Plötzlich ist es da, das Kratzen im Hals, das Drücken im Kopf, der Hustenanfall, die Atemnot. Kinder und Alte würde man am liebsten sofort von der Straße holen und zu Verwandten aufs Land schicken. Der Feinstaub geht um. Seit Ostersonntag sorgt er für Symptome und Hysterie in der Bevölkerung. Was ist passiert? Gar nichts, eigentlich. Außer, dass seit 1. Januar eine EU-Richtlinie greift, die seit sechs Jahren die höchstzulässige Konzentration von Feinstaub festlegt.
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Und Münchens Bürger in Aufregung versetzt: Endlich muss etwas passieren! Feinstaub, das unsichtbare, krebserregende Gespenst. Wem die Partikel urplötzlich Kopfschmerzen bereiten, dem dürfte der folgende Überblick die Kehle zuschnüren: Die Gefahr lauert in unserer schönen Stadt nämlich nicht nur im Feinstaub...
Wer beispielsweise glaubt, im Englischen Garten kann man sich unbeschwert entspannen, der irrt: Des Menschen bester Freund, das Zamperl, sorgt im Englischen Garten nämlich für Bakterienalarm. 3.000 Hunde verrichten hier täglich ihr Geschäft und hinterlassen dabei 450 Kilo Hundehaufen, die durchsetzt sind mit Koli-Bakterien, Schimmelpilzen und Hefen. Menschen, die auf den Hunde-Wiesen relaxen, leiden danach möglicherweise nicht nur unter Sonnenbrand, sondern auch an Darmerkrankungen.
Krank werden Großstädter auch durch die so genannte Lichtverschmutzung per Skybeamer, Flutlichtanlagen, illuminierte Gebäude und angestrahlte Kirchturmspitzen. Wenn die Nacht zum Tage wird, bekommen Menschen Schlaf- und Herzrhythmusstörungen, Depressionen und die innere biologische Uhr beginnt verrückt zu spielen. Dazu kommt, dass uns Skybeamer nicht wie die Sterne den Weg zu unseren Liebsten weisen, sondern nur noch den in die nächste Großraumdisco. Wo wiederum jede Menge Gefahren lauern...
Gnade auch dem, der sich mit Weihwasser bekreuzigt: Zuweilen enthält das heilige Nass einiger Münchner Kirchen so viele Keime, wie sie sonst nur in verdorbenen Lebensmitteln zu finden sind. Das fand das Bayerische Fernsehen bei Stichproben-Untersuchungen heraus. Wie der Teufel sollte man also angesichts der Staphylokokken, Rädertierchen, Würmer, Hautfetzen, Fäkalbakterien und Reste menschlicher Exkremente das Weihwasser meiden.
Doch nicht nur stille Wasser, auch laute Straßen bedrohen die Gesundheit der Münchner: Das tägliche Quantum Lärm, dem Großstädter ausgeliefert sind, hat sich in den vergangenen hundert Jahren nahezu versiebenfacht, schrieb der kanadische Klangforscher Murray Schafer in seinem Buch The Tuning of the World. Mehr noch: Das Getöse wird jährlich um ein halbes Dezibel lauter. Heutzutage fühlen sich nach Angaben des Umweltbundesamtes über zwei Drittel aller Bundesbürger von Verkehrslärm belästigt, mehr als dreizehn Millionen erdulden einen dauerhaften Lärmpegel von über 65 Dezibel ein Wert, der das Herzinfarktsrisiko steigert. Weitere mögliche Folgen sind erhöhter Blutdruck, Magengeschwüre, Schlafstörungen und Depressionen.
Auch beim Feiern begibt man sich möglicherweise in Todesgefahr: Man denke an das Attentat auf der Wiesn am 26. September 1980, als ein Rechtsradikaler 13 Menschen in den Tod riss. Oder an die folgenschwere Geißelnahme bei den Olympischen Spielen 1972. An das für 9. November 2003 geplante Attentat bei der Grundsteinlegung des Jüdischen Gemeindezentrums am St. Jakobsplatz.
Und wer schützt das Atomkraftwerk Isar 1? Täglich fliegen im Schnitt über 100 Verkehrsflugzeuge in nur einem Kilometer Entfernung am niederbayerischen Atomkraftwerk Ohu vorbei. Was, wenn ein Terrorist in einem der Flieger sitzt und damit in das Kraftwerk fliegt? Einer vertraulichen Studie der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit zufolge ist der überalterte Siedewasser-Reaktor von Ohu einer terroristischen Attacke schutzlos ausgeliefert. Doch trotz dieser alarmierenden Fakten vermissen wir ein entschiedenes Vorgehen des bayerischen Umweltministers, um die Bevölkerung vor einem möglichen Terrorangriff zu schützen, kritisiert Ruth Paulig, umweltpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag.
Und nicht nur Isar 1 könnte München in Gefahr bringen: Isar 2, der Forschungsreaktor in Garching sowie die Kernkraftwerke Gundremmingen, Neckarwestheim und Temelin befinden sich ebenfalls in bedrohlicher Nähe zur Landeshauptstadt.
Überhaupt sollte man beim Flugzeug die Möglichkeit eines Absturzes einplanen. Schwer betroffen war München beispielsweise am 6. Februar 1958, als eine Maschine kurz nach ihrem Start in Trudering abstürzte. Damals starben 24 Menschen, darunter acht Manchester-United-Spieler. 1960 rast eine vollbetankte Convair in die Spitze der Paulskirche. Im Bereich Bayerstraße / Martin-Greif-Straße fallen die brennenden Trümmer auf eine vollbesetzte Straßenbahn, ein Teil der Tragfläche durchschlägt in der Hermann-Lingg-Straße das Dach eines Hauses. Obwohl die Feuerwehr den Brand innerhalb von 30 Minuten löschen kann, kommen 52 Menschen ums Leben. Am 11.8.1987 stürzt ein Flugzeug auf den McDonalds an der Wasserburger Landstraße, dabei sterben neun Menschen.
Aber auch mit festem Boden unter den Füßen ist man vor Unfällen nicht gefeit: Im letzten Jahr stieg die Zahl der Verkehrsunfälle in München von 48.095 auf 48.332. Gestorben sind dabei 28 Menschen.
Ein kleiner Trost zum Schluss: Zumindest bleiben wir Münchner von Tsunamis, Lawinen, Malaria und höchstwahrscheinlich auch von Erdbeben und Wirbelstürmen verschont. Und wer gut auf sich, seine Mitmenschen und die Umwelt aufpasst, der kann in München ein Leben wie ein Märchenkönig im Urlaub führen. Trotz der Widrigkeiten, die das Lieben, Leben und Autofahren mit sich bringt. Viel Spaß dabei! Von Nadine Nöhmaier