Am Schilcherweg in Harlaching herrscht bislang eine Aura der Abgeschiedenheit. Großzügige Einfamilienhäuser prägen den Gartenstadtcharakter. Das könnte sich allerdings nun bald ändern.
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Denn hier plant der Freistaat Bayern auf einem ehemaligen Forsthausgrundstück die Unterbringung von Asylsuchenden. Genauer gesagt, will das Land Bayern im Schilcherweg Wohnhäuser für anerkannte Flüchtlinge und weniger begüterte Mieter errichten. Im örtlichen Bezirksausschuss Untergiesing-Harlaching hofften einige der angestammten Anwohner deshalb zuletzt auf Unterstützung, damit das aus ihrer Sicht ungeliebte Projekt am Ende doch noch abgelehnt würde. Doch sie hatten die Rechnung ohne die Mehrheit im Stadtteilgremium gemacht.
Mit knapper Mehrheit von 11:9 Stimmen überstimmten die Fraktionen der SPD und der Grünen die CSU und votierten für das Projekt. Die Christsozialen hatten ihre eigene Ablehnung zuvor freilich nicht mit gesellschaftspolitischen Erwägungen begründet sondern mit der vor Ort hierfür fehlenden Infrastruktur. Doch die Mehrheit zeigte sich ganz offensichtlich überzeugt von den Argumenten der Vertreter der Regierung von Oberbayern, die das umstrittene Projekt zuvor im BA vorgestellt hatten.
Bei der Regierung von Oberbayern wird der Schritt zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für finanziell schwächer Gestellte auf Harlachinger Terrain entschieden verteidigt. Baudirektor Peter Mayer vonseiten der Regierung Oberbayerns begründete das Projekt vor allem mit dem entsprechenden Wohnungspakt, der im vergangenen Jahr in der Hochphase der Flüchtlingsströme begründet wurde und die Schaffung von derartigen Arealen gerade auf staatlichem Grund explizit vorsieht. Dabei wurde nach Absprache zwischen Land und Kommunen ein Mix verabredet. Rund 70 Prozent der neu geschaffenen Wohnflächen sollen für Flüchtlinge vorbehalten werden, die im Rahmen abgeschlossener Asylverfahren anerkannt wurden. 30 Prozent der Flächen steht den jeweiligen Kommunen für die »eigene« Bevölkerung zur Verfügung. Dieser Mix soll jetzt auch am Schilcherweg greifen. Am Schilcherweg sollen im Zuge dessen jeweils rund 45 bis 50 Quadratmeter große Wohneinheiten geschaffen und für diese beiden Gruppierungen angeboten werden.
Im Detail sollen ab Mitte des kommenden Jahres voraussichtlich 42 Bewohner in insgesamt elf Wohneinheiten der beiden neuen, zweigeschossigen Häuser einziehen. Planungen, die aus Sinn des Freistaates und der Stadt unbedingt Sinn machen, riefen im Bezirksausschuss heftigen Protest vieler anwesender Anwohner aus. Von Facetten wie »unglaubliche Wertminderung« bis »Enteignung« reichten die erbosten Zwischenrufe. Zudem sei die Umgebung aus Sicht vieler Anwohner infrastrukturell gar nicht geeignet für die Unterbringung »so vieler Menschen«. Anwohner äußerten Bedenken über den keinesfalls ausreichenden Parkraum vor Ort ebenso wie solche wegen fehlender Einkaufsmöglichkeiten. Eine Argumentation, die besonders im Tenor der SPD-Beiträge als Scheingefechte beurteilt wurden. Man müsse vielmehr auf die neuen Nachbarn »zugehen«, befanden die SPD-Mandatare Christa Knappik und Wilhelm Hanseder. So könne man auch mit gemeinsamen Gartenfesten künftig Brücken für ein funktionierendes Miteinander bauen. »Totfeiern des Problems«, lautete die Replik des BA-Vorsitzenden Clemens Baumgärtner (CSU) hierzu.
In dieser Umgebung finde eben ausgerechnet nicht jenes öffentliche Leben statt, das eine Intergration gerade der anerkannten Flüchtlinge erleichtere. Unterstützung
erhofft man sich seitens der Christsozialen jetzt von höherer Stelle. Der Anwalt Michael Kuffer (CSU) sitzt seit 2008 im Stadtrat und will die Bedenken der Anwohner erneut prüfen und womöglich auch auf das Beratungstableu im Stadtrat hieven. Allzu viele Möglichkeiten sah Kuffer im BA aber nicht. Hier handele es sich wohl vor allem um ein »Geschäft der laufenden Verwaltung«, das dann ohne Beteiligung des Stadtrates vollendet werde.
Auch Stadtrat Michael Kuffer verwies auf jenen Wohnungspakt, der die Verhältnisse jetzt auch am Schilcherweg verändern könnte. RedH