Vor sechs Jahren wollte er es schon schaffen als CSU-Oberbürgermeister in München, doch damals ist er gescheitert. Jetzt könnte es klappen. Warum, sagt uns Josef Schmid im Samstagsblatt-Interview.
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München · Die Qual der Wahl Artikel vom 15.03.2014: Wer wird Münchens neuer Oberbürgermeister?
Samstagblatt: Ist München reif für einen CSU-Oberbürgermeister?
Josef Schmid: Ja. Weil es das Risiko gegenüber erneuten sechs Jahren Verkrustung und »weiter so« unter einem SPD-OB mit maroden Schulgebäuden, leer stehenden städtischen Wohngebäuden, nicht erreichten Wohnungsbauzielen und völlig ungelösten Verkehrsproblemen erheblich reduziert. Außerdem ist die CSU München die liberal-konservativ-großstädtische Partei Münchens.
Rechnen Sie mit einer Stichwahl?
Josef Schmid: Ich habe das Gefühl bei meinen vielen Gesprächen mit den Münchnerinnen und Münchnern, dass diese OB-Wahl das allererste Mal seit über 20 Jahren völlig offen ist. Ich befinde mich auf Augenhöhe mit meinem SPD-Mitbewerber, was ja auch Umfragen im wesentlichen bestätigen. Daher glaube ich, dass eine Stichwahl realistisch ist.
Welchen Mitbewerber schätzen Sie am meisten und warum?
Josef Schmid: Ich schätze beide Dieter Reiter ist ein angenehmer Kollege, er steht aber auch für die bisherige SPD-Politik, die auf zahlreichen Gebieten versagt hat, sei es beim Sanierungsstau der Schulgebäude und -toiletten, bei den Klinken, bei einem bedarfsgerechten Wohnungsbau oder dem Verkehr. Sabine Nallinger denkt manches neu. Bei den zahlreichen OB-Kandidatenrunden hatte ich mit ihr die interessantesten Gespräche.
Falls Sie gewinnen sollten? Was ist Ihre erste »Amtshandlung«?
Josef Schmid: Die wichtigen Projekte priorisieren und sie endlich anpacken, als da wären: Schulhausausbau und -renovierung forcieren, Wohnungsbau vorantreiben, bedarfsgerechte Kinderbetreuung ausbauen, U-Bahn-Ausbau von Laim nach Pasing, vom Arabellapark nach Englschalking und auch in Ringverbindungen denken, Untertunnelung/Einhausungen der großen Verkehrsadern Landshuter Allee, Tegernseer Landstraße, A96 Lindau auf Stadtgebiet und ein Tunnel unter dem Englischen Garten, die Sanierungsprojekte Kliniken, Olympia-Park, Gasteig und Großmarkthalle.
Wie wollen Sie als OB bezahlbaren Wohnraum schaffen?
Josef Schmid: Dazu gibt es von mir eine Reihe Vorschläge: Grundsätzlich muss mehr gebaut werden, damit die Mieten nicht noch mehr steigen, denn ein größeres Wohnungsangebot wirkt Mietpreisbremsend. In der Vergangenheit hat Rot-Grün die eigenen Wohnungsbauziele zum Teil drastisch verfehlt. Die wichtigsten meiner Vorschläge:
1. Wohnen muss künftig zur Chefsache des Oberbürgermeisters werden, ich werde eine »Taskforce Wohnungsbau ins Leben rufen und diese selber leiten. Noch 2010 ging das städtische Planungsreferat entgegen der Warnungen aus dem Bayerischen Innenministerium nicht von einer Wohnraumknappheit in München aus.
2. Für mehr Wohnungen haben wir unser Programm »München +2« entwickelt. Auf bestehende höhere Bebauung könnten, wo technisch und vom Stadtbild her möglich, zwei Stockwerke aufgesetzt werden.
3. Schnellere Bearbeitung von Bebauungsplänen und Baugenehmigungen.
4. Leerstand städtischer Immobilien endlich beenden.
5. Genossenschaften fördern.
6. Flächenressourcen aufdecken.
7. Ein neues Erbpachtmodell als kleine Schwester des Eigentums auflegen.
Was wollen Sie in Sachen Kinderbetreuung anders machen?
Josef Schmid: Zunächst muss das Ziel sein, dass jedes Kind, das einen Betreuungsplatz benötigt auch einen erhält. Das schaffen wir nur mit dem konsequenten Ausbau der Angebote. Erst kürzlich habe ich für die nachschulische Betreuung zahlreiche Vorschläge in den Stadtrat eingebracht, damit auch private Träger wie Elterninitiativen besser von der Stadt gefördert werden. Zudem muss für die Eltern auch endlich eine zentrale Anmeldung möglich sein, eine jahrelange Forderung von mir. Für das Betreuungspersonal habe ich verbilligten Wohnraum über die städtischen Wohnungsbaugesellschaften vorgeschlagen.
Auf einem Ihrer Plakate steht: »Grün ist, wenn der Verkehr unter der Erde fließt«: Ist das mehr als nettes Wortspiel?
Josef Schmid: Tunnel für den Kfz-Verkehr tragen entscheidend zur Verbesserung der Lebensqualität bei genauso wie beim ÖPNV. Deswegen bin ich auch ein großer Fan der U-Bahn. Sie ist das Verkehrsmittel, das oberirdisch kaum Platz benötigt und damit nicht in Konkurrenz zu anderen Verkehren tritt, im wesentlichen wenig störungsanfällig ist, große Beförderungskapazitäten hat und für die Fahrgäste sehr bequem ist. Seit Jahren setze ich mich daher für den Weiterbau der U5 von Laim nach Pasing und den der U4 vom Arabellapark nach Englschalking ein. Außerdem müssen wir in Ringverbindungen denken, z. B. mittelfristig den Weiterbau der U-Bahn von Moosach über Allach/Untermenzing bzw. Obermenzing nach Pasing.
Zur Finanzierung: Die Stadt München hat in den vergangenen sieben Jahren jährlich zirka 600 Millionen Euro investiert. Das sind in Summe sieben Mal zirka 600 Millionen Euro, mithin zirka 4,2 Milliarden Euro. Zudem hat die Stadt von den unter Rot-Grün selbst aufgebauten Schulden in den vergangenen sieben Jahren etwa 2,5 Milliarden Euro getilgt. In Summe sind das zirka 4,2 Milliarden Euro plus 2,5 Milliarden Euro, mithin 6,7 Milliarden Euro. Dem stehen auf der Ausgabenseite gegenüber unter anderem die Straßentunnel für 1,5 Milliarden Euro und der U-Bahn-Ausbau für weitere rund 1,5 Milliarden Euro. Trotz weiterer wichtiger Investitionen ist die Finanzierung machbar, denn es handelt sich um längere Investitionszyklen als sieben Jahre, nämlich zehn bis fünfzehn Jahre.
Was ist an Ihnen typisch münchnerisch?
Josef Schmid: Als gebürtiger Münchner die Liebe zu meiner Heimatstadt, zur Weißwurst und dem Wiesn-Hendl, aber auch die typische Münchner Offenheit und Weltläufigkeit und dass mir der Fön nichts ausmacht.
Von Michaela Schmid