Dieser Dieter Reiter tritt mit einer Klarheit auf, die mich überrascht und freut. Ich komme nun nicht auf die Idee, im Stüberl Werbung für einen Politiker machen. Dafür ist mir die Branche viel zu suspekt. Von meinem paar Semestern, in denen ich einst die Wissenschaft der Politik studierte, blieb eines hängen, bis ich in die Grube steige eine Weisheit vom seeligen Max Weber: Bei der Motivation, warum Menschen in die Politik gehen, geht es immer um Machtgewinn und Machterhalt. Es ist ein eigener Menschenschlag, der sich dieses Feld aussucht. Nun gut.
Also Reiter. Ich habe diesen Menschen als Wiesnchef kennengelernt, fand ihn sehr sympathisch, mochte seine Klarheit und Position, wenn es um die Beschränkung vom Komerz auf dem Fest ging. Mancher Leser mag meine Haltung kennen: Regeln, Beschränkungen und Gesetzte möchte ich ja nun eher klein gehalten sehen. Aber wenn es um die Auswüchse der Marktwirtschaft geht, dann kommen wir wohl nicht ohne Wegführung aus. Als Reiter dann da stand als Kandidat für die Ude-Nachfolge, da habe ich mich gefreut, auch wenn ich nie Wähler dieser Partei war. Ich mochte seinen frischen Wind und seinen Ansatz, Dinge anpacken zu wollen.
Was ich überhaupt nicht mochte, war der Ansatz, wie nach der halb-erfolgreichen Wahl die Dinge verlaufen sind. Für meinen Geschmack gab es ein paar Mal zu oft Berichte, wie der Mann sich in Verhandlungen mit politischen Partnern verhalten hat. Arroganz ist wohl ein harmloser Begriff dafür. Machtgewinn und Machterhalt eben.
Aber nun zu erleben, wie er reagiert auf den miserablen Umgang mit geflüchteten Menschen in der Bayernkaserne auf dem Sendlinger-Tor-Platz, wie er reagiert auf rechte, rechtsradikale Umtriebe in Sachen Bagida, wie er offen zugeht etwa auf Aktionsgruppen, die sich mit der dramatischen Münchner Wohnsituation beschäftigen (Till Hofmanns »Goldgrund«), das freut mich schlicht. Dieter Reiter ist ein Gewächs der Münchner Stadtverwaltung, ein Beamter und als solcher war er mir zwischendurch höchst filzverdächtig. Mag sein, dass es stimmt. Aber ich möchte ihn für sein Repräsentieren unserer Stadt nun loben. Kann man schließlich auch mal machen. Irgendwer muss diesen Job schließlich machen. Und im Moment finde ich, dieser Mann macht das ziemlich gut.