Veröffentlicht am 29.12.2004 00:00

Das war 2004


Von red

Mit Schläger, Rollstuhl oder Tanzbein im Gepäck – die Sportler aus dem Münchner Norden messen sich gerne auch auf internationalem Parkett und fuhren heuer einige Erfolge ein. Von Championsleague, Goldmedaillen, Siegertreppchen, ersten, zweiten und dritten Kräften.

Jahresrückblicke der Münchner Wochenanzeiger

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SPORTLER in München sammelten heuer ausgiebig viele Titel - Überall nur volle Trophäenwände

»Wir sind die dritte Kraft in München«, verkündete Milbertshofens Juniorenfußballleiter Willi Gerlach noch im Januar.

Selbstbewusst gab man sich – zurecht, holten die Nachwuchskicker doch gleich zwei Stadtmeistertitel. Die A- und B-Junioren können sich Stadtmeister nennen, F- und C-Jugend wurden Vizemeister und D- und E-Jugend belegten hervorragende vierte Plätze. Damit war der größte Erfolg der Vereinsgeschichte komplett gemacht. Kleiner Wermutstropfen: Die »großen Brüder« TSV 1860 München und FC Bayern waren erst gar nicht zum Vergleich angetreten.

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Mit deutlich mehr Wagemut zeigten sich dagegen Münchens Rollstuhlfahrer. Schließlich verlangt die noch junge Sportart Rollstuhl-Rugby, seit kurzem sogar olympische Disziplin, von den schwerbehinderten Leistungssportlern extremen Rollstuhlkontakt ab. Da geht es heftig zur Sache auf den 28 mal 15 Meter großen Spielfeldern – und auch hier ist der TSV Milbertshofen ganz vorne mit dabei. Bis auf Platz drei der Champions-League schafften es die »Munich Rugbears« heuer und behaupteten damit auch auf internationalem Parkett ihren Spitzenplatz unter den deutschen Sportlern.

Artikel zu den Spielen der Munich Rugbears

Munich Rugbears Themenseite zur Rollstuhl-Rugby Mannschaft aus München.

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Einen Spitzenplatz sicherten sich auch die jungen Tänzerinnen der Oberschleißheimer Tanzformation »Teenies« in diesem Sommer. Mit ihrer Qualifikation für die Show-Tanz-Weltmeisterschaften in Halle an der Saale sorgten die elf- bis 17-jährigen Sportlerinnen bereits für eine kleine Sensation. Doch auch als es ums Ganze ging zeigten sie erst recht stählerne Nerven und famose Begeisterung. Das ideale Rezept zum Traumergebnis: Platz zwei für die »Teenies«. Der erste Vize-Weltmeistertitel wurde natürlich gebührend gefeiert: Standesgemäß begrüßten TSV-Vorstand Emil Köbele und Tanzsport-Fans die junge Gruppe um Trainerin und Choreographin Ingrid Mark mit einem meisterhaften Empfang auf dem Bürgerplatz.

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In Weltmeisterstimmung waren die Hasenbergler auch einmal gewesen. Und das Wunschkind dieser Zeit feierte heuer seinen 50. Geburtstag. Dem runden Anlass widmete der Traditionsverein TSV 1954 ein zweiwöchiges Festprogramm mit einem klaren Hauptdarsteller. Väterchen Fußball hatte das Geschehen fest im Griff, wie bereits zur WM 1954.

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Den Tennisschläger fest im Griff hatte heuer Kristina Brummer. Mit nur zwölf Jahren hat es die Echingerin bereits zu Tennisruhm gebracht. Als frisch gebackene oberbayerische Meisterin in der U12-Klasse fegte der Nachwuchscrack vom SC Eching im Jahr 2004 nahezu jede Gegnerin vom Platz.

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Über den Platz fegte im Sommer indes Caroline Casaretto. Mit ihrem Hockey-Schläger sorgte die 26-jährige Krefelderin mit Wohnsitz in Milbertshofen für ein weiteres Sporthighlight im Münchner Norden. Mit einem 2:1-Erfolg gegen Angstgegner Niederlande holte sich Caroline mit der deutschen Hockey-Nationalmannschaft die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Athen. Ihre Erfahrung aus Olympia und Bundesliga gibt die Studentin inzwischen beim Münchner SC als Nachwuchstrainerin an die ganz Kleinen weiter. Nicht weiter gegeben wird dagegen die Goldmedaille – die bleibt brav an der Trophäenwand hängen!

