Veröffentlicht am 19.01.2016 00:00

200 Bürger verfolgen Infoveranstaltung mit Landrat Christoph Göbel


Von red
Landrat Christoph Göbel hatte keine allzu guten Nachrichten im Gepäck. 	 (Foto: RedB)
Landrat Christoph Göbel hatte keine allzu guten Nachrichten im Gepäck. (Foto: RedB)
Landrat Christoph Göbel hatte keine allzu guten Nachrichten im Gepäck. (Foto: RedB)
Landrat Christoph Göbel hatte keine allzu guten Nachrichten im Gepäck. (Foto: RedB)
Landrat Christoph Göbel hatte keine allzu guten Nachrichten im Gepäck. (Foto: RedB)

Das Thema drängt, die Zeit noch mehr: Rund 200 Brunnthaler Bürger waren in der vergangenen Woche einer Einladung ihrer Pfarrei zur Informationsveranstaltung über das weitere Vorgehen in der Flüchtlingsfrage gefolgt.

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Asylbewerber in München und im Landkreis

Unter den rund 200 Teilnehmern der gut dreistündigen Veranstaltung weilte neben Pfarrer Toni Wolf auch Landrat Christoph Göbel. Der CSU-Politiker machte besonders an umfangreichen Zahlen deutlich, wie dramatisch sich die Flüchtlings-Situation derzeit im Kreis zuspitzt. Jene 15 Flüchtlinge, die derzeit in Brunnthal im alten Pfarrheim untergebracht sind, dürften bald schon viele Nachzügler finden.

Rund 145 asylsuchende Menschen muss die Gemeinde wohl schon in diesem Jahr unterbringen. Dabei sind vor allem zwei Standorte besonders im Fokus. Auf Kirchengrund und in Holzständerbauweise sollen möglichst bald etwa 50 weitere Flüchtlinge an der Englwartinger Straße direkt hinter dem Pfarrhof untergebracht werden. Derzeit sind zwar Verträge noch nicht unterschrieben – aber die Dinge kommen offenbar schnell voran. Die in etwa gleiche Anzahl soll in Hofolding untergebracht werden. Auf einem Grundstück, das die Regierung von Oberbayern nach einigen Dissonanzen mit Gemeinde und Landratsamt nun doch zur Verfügung stellt.

Göbel vermeldete den Coup tagesaktuell bei der Informationsveranstaltung. Trotz Protesten des Gemeinderates hatte der Bezirk das Grundstück als herkömmliches Bauland gewidmet – nun offensichtlich aber ob des faktischen Drucks in der Flüchtlingsfrage eingelenkt. Dagegen muss sich die Gemeinde wohl vom eigenen Konzept kleinteiliger Lösungen verabschieden. Die Bedarfe machten es notwendig, in größeren Kategorien zu denken, betonte Göbel. Der Gemeinderat hatte bislang eine Unterbringung in kleineren Gruppen und über die Ortsteile verteilt propagiert, um die Integration der Menschen zu erleichtern.

Doch mit den jetzt avisierten Projekten wird Brunnthal seine vorgegebenen Planzahlen allein noch nicht erfüllen können. Kritik wurde vonseiten einiger Gemeindevertreter laut, nicht alle Potentiale würden seitens des Kreises auch ausgeschöpft. Bürgermeister Stefan Kern betonte, der Gemeinderat habe etwa den Bungalow-Bau am Südende der Ortsmitte Brunnthals gerne als zusätzliche Flüchtlingsunterkunft in die Planspiele mit einbeziehen wollen. Doch das Landratsamt habe die entsprechenden Pläne aus Gründen angeblich zu hoher baulicher Investitionserfordernisse abgelehnt. »Jetzt bringen wir dort eigene Brunnthaler Obdachlose unter, die gibt es ebenfalls in steigender Zahl«, nannte Kern eine dramatische Entwicklung auch auf Seiten der Einheimischen beim Namen.

Ärgerlich zeigen sich die Räte vor Ort auch mit Blick auf die Hofoldinger Flur. Hier müsse einiges an Neu- und Ersatzbauten geschaffen werden, ehe die Flüchtlinge auch einziehen könnten. »Das kann noch einige Zeit dauern«, so der Rathauschef. Man habe zuletzt deshalb verschiedene Angebote einer Unterbringung an unterschiedlichen Orten im Gemeindegebiet auch an den Kreis vermittelt. Die Reaktion dort sei überschaubar geblieben. Ein Vorwurf, den der Landrat nicht gelten lassen wollte. »Wir gehen jedem Angebot nach und prüfen es auf Eignung«, so Christoph Göbel. Ein ganzes Team sei darauf angesetzt. »Anderes könnten wir uns angesichts der Erfordernisse auch gar nicht leisten«.

Göbel nannte eindrückliche Zahlen, um die aktuelle Situation zu umreißen. 120 Millionen Euro Etat für Flüchtlinge, rund 9.000 Unterzubringende im Landkreis allein für 2016. »Wir haben bisher sieben Traglufthallen gebaut – es reicht dennoch nicht«. Göbel hatte schlechte Kunde im Gepäck. »In den kommenden Wochen müssen wir wohl neun Schulturnhallen schließen und für die winterfeste Unterbringung der Asylsuchenden vorbehalten.« Ein Ansinnen, das auch in Brunnthal heftigen Widerspruch erzeugte. »Auf dem Rücken der Kinder und der Steuerzahler« werde hier agiert, wandte ein verärgerter Bürger ein.

Auch seien mit Blick auf nahe Industrie- und leerstehende Gewerbekomplexe auf eigener Flur längst nicht alle Ressourcen genutzt, wandte ein anderer ein. »Hier gibt es bislang doch gar kein Angebot«, so Göbels Reaktion.

Zudem könne man auf Großflächen nicht einfach 1.000 bis 2.000 Menschen geballt unterbringen. Es gelte diese vielmehr in kleineren Kontingenten im Landkreis zu verteilen. Die Forderung einer Bürgerin, die Flüchtlinge aber ausreichend pädagogisch betreuen zu lassen, teilte auch der Landrat. Es gelte die Zusage des Landratsamtes, zeitnah eine pädagogische Fachkraft für Brunnthal zu stellen. Viel Arbeit übernehmen auch die ehrenamtlichen Kräfte. Anette Strauch von der Initiative »Weltoffenes Brunnthal« betonte die Bedeutung. Noch würden die sieben Ehrenamtlichen ausreichen. Angesichts der Zahlen aber sprach sich Moderator Georg Hauser vonseiten der Kirchengemeinde für einen größeren Hilfszusammenschluss aus vielen gesellschaftlichen Bereichen des Gemeindelebens aus. Eine Unterschriftenliste wurde bereits beim Info-Abend verteilt. Schnelles Handeln setzten die Bürger so einmal mehr den mitunter langwierigen Behördenentscheidungen entgegen.

Eine Gemeinde stellt sich ihrer Verantwortung. Ängste vor der Zahl der Flüchtlinge oder möglichem Wohnwerteverlust in der Nachbarschaft von Flüchtlingseinrichtungen blieben jedenfalls beim Infoabend in Brunnthal in der klaren Minderzahl. Vielmehr bekam Pfarrer Wolf für sein Plädoyer auf Menschlichkeit, Miteinander und Integration sehr viel Applaus. RedB

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