Veröffentlicht am 04.03.2014 00:00

Au · Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wohnen jetzt in der Au


Von red
Unterstützen die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge: Das Betreuerteam der Wohngruppe am Mariahilfplatz vor der Einrichtung. 	 (Foto: js)
Unterstützen die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge: Das Betreuerteam der Wohngruppe am Mariahilfplatz vor der Einrichtung. (Foto: js)
Unterstützen die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge: Das Betreuerteam der Wohngruppe am Mariahilfplatz vor der Einrichtung. (Foto: js)
Unterstützen die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge: Das Betreuerteam der Wohngruppe am Mariahilfplatz vor der Einrichtung. (Foto: js)
Unterstützen die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge: Das Betreuerteam der Wohngruppe am Mariahilfplatz vor der Einrichtung. (Foto: js)

Insgesamt 16 Jugendliche, die als Kinder ohne ihre Eltern aus ihren Heimatländern fliehen mussten, sind vor kurzem in das ehemalige Standesamt am Mariahilfplatz eingezogen. In der vergangenen Woche hat sich die Wohngruppe für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge den Institutionen und Vereinen aus der Au offiziell vorgestellt.

Themenseite: Asylbewerber in München und im Landkreis

Gezeigt haben die Besucher der Veranstaltung vor allem eines: Die neuen Nachbarn sind im Viertel herzlich willkommen. Die meisten der Jugendlichen, die in der Wohngruppe leben, haben einen harten Weg hinter sich. »Viele haben tausende von Kilometern zurückgelegt, zum Teil zu Fuß«, sagt Martin Schäffner, einer der Betreuer der Einrichtung. Hinzu kämen oft traumatische Kriegserlebnisse aus der Kindheit. Um den Gefahren aus seinem Heimatland Afghanistan zu entkommen, wurde Junus Husseini im Alter von elf Jahren von sei-nen Eltern weggeschickt. »Sie haben gesagt, du musst gehen, damit du weiterleben kannst«, erzählt der heute 19-Jährige, der seit drei Jahren in der Wohngruppe lebt, die nun von der Heßstraße in Schwabing in die Au gezogen ist.

Zu Fuß und auf den Ladeflächen von Lastwagen schlug sich Husseini bis in den Iran durch. Eine Anlaufstelle habe er nicht gehabt, berichtet er. Jedoch habe er in Teheran Arbeit gefunden. Nach einigen Monaten ist Husseini weiter in die Türkei gereist: »Dort war es anders, die Leute haben mich ausgelacht, als ich nach Arbeit gesucht habe und gesagt, ich wäre noch zu klein.« Weiter ging es auf dem Seeweg nach Griechenland – ein lebensgefährliches Unterfangen. Griechische Polizisten hätten auf die Boote mit den Flüchtlingen geschossen, vier seiner Begleiter seien dabei ums Leben gekommen, erzählt der 19-Jährige. Erst beim dritten Anlauf sei die Übersiedlung geglückt.

Vier Jahre lang habe er in Griechenland als Erntehelfer gearbeitet: »Aber die Bezahlung war schlecht, wir bekamen nur 10 Euro am Tag.« Wieder entschloss er sich, sein Glück an einem anderen Ort zu suchen und landete in Rom. Dort seien die Verhältnisse aber nicht viel besser gewesen als in Griechenland: »Also habe ich mir ein Busticket nach München gekauft.« Nach einer Polizeikontrolle sei er in die Erstaufnahme in der Baierbrunner Straße gekommen. Einige Zeit später habe er einen Platz in der Wohngruppe in der Heßstraße gefunden.

Die Wohngemeinschaft sei für die Jugendlichen, die aus Afghanistan, Somalia, Sierra Leone, Tunesien und Gambia stammen, meist der erste Ort, an dem sie sich heimisch fühlen könnten, sagt Schäffner. Sie gehen zur Schule und lernen deutsch. »Die meisten von ihnen schaffen ihren qualifizierten Hauptschulabschluss«, meint Schäffner. Von vier hauptamtlichen und acht nebenberuflichen Mitarbeitern werden sie Tag und Nacht betreut. Unterstützung bekommen sie aber auch von den Institutionen im Viertel. Geplant seien etwa Kurse der Polizei zu Themen wie Suchtprävention und dem Umgang mit dem Internet, sagt Gerhard Schindler von der Polizeiinspektion 21, die ebenfalls am Mariahilfplatz ansässig ist. Wichtig sei aber auch, bei den jungen Flüchtlingen Vorurteile gegenüber der Polizei abzubauen. »In ihren Heimatländern haben sie mit Polizisten zum Teil schlimme Erfahrungen gemacht«, erklärt Schindler. Dem müsse man nun entgegenwirken. Denkbar sei etwa eine Besichtigung der Polizeiwache: »Nachdem wir ja Nachbarn sind, bietet sich das an.«

Auch der Verein »Nachbarschaftshilfe in der Au« wünscht sich Kontakt zu der Einrichtung. »Wir sind hier sehr gut vernetzt, alle kennen sich untereinander«, betont Renate Schnückel, die Vorsitzende des Vereins. Jeder, der sich beteiligen wolle, sei willkommen. Und Marinesse Spiekermann, Schulleiterin der Grundschule am Mariahilfplatz, kündigte an, sie werde gemeinsam mit dem Lehrerkollegium besprechen, wie man die jungen Flüchtlinge integrieren könne. Vorstellbar sei etwa eine Einladung zum Sommerfest der Schule. Auch Adelheid Dietz-Will, die Vorsitzende des Bezirksausschusses Au-Haidhausen (BA 5), freut sich über die neuen Anwohner: »Es ist gut, dass sie da sind.«

In Deutschland hätten die Jugendlichen nun eine Zukunft, meint Schäffner. Dieser blickt inzwischen auch Husseini optimistisch entgegen. Nach dem Schulabschluss möchte er in einem Kindergarten arbeiten. »Das wollte ich schon seit meiner Kindheit in Afghanistan«,

erklärt er. Die Chancen dafür, dass sein Traum einmal Wirklichkeit wird, stehen nun gut. Julia Stark

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