Der Norden entdeckt GEMEINSCHAFTSGEFÜHLE und NACHWUCHSSTARS - Spagat zwischen Tradition und Klischee

Kultur zu beleben heißt nicht selten vor allem: Den Spagat wagen! So bog sich auch der Münchner Norden. Zwischen Tradition und Innovation auf der einen, zwischen koketter Adaption, etwa von TV-Sendungen, und gewagter Präsentation auf der anderen Seite. Ein bunter Norden 2004 – mit Fortsetzungsgarantie.

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Kopfstehen war angesagt im Milbertshofener Frühling. Dabei gings im bunten Stadtteil schon zum zweiten Mal richtig rund, denn nach dem Erfolg des ersten Aktionstags 2003 war die Neuauflage quasi obligatorisch. Viel Programm, viele tolle Preise und eine groß angelegte Spendenaktion lockten auch heuer wieder viele Besucher zu dem ganz heimischen Spektakel an.

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Spektakulär gings wenige Wochen drauf auch im Hasenbergl zur Sache. Dabei ließ schon der Titel unter dem das 40. Bürgerfest stattfand erahnen, worums ging: »München kommt ins Hasenbergl«. Hauptattraktion des vielfältigen Unterhaltungsprogramms war das Casting-Remake von RTLs »DSDS« mit leicht abgewandeltem Titel: »Hasenbergl sucht den Superstar«, stilecht mit Promi-Jury – sogar Schlagersänger Gus Backus und Günther Sigl (Spider Murphy Gang) fachsimpelten fleißig mit – und einem Plattenvertrag als Hauptpreis. Den holte sich zielstrebig Ute Kaiser aus Erding. Sie setzte sich in der Endausscheidung mit kraftvoller Stimme und selbstbewusstem Auftreten durch. Das gab’s selbst im Fernsehen noch nicht, dass eine Rollstuhlfahrerin den Popstar-Thron erklimmen durfte.

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Sich durchzusetzen ist im Alleingang nicht immer möglich – und genau dort schafft Natalie Doublet mit dem Patenschaftsprojekt »Nordlicht« bei Bedarf Abhilfe. Da wird der gestressten türkischen Familienmutter geholfen, dank der Hilfe einer Nachbarin ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. Oder eine Studentin vermittelt, die im Rahmen ihrer Patenschaft mit einer 80-jährigen Witwe spazieren geht und telefoniert, damit diese auch außerhalb der Familie eine Kontaktperson hat. Unter dem Musketiere-Slogan »Einer für alle, alle für einen!« läuft das ehrgeizige Projekt unter dem Verein Euro-Trainings-Centre bereits seit März – mit großem Zuspruch.

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Ein wenig länger findet da eine andere Einrichtung bereits Zuspruch: Seit genau 100 Jahren sorgt der Zither-Verein Riesenfeld für regelmäßige traditionelle Musik- und Konzertaufführungen. Das runde Jubiläum wurde natürlich passend gefeiert. Mit einem großen Konzertabend, vielen Gästen, Freunden und Gönnern des Vereins. Kein Wunder, dass die Karten für die Jubiläumsveranstaltung nur allzu schnell ausverkauft waren. Nicht zuletzt ist für kommendes Jahr eine Neuauflage geplant – frei nach dem Motto: »Man wird nicht jedes Jahr 100.«

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Der Grat zwischen Tradition und Klischee ist in manchen Fällen allerdings ein denkbar schmaler. So schmal mitunter, dass es eines Wachrüttelns bedarf. Und wer rütteln will, muss mit starken Aktionen aufwarten – so wie der Berliner Videokünstler Sven Mundt, der im Oktober durch das Projekt »Bunnyhill« der Münchner Kammerspiele aufräumen wollte mit den »Hasenbergl-Klischees«. Spontane Antworten auf unbequeme Fragen vor laufender Kamera galt es für die freiwilligen Teilnehmer zu bestehen. Dabei ging es nicht um den Stadtteil – vielmehr wurde durch die vielen persönlichen Biografien ein ganz intimes Bild vom »Hasenbergl« gezeichnet.

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