Johann Baier ist Experte, wenn es um die Geschichte Haidhausens geht. Der 79-Jährige hat mehrere Bücher zur Historie des Viertels geschrieben, unzählige Ausstellungen organisiert und veranstaltet regelmäßig Stadtteilführungen.
Im März hat Baier zwar den Vorsitz des Vereins »Freunde Haidhausens e.V.«, den er 13 Jahre lang geleitet hat, an Dieter Rippel abgegeben. Im Viertel aktiv bleiben wird der pensionierte Lehrer, der seit 1966 in der Kirchenstraße lebt, aber weiterhin. »Angefangen hat alles damit, dass ich mit meiner Mutter zur Wohnungsbesichtigung gegangen bin, weil meine Frau verhindert war«, erinnert sich Baier. Dies habe den Vermieterinnen zwei ältere Damen, die bewusst mit »Fräulein« angesprochen werden wollten so imponiert, dass er aus 70 Bewerbern für die Wohnung in der Kirchenstraße an der Ecke zum Johannisplatz ausgewählt worden sei. »Aber eigentlich ist es ein Zufall, dass ich hier gelandet bin«, so Baier.
Inzwischen kennt er Haidhausen wie seine Westentasche. Ausschlaggebend für die intensive Beschäftigung mit der Geschichte des Viertels sei zunächst sein Amt als Vorsitzender des Pfarrgemeinderats von St. Johann Baptist gewesen, das er von 1978 bis 1994 ausübte. Für die Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Pfarrkirche habe er die Archive der Stadt und der Pfarrei durchforstet und umfangreiches Bildmaterial zusammengetragen. Zum Jubiläum sei sogar Josef Ratzinger gekommen, der damals noch Kardinal war und später als Papst Benedikt XVI. zum Oberhaupt der katholischen Kirche wurde. Den Besuch habe er genutzt, um ein lange verfolgtes Vorhaben zu verwirklichen: die Instandsetzung der alten Kirche von St. Johann Baptist. Dazu habe er einen Trick benutzt, verrät Baier: »Ich habe den Kardinal gebeten, an den Priestergräbern an der Nordwand der Kirche ein Gebet zu sprechen. Das konnte er nicht abschlagen.« Bei dieser Gelegenheit habe er Ratzinger dazu überreden können, einen Blick in das Gotteshaus zu werfen.
In der Folge sei die Kirche tatsächlich saniert worden und bekam 1984 sogar eine neue Orgel. Im selben Jahr veröffentlichte Baier sein erstes Buch mit dem Titel »400 Jahre Orgeln von St. Johann Baptist.« Ein 300 Seiten umfassendes Werk des studierten Geographen und Wirtschaftswissenschaftlers mit dem Titel »Armut, Not und Hoffnung einer Stadt eine Sozialgeschichte Haidhausens« erschien 1988. Aus Baiers Feder stammen außerdem unter anderem die Bücher »Die Isar und die Isar-Inseln im Wandel der Zeiten« von 2005 und »Das Franzosenviertel in Haidhausen eine Stadterweiterung nach 1870« sowie zahlreiche Abhandlungen und Aufsätze zur Stadtteilgeschichte. Nach seiner Penionierung 2001 dehnte Baier sein kulturelles Engagement im Viertel weiter aus und übernahm den Vorsitz des Vereins »Freunde Haidhausen e.V.«, bei dem er schon seit Mitte der 1980er Jahre Mitglied war. »Ich bin nach meinem Ausstieg aus dem Beruf in kein Loch gefallen«, sagt er und lacht. Insgesamt habe er in seiner Funktion als Vereinsvorsitzender im Üblacker-Häusl in der Preysingstraße rund 145 Ausstellungen eröffnet, die Zahl der Mitglieder habe sich in seiner Amtszeit in etwa verdoppelt und liege nun bei 135 Anwohnern.
Angefangen hat Baier 2002 außerdem mit seinen Stadtteilführungen. »Schon mit meinen Schülern habe ich häufig Exkursionen gemacht«, erzählt er. Zunächst sei das Angebot nur für Vereinsmitglieder gewesen, sei dann aber auf Schulklassen, etwa aus dem Edith-Stein-Gymnasium, erweitert worden und richte sich inzwischen an alle interessierten Bürger. Nun sei es allerdings an der Zeit gewesen, den Vereinsvorsitz an einen Jüngeren abzugeben, sagt Baier. Mit Rippel, der sich aufgrund seiner langjährigen Arbeit im Bezirksausschuss Au-Haidhausen (BA 5) und im Kulturausschuss des Bezirks Oberbayern gut in der Materie auskenne, sei ein hervorragender Nachfolger zur Verfügung gestanden. Die neu gewonnene Freizeit kann Baier nun seiner Famile widmen. Mit seiner Frau Gerda, die als Grundschullehrerin an der Kirchenschule tätig war, hat er zwei Kinder und ist inzwischen Großvater von vier Enkelkindern im Alter von fünf bis 19 Jahren. Fortsetzen wird Baier jedoch seine Stadtteilführungen. Die nächste findet am Freitag, 22. Mai statt und führt vom Max-II-Dankmal über die Isarbrücken zum Wiener Platz. Treffpunkt ist um 14.30 Uhr am Denkmal an der Kreuzung der Maximilianstraße und der Thierschstraße.
Julia Stark