die Aufwertung der TeLa ausdrücklich«, betonte deren 2. Vorstand Jörn Fröchling. Allerdings müssten trotz der ehrgeizigen Pläne die eigenen Ladengeschäfte für Kunden auch in der Umbauzeit jederzeit erreichbar bleiben, die Belieferung müsse ebenfalls gewährleistet sein. »Gute Kommunikation und möglichst kurzzeitige Baustellen« lautete Fröchlings Wunschansatz. Im Zuge der Maßnahmen sollten zudem die Querungsbeziehungen in der TeLa verbessert werden. Allerdings räumte auch Fröchling ein, in der eigenen Initiative gebe es zum Thema Verkehr »keine eindeutige Meinung«. Da war sie wieder, die Quadratur des Kreises entlang der TeLa. Es bleibt wohl noch viel Überzeugungs- und Detailarbeit in den Planungsbüros zu leisten. Bezirksausschüsse, städtische Referate und schließlich der Stadtrat müssen demnächst über ein wohl noch zu verfeinerndes Konzept beraten und befinden. Ein schwieriger Spagat allemal – Auch wenn planerische Fortschritte nicht abzustreiten sind. Harald Hettich

north