Novum in der Kleinstadt: Am Sonntag, 27. Juli, werden die wahlberechtigten Einwohner erstmals aufgefordert, bei einem kombinierten Bürger- plus Ratsbegehren samt Stichfrage abzustimmen. Es gilt, über die vom Kommunalparlament abgesegnete Forderung der Initiative »Mia san Haar« zu entscheiden: »Sind Sie dafür, dass die Gemeinde beim Bau von Hochhäusern auch bereits im Verfahren befindlicher die maximale Höhe auf 19 Meter begrenzt?« Das Verfahren für einen geplanten Tower ruht daher bis Ende Juli.
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Die zweite zu beantwortende Frage regten die Verantwortlichen im Rathaus an, wurde im Plenum mit 13 Stimmen von SPD, Grünen und Freien Wähler gegen neun der CSU beschlossen, ist ein sogenanntes Ratsbegehren: »Sind Sie dafür, dass die Bürger im Rahmen einer eigenen Bürgerversammlung bei Hochhausprojekten mitberaten können?« Da es somit zwei nicht vergleichbare Begehren gibt, ist laut Bayerischer Gemeindeordnung für eine Entscheidung eine Stichfrage notwendig: Falls beide Fragen mehrheitlich mit Ja beantwortet werden welche der beiden Möglichkeiten soll dann gelten?
Der Hintergrund fürs Ratsbegehren: Der Gemeinderat kann einem Bürgerbegehren »einen weiteren ratsinternen, gleichgestellten Bürgerentscheid« gegenüberstellen. Im Rathaus ist man nämlich der Ansicht, dass die Begrenzung auf 19 Meter Höhe »substanziell in die Planungshoheit und auch in die eigentumsrechtlichen Belange der Gemeinde eingreift. Unter dem Motto »Ja zur städtebaulichen Vielfalt in Haar« wurde, um »eine sachgerechte Entscheidung für die Bürger zu ermöglichen«, die zweite Frage beschlossen.
Auslöser des Verfahrens ist der geplante 15-stöckige, fast 45 Meter hohe Wolkenkratzer das zweite Hochhaus entlang der B 304 innerhalb des Ortsgebiets mit 64 Wohnungen sowie Läden samt angrenzenden Gebäuden mit 35 Wohneinheiten auf zwei benachbarten Grundstücken an der Ecke Münchener Straße / Jagdfeldring. Im vergangenen November hatte Rot-Grün gegen Schwarz das Projekt gutgeheißen, hatte Müller für die SPD erklärt: »Wir drücken dem Projekt alle Daumen. Alle geäußerten Kritikpunkte sind in der neuen Planung mit aufgenommen worden. Wir sind von dem Hochhaus angetan, das Ganze wird ein architektonisch hochwertiges Ensemble.«
Für ein Bürgerbegehren müssen in Kommunen mit bis zu 20.000 Einwohnern mindestens neun Prozent die Forderung unterzeichnen. Am 30. April hatten drei Hochhausgegner, den von 1716 Personen signierten Antrag eingereicht. Zu diesem Tag waren in Haar 15.242 zur Unterschrift berechtigt. Die gesetzlichen Vorgaben waren also mehr als erfüllt, die Lokalpolitiker stellten einhellig die Zulässigkeit fest. Damit begann die Frist von drei Monaten für die Durchführung man einigte sich auf den 27. Juli als Wahltag. »Der Bürgerentscheid hat die Wirkung eines Beschlusses des Gemeinderats«, erläuterte Rathaus-Geschäftsführer Helmut Schmid in der Beratungsvorlage: »Wie halt fast immer bei uns«, kommentierte lapidar einer von zwei Dutzend Zuhörern nach der Tagung die extrem konträren, ab und an ruppigen Meinungsäußerungen zum rund 50.000 Euro kostenden Begehren. Schon bei der zweiten Sitzung des Gemeinderats in der neuen Legislaturperiode wurde klar: Die politischen Lager driften mehr denn je auseinander.
ikb