In Kürze ziehen in die Notunterkunft an der Vockestraße die ersten Asylbewerber ein / Turnhalle des Ernst-Mach-Gymnasiums wird wieder frei für Schul- und Vereinssport
Schon als vor etwas mehr als einem halben Jahr die erste Traglufthalle als Notunterkunft für Asylbewerber im Landkreis München eröffnete, wurde deutlich:
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Das Interesse der Bevölkerung ist groß. So auch am gestrigen Spätnachmittag in der Gemeinde Haar. Hier hatten Landratsamt und Gemeinde zur Besichtigung der mittlerweile siebten Halle im Landkreis eingeladen gekommen sind weit über 1.000 Bürgerinnen und Bürger.
Ein bisschen Fantasie mussten die Besucher allerdings mitbringen, um sich vorstellen zu können, wie hier in wenigen Tagen bis zu 300 Menschen leben werden. Während die Bürger ihre Runden durch die Halle drehten, arbeiteten die Handwerker noch mit Hochdruck an der Fertigstellung. Weite Teile der Inneneinrichtung fehlten daher auch noch, als Erste Bürgermeisterin Gabriele Müller und Ernst Weidenbusch, Stellvertreter von Landrat Christoph Göbel, die Gäste begrüßten.
Müller und Weidenbusch versuchten den Besuchern vor Augen zu führen, wie sich das Leben in einer solchen Traglufthalle gestaltet, welch große Nähe die Menschen, die zu sechst in kleinen Kabinen schlafen, aushalten müssen und dass es da verständlicherweise auch einmal zu Reibereien untereinander kommen könne. Müller bekräftige auch noch einmal, dass sämtliche Polizeieinsätze, die die Bürger in Zusammenhang mit der Turnhallenunterbringung am Ernst-Mach-Gymnasium beobachtet haben, auf Streitigkeiten unter den Bewohnern zurückzuführen waren; kein einziges Mal seien Haarer Bürger betroffen gewesen.
Applaus für ehrenamtliche Helfer
Einen großen Dank richteten die politischen Vertreter an den Helferkreis, der mit der Anzahl der Asylsuchenden in der Gemeinde immer weiter wächst und wichtige Aufgaben bei der Betreuung der Menschen übernimmt. »Ohne die Ehrenamtlichen wäre diese Aufgaben nicht zu schaffen«, merkte Weidenbusch an und forderte die Besucher zu einem kräftigen Applaus auf.
Ernst Weidenbusch dankte darüber hinaus der Gemeinde Haar, die den Flüchtlingen einen kostenlosen Internetanschluss zur Verfügung stellt, denn die Kommunikation mit Freunden und Familie in der Ferne sei für die Asylbewerber immens wichtig.
Aufgrund von Verzögerungen im Baufortschritt werden die ersten Asylbewerber frühestens Ende nächster, spätestens Anfang übernächster Woche die neue Notunterkunft beziehen können. Als erste werden die bisher noch in der Dreifachturnhalle des Ernst-Mach-Gymnasiums untergebrachten Asylbewerber dort Quartier beziehen. Die Turnhalle soll schon in Kürze wieder für Schulen und
Vereine zur Verfügung stehen. Sobald die Asylbewerber ausgezogen sind, wird die Halle geräumt und wieder für den Sportbetrieb hergerichtet.
Betreuung rund um die Uhr
In den klimatisierten Traglufthallen werden nach oben offene, separate Einheiten mit jeweils sechs Betten gebildet. Jede Einheit erhält Spinde, einen Tisch und Stühle. Darüber hinaus gibt es Speise- und Aufenthaltsbereiche sowie, wenn Kinder kommen, einen Spielbereich. Die sanitären Anlagen befinden sich in eigenen Containereinheiten innerhalb der Halle. Auch die Objekt- und Sozialbetreuung bekommt eigene Arbeitsräume. Die Halle verfügt darüber hinaus über ein Behandlungszimmer, in dem ärztliche Sprechstunden abgehalten werden können. Rund um die Uhr sind Objektbetreuer sowie Brandwachen anwesend, die sich um die Sicherheit der Bewohner und die technische Bedienung der Halle kümmern.
In der Traglufthalle stehen den Asylsuchenden außerdem Sozialbetreuer des Vereins »Hilfe von Mensch zu Mensch e. V.« als Ansprechpartner für alle Fragen des täglichen Lebens zur Verfügung. Von Montag bis Freitag wird tagsüber immer mindestens ein Mitarbeiter vor Ort sein. Die Verpflegung erfolgt über einen Caterer.
»Das ist es dem Landkreis wert«
Die Kosten für diese Art von Notunterkunft sind nicht gerade gering. Rund 390.000 Euro streckt der Landkreis jeden Monat für eine Traglufthalle vor darin enthalten sind die Miet- und Mietnebenkosten wie Strom und Heizung, Abfallentsorgung und Versicherung, das Catering und die Objektbetreuung. Einen großen Teil der Kosten erhält der Landkreis jedoch vom Staat zurückerstattet. Landratstellvertreter Ernst Weidenbusch betont: »Das ist es dem Landkreis wert und zwar über alle Parteigrenzen hinweg«. Denn die Traglufthallen seien zwar im Vergleich zu einer Notunterkunft in einer Turnhalle ungleich teurer, sie böten aber den Menschen wenigstens ein Fünkchen mehr an Privatsphäre und Lebensqualität.
Sechs Traglufthallen bereits in Betrieb
Obwohl es sich bei den Traglufthallen explizit um Notunterkünfte handelt, ist die Aufenthaltsqualität wesentlich höher als in einer Sporthalle, in der die Stockbetten oft nicht einmal durch Trennwände in kleinere räumliche Einheiten unterteilt werden können.
Im Juli 2015 war in Taufkirchen die erste Traglufthalle im Landkreis an den Start gegangen. Seit September ist die Halle in Neubiberg in Betrieb. Im Oktober kamen zwei weitere Notunterkünfte in Oberhaching und Unterhaching hinzu. Zum Jahresende wurden auch Hallen in Grünwald und Unterföhring eröffnet.