Vor kurzem sind in die Flüchtlingsunterkunft in der Pariser Straße neben der Postwiese wieder die ersten Bewohner eingezogen.
Rund ein halbes Jahr lang wurde das denkmalgeschützte Haus renoviert und an die aktuellen baulichen Vorschriften für Asylbewerberunterkünfte angepasst. Untergebracht werden dort neben Familien vor allem Menschen mit gesundheitlichen Problemen. Mitglieder des Bezirksausschusses Au-Haidhausen (BA 5) haben die Einrichtung kürzlich besichtigt.
Zwei Stockbetten, ein Tisch mit Stühlen, einige Spinde und ein Kühlschrank die Einrichtung des Zimmers, in das bald eine Familie einziehen soll, ist karg. »Das ist unsere Standardausstattung, sie entspricht in etwa dem Inventar einer Jugendherberge«, erklärte Thomas Kaukal von der Regierung von Oberbayern, die für die Münchner Flüchtlingsunterkünfte zuständig ist, den Stadtteilpolitikern vom BA.
Vom vergangenen Januar bis zum Juni wurde das Haus umfassend renoviert. Es sei eine große Herausforderung gewesen, bei der Sanierung die Vorschriften des Denkmalschutzes und die Auflagen für Asylbewerberunterkünfte, etwa aus dem Bereich Brandschutz, miteinander in Einklang zu bringen, sagte Kaukal. Geschaffen wurden dabei aber auch Verbesserungen für die Bewohner. In dem kleinen Haus im Innenhof, das früher zeitweise als Wäscherei und zur Essensausgabe genutzt wurde, gibt es nun ein Spielzimmer für Kinder.
Neu ausgestattet wurden auch die Gemeinschaftsküchen und die Räume der Bewohner, die während der Sanierung in einer Asylbewerberunterkunft in der Truderinger Straße untergebracht waren.
Meistens werde das Mobiliar der Zimmer jedoch schnell durch eigene Möbel ersetzt, erklärte Silke Holl, die Leiterin der Einrichtung: »Unsere Bewohner kommen hier zur Ruhe und werden heimisch.« Die Verweildauer der Asylbewerber liege zwischen zwei Wochen und zehn Jahren, sagte Kaukal: »Das hängt ganz davon ab, wie schnell das jeweilige Asylverfahren abgeschlossen wird.«
Im Durchschnitt bleiben die Flüchtlinge rund drei Jahre in der Pariser Straße.
Wenn ihr Asylantrag genehmigt wurde, müssen sie ausziehen. Wegen des angespannten Wohnungsmarktes sei dies aber oft mit großen Schwierigkeiten verbunden, räumte Holl ein: »Vor zwei Jahren haben wir noch für jeden unserer Bewohner eine eigene Wohnung gefunden. Aber jetzt ist die Lage dramatisch.« Gelegentlich komme es sogar vor, dass die Flüchtlinge nach dem Verlassen der Unterkunft in der Pariser Straße in Obdachlosenpensionen einquartiert werden müssen: »Manchmal passiert das auch bei Familien mit Kindern.« Bezahlbaren Wohnraum für die Menschen zu finden, denen in Deutschland Asyl gewährt worden sei, sei sehr problematisch.
Zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt wird das Gebäude in der Pariser Straße übrigens bereits seit Mitte der 1980er Jahre. Es ist die einzige Asylbewerberunterkunft in ganz Haidhausen. »Viele Anwohner wissen gar nicht, dass hier Flüchtlinge leben«, so Holl. Mit den direkten Nachbarn gebe es keine Probleme: »Die Haidhausener sind in diesen Dingen umkompliziert.«
Die Akzeptanz der Anwohner sei für die Flüchtlinge eine große Hilfe. Günstig sei der Standort in Haidhausen aber auch wegen seiner zentralen Lage.
Aufgrund der fußläufigen Erreichbarkeit des Flüchtlingsamts, des Sozialamts und der Hilfsorganisation Refugio, die in der Rosenheimer Straße ansässig ist, sowie zahlreicher Arztpraxen und Einkaufsmöglichkeiten würden dort vorwiegend Menschen mit einem hohen Bedarf an medizinischer Versorgung einquartiert, erklärte Holl: »Viele unserer Bewohner sind stark traumatisiert.« Das positive Umfeld sei eine große Unterstützung: »Oft können Flüchtlinge, die aufgrund ihrer schrecklichen Erlebnisse Psychopharmaka brauchen, ihre Medikamente schnell wieder absetzen, wenn sie eine Zeit lang hier sind.«
Mit dem Ergebnis der Sanierungsarbeiten an dem Gebäude zeigten sich die Mitglieder des BAs vollauf zufrieden. »Das ist alles sehr schön geworden«, lobte die BA-Vorsitzende Adelheid Dietz-Will (SPD). Etwas enttäuscht sind die Stadtteilpolitiker aber darüber, dass es in ihrem Viertel nicht mehr Flüchtlingsunterkünfte gibt. Asylbewerber seien in Haidhausen erwünscht, betont Dietz-Will immer wieder. Die vom BA vorgeschlagenen Standorte seien von der Stadt jedoch abgelehnt worden, klagte Nikolaus Haeusgen (CSU). Das Haus in der Pariser Straße mit seinen
insgesamt 102 Betten soll
allerdings bis Mitte September wieder voll besetzt werden. Julia Stark