Es hat sich im ablaufenden Jahr einiges getan in der Münchner Innenstadt-Kulturszene: Neue, renommierte Personen übernahmen die Leitung wichtiger Kulturbetriebe. Andere, nicht weniger bekannte und beliebte, verließen die Landeshauptstadt, um sich neuen Aufgaben zu widmen.
Jahresrückblicke der Münchner Wochenanzeiger
Themenseite Jahresrückblicke : Jahresrückblicke für alle Bewohner der Stadtviertel im Verteilungsbereich der Münchner Wochenanzeiger
Im Zentrum sind nicht nur die meisten bekannten Bühnen beheimatet, auch viele Künstler haben sich hier mit ihren Ateliers angesiedelt.
ROCKnROLL in und vor schöner Kulisse - Das kulturelle Leben mitten im Herzen von München ist so frisch wie nie
In den vielen neuen Clubs und Bars an der Sonnenstraße und rund um den Gärtnerplatz tanzt Wochenende für Wochenende »die Szene«. Kurz: Das Zentrum rockt wieder!
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Viel Wirbel gab es um das Deutsche Theater an der Schwanthaler Straße. Lange Zeit musste die teilweise marode, aber beliebte Musicalbühne um ihre Zukunft bangen. Die Landeshauptstadt »kann die Investitionskosten von 140 Millionen Euro nicht tragen«, erklärte das Kommunalreferat Anfang 2004. Erst im Oktober dann Hoffnung:
Bis 2007 ist die Zukunft des Theaters gesichert, so lange wird die Stadt Träger des Theaters bleiben. Bis dahin soll ein Investor gefunden werden, der das Theater 25 Jahre weiter betreiben soll. Definitiv nicht mehr dabei sein wird dann Heiko Plapperer-Lüthgarth, der Geschäftsführer des Theaters. Der 60-Jährige hatte die Geschäftsführung vor rund 30 Jahren von seinem Vater übernommen. Nachfolgerin Lüthgarths wird die 42-jährige Andrea Friedrichs, die bisher Geschäftsführerin des Düsseldorfer Capitol-Theaters ist.
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Im Herbst übernahm der 45-jährige Christian Thielemann die Leitung der weltbekannten Münchner Philharmoniker. Der Berliner, angeblich größtes Talent seiner Zunft, löste damit James Levine ab, der den 1996 verstorbenen Sergiu Celibidache nie so richtig vergessen machen konnte. Thielemann, der bevorzugt deutsche Komponisten dirigiert, feierte Oktober sein umjubeltes Debüt in München.
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Im Mai wurde die Ausstellung »München wie geplant« im Stadtmuseum eröffnet. Sie zeigt an Hand unzähliger alter Stiche, Bilder, Bauplänen und Modellen die Geschichte der Münchner Stadtentwicklung von 1158 bis 2008. Diskussionen mit früheren Entscheidungsträgern wie etwa Hans-Jochen Vogel lockten zahlreiche Münchner ins Stadtmuseum am Jakobsplatz. Bis Mai 2005 kann die beeindruckende Ausstellung noch besichtigt werden.
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Das Pinakotheken-Viertel wächst weiter: Nachdem die Pinakothek der Moderne von der Münchner Bevölkerung rege besucht wird, baut der Freistaat an der Türkenstraße im kommenden Jahr bereits den vierten Pinakotheken-Bau. In der »Sammlung Brandhorst« sollen Werke der bedeutendsten Künstler der Moderne zum Beispiel Pablo Picasso oder Andy Warhol ausgestellt werden. Zwar gefällt das geplante Gebäude vor allem dem Bezirksausschuss nicht besonders, aber dennoch freute sich BA-Vorsitzender Klaus Bäumler (CSU) während der Bürgerversammlung im November: »Das Museum wird in jedem Fall eine schöne Erweiterung darstellen.«
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Seit Mitte der neunziger Jahre ist der Königsplatz Münchens schönste Location für Open-Air-Konzerte. Jedoch dürfen dort, laut Stadtratsbeschluss, nur einige wenige »hochqualitative kulturelle Veranstaltungen« im Jahr stattfinden. Im März sorgte das Verbot eines für den Juli geplanten Konzertes der Rockabilly-Band »Dick Brave & The Backbeats« für Wirbel. Der Konzertveranstalter beschwerte sich darüber, wieso etwa der Auftritt von Lenny Kravitz oder »REM« auf dem Königsplatz erlaubt wurde, der von Dick Brave aber verboten werden solle. OB Ude sprach schließlich ein Machtwort das Konzert fand statt. Weniger Erfolg hatten allerdings die bayerischen Bierbrauer, die 2005 ihr Jubiläumsfest drei Tage lang auf dem Königsplatz feiern wollten. Dies wurde mit dem Hinweis auf den schon genannten Stadtratsentschluss verboten. Nun soll eine neue Regelung erarbeitet werden, wann Veranstaltungen auf dem Königsplatz verboten oder erlaubt werden sollen.
