Der Countdown läuft: Drei Wochen noch, 21 Tage, dann ist in München wieder Ausnahmezustand. Doch so leichtfertig und flapsig darf man diesen Begriff im Zusammenhang mit dem Oktoberfest jetzt wohl nicht mehr verwenden. Denn das Letzte, was wir alle hier wollen, ist der behördliche Ausnahmezustand als Reaktion auf eine Bedrohungslage oder gar einen Anschlag.
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Münchner Oktoberfest: Bierpreise, Attraktionen, Termine Samstagsblatt-Redakteur Carsten Clever-Rott über gefühlte Unsicherheit Artikel vom 26.08.2016: So seh ich das!
In den vergangenen Tagen hat das Sicherheitskonzept der Stadt die Runde gemacht. Der Feriensenat des Stadtrats hat beschlossen, keine Rucksäcke und schweren Taschen zuzulassen. Kleinere Taschen sind erlaubt, bis zu einem Fassungsvermögen von drei Litern.
Das gesamte Festgelände wird abgesperrt und kann nur über die offiziellen Zugänge betreten werden. Damit soll verhindert werden, dass die Festbesucher die Taschenkontrollen umgehen. Der offene Zugang am U-Bahnhof Theresienwiese wird abgeschafft, auch hier finden Kontrollen statt. Die bislang offene Hangkante entlang der Theresienhöhe wird durch einen Sicherheitszaun geschlossen. Dieser Zaun hat viel Kritik ertragen müssen, vor allem, dass er im Notfall auch zu einer Todesfalle werden könnte. Die Hangkante soll jetzt mit einem flexiblen Zaun abgesperrt werden, der im Notfall innerhalb von einer Minute geöffnet werden können soll.
»Mit dem angepassten Konzept ziehen wir die Lehren aus den jüngsten Ereignissen, ohne den Charakter der Wiesn grundsätzlich zu verändern. Das notwendige Taschen- und Rucksackverbot kann nur durchgesetzt werden, wenn es keinen unkontrollierten Zugang auf die Wiesn gibt«, erklärt der Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft, Bürgermeister Josef Schmid mit Blick auf den Amoklauf vom 22. Juli und den Sprengstoffanschlag von Ansbach am 24. Juli. Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle ergänzt: »Gemeinsames Ziel war es, in dieser neuen Situation die Sicherheit auf dem Oktoberfest zu erhöhen. Das Verbot großer Taschen und Rucksäcke auf dem Festgelände ist dafür ein wichtiger Baustein. Absolute Sicherheit gibt es auf dieser Welt leider nicht.«
Das lässt sich tatsächlich nicht ausblenden, aber so lange es keinen konkreten Anlass für eine Gefahrenlage gibt, machen die Veranstalter mit den Vorbereitungen für das größte Volksfest der Welt weiter. So fand am Dienstag die Vorstellung des offiziellen Oktoberfest-Maßkruges statt. Dabei gab es erwartungsgemäß keine Überraschungen. Das Motiv ist wie üblich das Plakatmotiv, der Krug selbst ist ein einfacher Keferloher aus Steinzeug aus dem Kannenbäckerland im Westerwald, der Krug ist mit Zinndeckel (32 Euro) oder ohne (16 Euro) erhältlich. Der Zinndeckel zeigt das Bildnis des Schauunternehmers Carl Gabriel (1857 1931) und setzt somit die Serie »Münchner Originale« fort.
Die einzige Überraschung war dabei der Gastgeber der Präsentation, denn nicht der erkrankte Wirtschaftsreferent Josef Schmid begrüßte die Gäste mit launigen Worten, sondern sein Stellvertreter Kurt Kapp. »Wenn Josef Schmid diesen Termin nicht machen kann, muss er richtig krank sein«, flachste Kapp und richtete gleichzeitig die ernstgemeinten Genesungswünsche nach Allach, wo Schmid zu Hause ist. Der beliebte Wiesn-Krug hat heuer eine Auflage von 70.000 Stück. Das ist besonders für die Sammler wichtig. Seit 1978 gibt es die offiziellen Wiesn-Krüge, der aktuelle ist also Nummer 39. Wer alle zusammen hat, nennt eine Sammlung im Wert eines niedrigen vierstelligen Betrages sein eigen, weiß Kapp.
Tradition ist es mittlerweile auch die Krugrede, diesmal gehalten von der Kabarettistin Franziska Wanninger. Sie stellte sich vor, was denn so die »typischen Personengruppen« zum Oktoberfest zu sagen hätten. Zu Wort kamen die Touristin, der Preiß, die Bedienung, das Lifestyle-Girl, der Italiener, die Klodame und nicht zuletzt der Münchner. Es war ein kurzweiliger Parforceritt durch eine Gesellschaft, die ihre liebenswerten Macken pflegt.
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass jeder was am Oktoberfest auszusetzen hat. Dennoch wünschen wir uns in diesem Jahr eines unbedingt: dass die Wiesn so wird wie in den letzten Jahren. Oder wie es Dieter Reiter am 17. September um 12.01 Uhr sagen wird: »Ozapft is! Auf eine friedliche Wiesn!«
Von Carsten Clever-Rott