Mit 17:8 Stimmen entschied sich der Gemeinderat Holzkirchen Ende April das lang diskutierte Geothermie-Projekt auf den Weg zu bringen.
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Damit endet eine rund zehnjährige intensive Diskussions- und Informationsphase. Zuvor entschied sich die Mehrheit des Gemeinderates jedoch gegen den Vorschlag der FWG, die Bürger mittels eines Ratsbegehrens selber darüber abstimmen zu lassen, ob sie das Geothermie-Projekt durchführen wollen oder nicht (19:6 Stimmen). Die Brüder Marcus und Egmont Ernst sprachen sich im Namen der FWG vehement dafür aus, die Bürger selber die Wahl zu lassen, da das Geothermie-Projekt über viele Jahre große Summen verschlingen und damit nach Ansicht der FWG den Haushalt belasten wird.
Als »eine Hausnummer zu groß für Holzkirchen« bezeichnete Marcus Ernst das Projekt, verwahrte sich aber gegen den Vorwurf anderer Ratskollegen, ein genereller Gegner der Geothermie in Holzkirchen zu sein. Im Gegenteil, man habe sich über all die Jahre sehr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und sei grundsätzlich für die Durchführung eines Geothermie-Projektes, aber zu einem späteren Zeitpunkt, an dem die Techniken verbessert und dadurch die Risiken minimiert wären. Die anderen Fraktionen sahen die Notwendigkeit, ein Ratsbegehren durchzuführen als nicht gegeben. Vielmehr würde dadurch das Projekt lediglich zeitlich verzögert und die Höhe der Einspeisevergütung würde sinken. Genau das sah unter anderem Wolfgang Jennerwein (FWG) als eines der Hauptprobleme an. Er hält den Zeitrahmen nicht für »sportlich«, sondern sehr bedenklich. Außerdem, so betonte Jennerwein, fürchte er, dass die Berechnung der entstehenden Kosten als deutlich zu niedrig angesetz seien.
Statt der einkalkulierten 40 Millionen Gesamtkosten geht Wolfgang Jennerwein von rund 50 Millionen Euro aus. Elisabeth Dasch (SPD) erklärte, dass der Gemeinderat als gewählter Vertreter der Bürger Holzkirchen durchaus in der Lage sei, diese Entscheidung zu treffen, wobei sie betonte, dass sie sicher sei, dass niemand aus dem Gemeinderat sich diese Entscheidung leicht machen werde. Alle Vertreter der verschiedenen Fraktionen betonten, wie intensiv sie sich mit diesem Projekt, seinen Möglichkeiten und seinen Risiken auseinandergesetzt haben. Nicht alle Gemeinderatsmitglieder sind jedoch von einem sicheren Erfolg überzeugt, sodass sich neben den Mitgliedern der FWG mit Ausnahme von Hubert Müller, auch Elisabeth Daschner (SPD), Sebastian Franz (CSU) und Christoph Schmid (CSU) gegen das Geothermie-Projekt aussprachen.
Angestrebt wird nun die so genannte »Schlanke Dublette«: Bei dieser Version wird der Bohrlochdurchmesser verringert. Damit können günstigere Standardwerkzeuge eingesetzt werden, die Bohrzeit verkürzt sich, es können beide Bohrungen an einem Standort, dem der Alten Au, realisiert sowie ein kleineres Kraftwerk errichtet werden. Das macht eine Verringerung von rund 30 Millionen Euro im Vergleich zum ursprünglichen Konzept aus. Um die volle EEG-Vergütung zu erhalten, muss jedoch ein straffer Zeitplan eingehalten werden und das Kraftwerk bis Ende 2017 in Betrieb gehen. Erfolgt die Einspeisung der Stromproduktion jedoch erst ab 2018, sinkt die Einspeisevergütung und somit natürlich auch die Gewinnausschüttung für Holzkirchen. Für das Projekt sind zwei Bohrungen nötig (geothermische Dublette). Mit einer wird das heiße Thermalwasser nach oben gefördert, mit der zweiten das abgekühlte Wasser wieder in die Tiefe geleitet. Dem Untergrund wird nur Wärme, aber kein Wasser entzogen. Es findet kein Fracking statt. Das hydrodynamische Gleichgewicht wird nicht verändert, der Wasserkreislauf bleibt in sich geschlossen. Die erste Bohrung bis in knapp 5.000 Meter Tiefe wird einschließlich eines Puffers von 500.000 Euro für Unvorhergesehenes auf rund 10,7 Millionen Euro geschätzt. Diese Summe ist im Haushalt eingestellt. Um das Risiko der Nichtfündigkeit einschätzen zu können, ließen die Gemeindewerke beim Leibniz-Institut für Geophysik (LIAG) 2014 ein zusätzliches, unabhängiges Gutachten erstellen. In diesem wurden mehrere Szenarien betrachtet. Es standen den Gutachtern insgesamt 83 Malm-Bohrungen (davon waren 81 erfolgreich) im Süddeutschen Molassebecken zur Auswertung zur Verfügung.
Das Resultat: Die Erfolgswahrscheinlichkeit für eine Fündigkeit von z. B. ca. 65 l/s liegt für Holzkirchen bei ca. 90 Prozent. Es wird mit einer Temperatur von 140 Grad und einer Schüttungsmenge von 65 bis 80 Liter pro Sekunde (l/s) ausgegangen. Mit der Realisierung des Projektes könnten rund 10.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden. Die Gesamtkosten also beide Bohrungen und Kraftwerk werden auf insgesamt rund 40 Millionen Euro kalkuliert.
Während Sebastian Franz (CSU) erklärte, dass er dem Geothermie-Projekt alles Gute wünsche und hoffe, dass sich seine Bedenken als unbegründet erweisen werden, legten die Brüder Marcus und Egmont Ernst nach der Sitzung ihr Amt mit sofortiger Wirkung nieder. Sie hielten sowohl die gefallene Entscheidung als auch die Tatsache für unverantwortlich, dass die Bürger nicht selber über das Geothermie-Projekt abstimmen dürfen.
Woschée/Keidel-Landsee