Veröffentlicht am 27.10.2015 00:00

München · Neues Vergaberecht


Von red

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint: Das Vergaberecht ist eine wirklich spannende und vor allem wichtige Materie.

Aktuelle Kolumne von Claudia Tausend (SPD) Bundestagsabgeordnete Wahlkreis München Ost

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Es geht um die Frage: Wie erteilt die öffentliche Hand Aufträge an die Wirtschaft? Öffentliche Aufträge haben ein Volumen von circa 300 Milliarden Euro im Jahr. Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen ist das ein attraktiver Markt. Seit langem ist aber auch klar, dass das Vergaberecht komplex und auch sehr verschachtelt ist. Es kam oft vor, dass Wirtschaftlichkeit vorrangig über den Preis definiert wurde. Aber nicht alles, was auf den ersten Blick wenig kostet, ist langfristig günstiger. Dies wird sich nun glücklicherweise mit einer Modernisierung des Vergaberechts ändern. Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem wir die öffentliche Auftragsvergabe umfassend reformieren, modernisieren und vereinfachen.

Die wichtigste Änderung: Wir stärken die Möglichkeiten, umweltbezogene, soziale oder innovative Aspekte im Rahmen des Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Diese sozialen und ökologischen Gesichtspunkte erhalten die gleiche Wertigkeit wie die Aspekte Qualität und Innovation. Bei der Ausführung von öffentlichen Aufträgen müssen die geltenden sozial- und arbeitsrechtlichen Verpflichtungen natürlich sowieso eingehalten werden. Aber auch Vorgaben zur Herstellung von Waren, zum Beispiel die ILO-Kernarbeitsnormen, oder zum Handel mit Waren, zum Beispiel Fair-Trade-Anforderungen, finden in Zukunft Berücksichtigung. Das gilt insbesondere für den gesetzlichen Mindestlohn.

Wir setzen stärker auf elektronische Vergabeverfahren, um diese effizienter zu gestalten. Gleichzeitig regeln wir kommunale Freiräume, etwa bei sogenannten Inhouse-Vergaben an kommunale Unternehmen. Soziale Dienstleistungen, wie zum Beispiel zur Integration arbeitsuchender Menschen, sollen in einem erleichterten Verfahren vergeben werden können. Bestimmte Bereiche nehmen wir bewusst von der Anwendung des Vergaberechts aus. Das betrifft zum Beispiel die Vergabe von Konzessionen bei der Trinkwasserversorgung, aber auch bestimmte Rettungsdienste, die von gemein­nützigen Organisationen ­erbracht werden. Der Gesetzentwurf stellt auch die Belange von Menschen mit Behinderungen besonders heraus: Öffentliche Aufträge könnten Werkstätten für Menschen mit Behinderungen vorbehalten werden. Abschließend legen wir erstmals die Gründe, die zu ­einem Ausschluss von Ver­gabeverfahren führen, gesetzlich fest. Das gilt ins­besondere infolge einer Verurteilung wegen Bestechung oder anderen Wirtschafts­delikten.

Uns ist jedoch auch klar: Wir können noch so schöne und wünschenswerte Regelungen in dieses Gesetz als Ziel aufnehmen, entscheidend ist am Ende die Überwachung und die Einhaltung der Regelungen in der Praxis.

Ihre Claudia Tausend

claudia.tausend@bundestag.de

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