Seit Jahren putzt man sich täglich die Zähne und trotzdem entzündet sich auf einmal das Zahnfleisch. Gibt man »entzündetes Zahnfleisch« in Google ein, so finden sich schnell die Begriffe »Parodontose« und »Parodontitis« und der Hinweis auf Bakterienbefall und diverse »Hilfeseiten«, wobei der Hinweis auf »Rauchen aufhören« oder ein Tipp wie »Honig auf das entzündete Zahnfleisch« (Honig enthält antibakterielle Wirkstoffe, aber auch sehr viel Zucker) wohl nur sehr bedingt weiter hilft bzw. andere Probleme aufwirft.
Daher gleich ein paar Fragen zum Thema »Parodontose«. Was genau dürfen wir uns darunter vorstellen?
Richtig ist der Begriff »Parodontitis« und das ist eine behandelbare Infektionserkrankung des Zahnfleisches, die durch bakterielle Beläge bzw. Zahnstein im Bereich des Zahnfleisches entsteht. Anzeichen für die Entzündung sind geschwollenes, blutendes Zahnfleisch.
Und was passiert in diesem Fall mit den Zähnen?
In diesem entzündeten Zustand können sich Bakterien und Beläge unter dem Zahnfleisch vermehren. Dort produzieren diese dann gefährliche Stoffe, die auch im Bereich des Knochens zur Entzündung führen. Die Folgen sind Zahnfleischtaschen und Knochenabbau. Sichtbar wird dies durch den »Rückgang« des Zahnfleisches bzw. »Längerwerden« der Zähne. Auch Lockerung der Zähne, geschwollenes Zahnfleisch und teilweise Mundgeruch sind Anzeichen für eine Parodontitis.
Und was sind die Langzeitfolgen?
Wenn man die Anzeichen übersieht oder ignoriert, dann führt eine unbehandelte Parodontitis zum Zahnverlust. Das Testverfahren zur Messung der Tiefe der Zahnfleischtaschen (Paradontales Screening) bezahlt jede Krankenkasse alle zwei Jahre. Dadurch kann man auch feststellen, welche Behandlung notwendig ist.
Eine Behandlung ist bei einer solchen Entzündung aber doch sicherlich sehr schmerzhaft bzw. evtl. ist sogar eine Operation notwendig?
Nach dem heutigen Stand der Parodontologie gibt es bereits Möglichkeiten der Krankheit durch konservative Behandlung, also auch ohne Operation, Herr zu werden.
Wie wird bei dieser Parodontitis-Behandlung genau vorgegangen?
Als erstes erfolgt eine gründliche und schonende Säuberung der Zahnfleischtaschen. Dabei werden die schädlichen Bakterien, die zur Zahnfleischentzündung und zum Knochenabbau führen, entfernt. Eine solche Behandlung erfolgt stressfrei und schonend bei lokaler Betäubung und durch speziell entwickelte Ultraschall-Instrumente. Zur Bakterienabtötung der infizierten Zahnfleischtasche kommt ein Dioden-Laser der neuesten Generation zum Einsatz.
Und das reicht als sinnvolle Behandlung?
In vielen Fällen ja. Bei Bedarf werden zur Heilung der bakteriellen Infektion noch Antibiotika verschrieben. Wenn die Zähne sich schon gelockert haben, werden diese mit einer Schiene stabilisiert.
Nur bei extrem tiefen Zahnfleischtaschen empfehlen wir eine Knochenaufbauoperation mit Schmelz-Matrixproteinen.
Danke für den interessanten Einblick in die Behandlungsmöglichkeiten. Was kann man denn tun, um eine solche Erkrankung zu vermeiden?
Die beste Möglichkeit ist eine jährliche professionelle »Prophylaxebehandlung«. Dort wird zum einen der Zahnstein sowie der Biofilm auf den Zähnen und gleichzeitig auch Beläge und Verfärbungen entfernt.
Durch das anschließende Glätten und Polieren sowie das Fluoridieren der Zähne und die speziellen Spülungen inkl. Reinigung werden die Bakterien entfernt und auch das Zahnfleisch, so schon geschädigt, wieder angeregt sich zu regenerieren.
Also reicht das Putzen alleine nicht aus?
In vielen Fällen leider nicht. Es gibt sogar eine schwedische Langzeitstudie zum Thema Zahnerhalt (Axelsson-Studie) in der über 15 Jahre Probanden, die »nur putzen« mit Probanden, die regelmäßig an risikoorienterten Prophylaxebehandlungen teilnehmen, verglichen wurden. Das Ergebnis war eindeutig. Mit professioneller Prophylaxe können Zähne und Zahnfleisch dauerhaft stabil gehalten werden.
Danke für das Interview und die ausführlichen Auskünfte zum Thema Zahnfleischentzündung und den Einblick in die »Prophylaxebehandlung«.
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