Seit rund 110 Jahren gibts den Elisabethmarkt in Schwabing. Eine lange Zeitspanne, in der das kleine Karree zwischen Elisabeth- Nordend- und Arcisstraße nicht nur Generationen von Anwohnern als kleines Lebensmittel- und Schmankerlparadies ans Herz gewachsen ist.
Die altmodischen »Standerl« und hemdsärmeligen Kontakte sind noch ein liebenswerter Gegenpol zu den unpersönlichen Supermaktketten und atmen in ihrer Unvollkommenheit ein wenig von dem Charme, den man in südlichen Urlaubsländern so schätzt. Allein: Wir sind in München, wo auch das viel zitierte »Leben und leben lassen« seine Ordnung haben muss. Und so gab das »Planungsteam der Markthallen München« vor rund eineinhalb Jahren ziemlich überraschend bekannt, dass man nun beantragt habe, »Lebensmittelhygiene, Statik und Arbeitsschutz auch am Elisabethmarkt auf den neuesten Stand« zu bringen.
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Und seither geht es hin und her. Nun solle nämlich eine neue Feuerwehrdurchfahrt an dieser Oase geschaffen werden, der dann vier Marktstände und ein Viertel der Fläche zugunsten des benachbarten Stadtwerke-Areals zum Opfer fielen. Geplant sei auch, die Häuschen zu den Kunden hin zu orientieren. Stände in zweiter Reihe soll es nicht mehr geben. Die Kühl- und Lagermöglichkeiten würden deutlich verbessert und erstmals wären ordentliche Toiletten vorgesehen.
Laut Kommunalreferat sei dies mit den Händlern abgesprochen und werde mit großer Mehrheit auch von Privatleuten begrüßt. »Stimmt so nicht«, sagt der Anwohner Hubertus von Medinger, Schrittmacher einer Schwabinger Bürgerinitiative, die das Vorhaben verhindern will. Ein Großteil der Betroffenen sei überhaupt nicht befragt worden, so ein Argument, und wenn, dann nur zu zwei Varianten eines Totalabrisses und nie zur Möglichkeit einer behutsamen Sanierung.
Großen Wirbel löste zudem die Behauptung aus, dass »Hygiene und Brandschutz den Abriss unumgänglich« machten. Nicht nur, dass dies Experten schon beim Markt am Wiener Platz so überzeugend widerlegten, dass Bürgermeister Dieter Reiter das Vorhaben stoppte. Erst in jüngster Zeit machte die Runde, dass das Stadtwerke-Areal von der Stadtsparkasse gekauft wurde, die dort 200 Wohnungen sowie eine Kindertagesstätte mit Spielplatz errichten will und Tiefgaragenplätze benötigt.
Daran mag auch nichts auszusetzen sein. Dennoch bleibt die Frage, warum man dann das Wohngelände nicht tiefer unterkellert und stattdessen ein Drittel des Marktes wegreissen möchte.
Wie auch immer: Tatsache ist, dass die geplante Neugestaltung die hygienischen Verhältnisse, den Komfort und vieles mehr verbessern würde. Klar ist aber auch, dass die aktuelle Konstellation für neun Händler das Aus bedeuten würde. Und dass einige von ihnen, die für Jahre auf einen provisorischen Markt zwischen Berufsschule und Elisabethpark ausweichen müssten, an ihre wirtschaftlichen Grenzen stoßen würden. Dass sich die Anmutung des alten Marktes verändern und den sattsam bekannten Plätzen und Fressmeilen mit Standard-Blumenbeeten, Betonkübeln, Fahrradständern und Fußgängerzonen-Flair angleichen würde, steht ausser Frage.
Laut eigener Aussage liegen Hubertus von Medinger schon über 13 000 Unterschriften und mehr als 1500 Internet-Stimmen gegen den geplanten Abriss vor. Und noch immer befindet sich die Stadt in der Prüfungsphase. Die neuesten Aufschlüsse sollte nun Anfang Oktober die Bürgerversammlung Schwabing West in der unbeheizten Kreuzkirche bringen, wo so viele der 350 Teilnehmer vor der Kälte flüchteten, dass am Ende nur noch 50 Abrissgegner übrig waren. Entsprechend wurden deren Anträge, 16 an der Zahl, allesamt befürwortet. Ob dieses Ergebnis jedoch das gesamte Schwabing, oder gar die vielen anderen Münchner, die den Elisabethmarkt lieben, repräsentiert, darf unter diesen Umständen zumindest angezweifelt werden.
Die Würfel sind jedenfalls noch immer nicht gefallen. CSU-Stadträtin Evelyne Menges regte zu einer Infoveranstaltung an, bei der alle Karten nochmals auf den Tisch kommen sollten.
Im Frühjahr 2019 sollen die Umbauarbeiten starten, doch eine Lösung scheint noch lange nicht in Sicht. Hoffentlich wird das Thema Elisabethmarkt nicht zur »unendlichen Geschichte «