ISAR-FREUDEN, Big Brother und der STACHUS - Im Zentrum Münchens wird Politik gemacht im Kleinen wie im Großen
Das Münchner Zentrum war auch 2004 das Viertel, in dem Politik gemacht wurde.
Das Rathaus am Marienplatz ist seit jeher Sinnbild für die Münchner Politik, doch auch außerhalb des Rathauses wurden im Laufe des Jahres in der Altstadt, dem Lehel und der Maxvorstadt zukunftsweisende Entscheidungen für die jeweiligen Viertel, aber auch für die ganze Stadt getroffen. Rats- und BA-Mitglieder, Vertreter von Vereinen und Verbänden und engagierte Bürger diskutierten, stritten und entschieden unter anderem über folgende Themen und Projekte
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Ein ganz neues Gesicht soll in wenigen Jahren schon das kilometerlange Areal zwischen Hauptbahnhof und Pasing bekommen. Entlang der Bahnstrecke entstehen gerade, nach jahrelangem Streit um Bedarf und Investoren, die sogenannten »Neue Adressen«. Im April wurden die Pläne für das sogenannte »Quartier Luft« vorgestellt, es soll rund 850 Wohnungen und 4.300 Arbeitsplätze beherbergen.
Im September wurde der erste Spatenstich für den Park im Arnulfpark
getätigt und der erste Baum durch OB Christian Ude gepflanzt. Der Park wird Bestandteil der Bundesgartenschau 2005 sein. Und während die Bauarbeiten zum neuen Stadtviertel vorangehen, stritten sich BA und Stadtrat einige Monate lang um die Benennung einer Straße im Arnulfpark. Am Ende konnte sich der BA durchsetzen: Die neue Straße entlang der Bahntrasse zwischen Bernhard-Wicki-Straße und Donnersbergerbrücke wird nach der Schauspielerin und Schriftstellerin Erika Mann (1905 1969) benannt.
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Ganz in der Nähe zum neuen Stadtviertel, an der Hackerbrücke, möchte die Stadt einen neuen Zentralen Omnibusbahnhof bauen. Bis zur Fußball-WM 2006 sollte der ZOB fertig gestellt und in Betrieb genommen sein. Doch daraus wird wohl nichts: der für Juli vorgesehene erste Spatenstich ist nie erfolgt und Kommunalreferats-Sprecherin Silke Pesik erklärte dem Wochenanzeiger im Dezember, dass »das Fertigstellungsdatum nicht zu halten« sei.
Der vorgesehene Investor, die »Gesellschaft für Grundstücksentwicklung AG« (GEAG) habe Schwierigkeiten mit einem geplanten Hauptnutzer. Bereits im Januar berichteten wir über Merkwürdigkeiten beim Investor.
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»Die Isar ist wilder und natürlicher denn je«, konnte der bayerische Umweltminister Werner Schnappauf im Juni stolz verkünden.
Von der Großhesseloher Brücke bis zur Museumsinsel präsentiert sich der Münchner Stadtfluss wieder in einem natürlichen Flussbett, so wie zuletzt vor mehr als 150 Jahren. Spätestens im kommenden Jahr, pünktlich zur Bundesgartenschau, wird auch das Baden in der Isar wieder empfohlen werden, versichern Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamts München. Schon in diesem Sommer konnten sich allerdings die ersten Badegäste davon überzeugen, dass das Baden in einem Wildfluss ein gänzlich anderes Vergnügen ist als in einem Baggersee.
Denn freigegeben für Badende wurde »die Reißende« bereits in diesem Jahr.
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Ein politischer Dauerbrenner im Münchner Zentrum ist der überfällige Umbau des Stachus-Untergeschosses.
Im Juni begann die unbedingt notwendige Erneuerung der Brandschutzanlagen.
Da für den Umbau des Einkaufszentrums trotz europaweiter Ausschreibung allerdings bis zuletzt kein geeigneter Investor gefunden werden konnte, übertrug die Stadt im Dezember das Gebäude an die Stadtwerke München.
Diese wollen nun den größten unterirdischen Gebäudekomplex Europas für rund 70 Millionen Euro modernisieren.
Bis 2010 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Befürchtungen der CSU, dass die Stadtwerke die Sanierungskosten an den Endverbraucher umlegen könnte, kommentierte OB Christian Ude als »völlig daneben«.
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Im Mai präsentierte Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) die neuen und umstrittenen Überwachungsmaßnahmen für das Münchner Zentrum.
Am Bahnhofsvorplatz, Stachus-Rondell und Marienplatz werden seitdem laufend alle Bürger von hochmodernen Videokameras überwacht.
Nach sieben Tagen würden die Aufzeichnungen von unbescholtenen Bürgern wieder gelöscht, erklärte der Innenminister zur Einführung der Maßnahmen. Beckstein verspricht sich dadurch eine Reduzierung der Kriminalitätsrate um rund 60 Prozent. Ende Mai 2005 soll das Projekt analysiert und über eine mögliche Fortsetzung entschieden werden.