Liebe Münchnerinnen und Münchner! Der Todestag von Karl Preis, ehemaliger Münchner Stadtrat, Wohnungsbaureferent und Gründer der GEWOFAG, jährt sich dieses Jahr zum siebzigsten Mal. Für mich ein Grund an den Vordenker des sozialen Wohnungsbaus zu erinnern.
Aktuelle Kolumne von Claudia Tausend (SPD) Bundestagsabgeordnete Wahlkreis München Ost
1884 geboren, trat er mit 33 Jahren in die SPD ein und wurde drei Jahre später 1920 in München berufsmäßiger Stadtrat für die Wohnungswirtschaft. Das Wohnungselend nach 1918 ist heute kaum mehr vorstellbar: Tausende von Familien mussten auf engstem Raum hausen, oft nur in einem einzigen Zimmer und meistens ohne sanitäre Anlagen. Inflation und Wirtschaftskrise mit Massenarbeitslosigkeit 1922/23 taten ihr Übriges.
Nach einem von ihm im Juni 1926 vorgelegten ersten »Münchner Sonderbauprogramm« plante er ganz konkret, wie in kurzer Zeit 12.000 Wohnungen neu entstehen könnten. Daraufhin gründete der Münchner Stadtrat 1928 die »Gemeinnützige Wohnungsfürsorge AG«. Denn, so formulierte Preis es in der Einleitung: »Die Wohnungsfrage ist die brennendste aller sozialen Fragen«. Zwischen 1928 und 1930 wurden unter Karl Preis dann tatsächlich 11.000 Wohnungen gebaut. Der soziale Wohnungsbau der GEWOFAG setzte einen neuen Standard: Alle Wohnungen verfügten über Bad und Toilette, was damals nicht selbstverständlich war. Indem er die Infrastruktur von Einzelhandel, Handwerkern, Schulen und Kirchen, Kindergärten und Gastwirtschaften mitbedachte, erfand er einen damals in ganz Deutschland einzigartigen Weg.
Als die Nazis das Münchner Rathaus besetzten, enthoben sie Karl Preis aller seiner Ämter. Er zog sich nach Murnau zurück. Nach dem Krieg allerdings erhielt er ziemlich schnell einen Brief von Oberbürgermeister Scharnagl: »Lassen Sie uns nicht im Stich. Wir brauchen jede Kraft«. Preis ließ sich nicht lange bitten. Er packte als Wohnungs- und Wiederaufbaureferent in München an und legte ein Fünf-Punkte-Programm vor, bei dem die Schutträumung und rascher Wiederaufbau der zerstörten Stadt im Vordergrund standen. Ein Jahr später, am 9. Mai 1946, verstirbt Preis mit 61 Jahren viel zu früh an Gelbsucht.
Sein beeindruckendes Lebenswerk, sein unermüdlicher Einsatz für die Schwächsten in der Gesellschaft und sein Pionierwerk für den Wohnungsbau haben dafür gesorgt, dass der Name Karl Preis bis heute untrennbar mit München verbunden ist. Viele der damaligen Probleme und die Lösungen von Karl Preis haben nichts von ihrer Aktualität verloren: Wir haben auch heute noch zu wenig bezahlbaren Wohnraum und wir Münchner Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten arbeiten heute noch mit Hochdruck dieses Problem zu lösen. Die Landeshauptstadt München gab im Jahr 2015 für den Erwerb von Grundstücken und Immobilien 394 Millionen Euro und für den Neubau von Wohnungen 210 Millionen Euro aus. Karl Preis hätte also auch heute, 70 Jahre nach seinem Tod, genügend zu tun. Ich werde alles tun, seinem Vorbild, seinem Anspruch gerecht zu werden.
Die Ausstellung über das Leben und Wirken über Karl Sebastian Preis ist noch bis 13. Oktober in der Hauptverwaltung der Gewofag an der Kirchseeoner Straße 3 zu sehen.
Ihre Claudia Tausend