Veröffentlicht am 14.11.2006 00:00

Schwabing soll blühen


Von red
Drei Monate zierten diese bunten Folien die Ampeln an der Georgen-/Ecke Isabellastraße. Vergangene Woche wurden sie vom Baureferat entfernt. 	 (Foto: Privat)
Drei Monate zierten diese bunten Folien die Ampeln an der Georgen-/Ecke Isabellastraße. Vergangene Woche wurden sie vom Baureferat entfernt. (Foto: Privat)
Drei Monate zierten diese bunten Folien die Ampeln an der Georgen-/Ecke Isabellastraße. Vergangene Woche wurden sie vom Baureferat entfernt. (Foto: Privat)
Drei Monate zierten diese bunten Folien die Ampeln an der Georgen-/Ecke Isabellastraße. Vergangene Woche wurden sie vom Baureferat entfernt. (Foto: Privat)
Drei Monate zierten diese bunten Folien die Ampeln an der Georgen-/Ecke Isabellastraße. Vergangene Woche wurden sie vom Baureferat entfernt. (Foto: Privat)

Grau, groß und ziemlich langweilig. Vier Jahre gehörten die acht Ampeln vor seinem Büro in der Georgenstraße zum vertrauten wie tristen Bild von Michael Wladarsch. Im Juli machte der Grafiker dem Einheitsdesign vor seinem Fenster ein Ende und beklebte die Pfostensockel an der Kreuzung Isabellastraße mit blauer Folie.

Darauf tummelten sich Schmetterlinge, Blumen und ein Seestern. Bis vergangene Woche. Da kam ein Wartungstrupp des Baureferats vorbei und »setzte dem Spaß ein Ende«, wie Wladarsch bedauert.

»Ampelanlagen in Städten verkommen immer mehr zu Pinnwänden für ein Sammelsurium von Klein- und Krimskramsanzeigen. Ich wollte was Schönes machen und die Ampeln nicht als Litfasssäule missbrauchen«, erklärt Wladarsch. »Vielen Passanten zauberte diese Idee jedenfalls ein Lächeln ins Gesicht und die übliche Sammlung an Aufklebern blieb aus«, hat er beobachtet. »Für mich ist der öffentliche Raum ein Spielfeld, die Stadt gehört uns doch allen.« Damit hat Wladarsch, Teil der Schwabinger Kulturplattform »84 GHz«, ja Recht.

Doch die gut 100.000 Ampeln und Laternen in München gehören dem Baureferat. Sie zu bekleben ist damit Sachbeschädigung. Die kostet theoretisch ein Bußgeld, das aber aufgrund der Masse an Masten praktisch nie verhängt wird. »Wenn nichts Akutes vorliegt«, erklärt Dagmar Lezuo vom Baureferat, »wird jede Münchner Lampe alle vier Jahre und jede Ampel alle acht Monate gewartet.« Zugleich wird alles, was daran so haftet, entfernt.

Ob kunstvolle Ampeltapete oder Yogakurs-Anzeige, da macht das Amt keinen Unterschied. So fiel Wladarschs Folie für das Baureferat unter Sachbeschädigung und damit der turnusmäßigen Stippvisite zum Opfer. »Weder lag eine Anzeige noch eine Sondernutzungserlaubnis vor«, sagt Lezuo. Im letzteren Fall hätte Wladarsch die Beseitigung bezahlen müssen. »Wir haben darauf geachtet, dass die Folie abziehbar ist und keine tatsächliche Sachbeschädigung hinterlässt«, betont Wladarsch. »Schäden am Masten sind nicht entstanden«, bestätigt Lezuo, aber die Folien zu entfernen sei »sehr aufwändig« gewesen, denn die hätten erhitzt werden müssen.

Wieviel es die Stadt und damit die Münchner Bürger kostet, all die wilden Plakate an Ampeln und Laternen zu entfernen, könne das Baureferat nicht beziffern, »da das mit der Wartung abgerechnet wird.«

Ein schlechtes Gewissen hat Wladarsch wegen seiner Ampelattacke nicht. »Die hätten das ja nicht wegmachen müssen. Das war freundlich, keine Werbung, irritierte nicht, und die Ampel verlor auch nicht ihre Funktion, dafür an Grau und Langweiligkeit.«

»Streetart-Künstlern geht es nicht um Vandalismus, sie wollen den urbanen Raum verschönern«, sagt Georg Müller, der über diese Form der Straßenkunst gerade am LMU-Institut für Europäische Ethnologie seine Abschlussarbeit beendet hat. »Erobert die Straße« ist die Parole der »Streetart«, eine Weiterentwicklung von Graffiti. »Diese bedruckten oder gesprayten Aufkleber in hoher Stückzahl wirken optisch unpolitisch.« Ob »Streetart«-Pickerl oder »Katze vermisst«-Zettel: »Der öffentliche Raum fungiert als schwarzes Brett.« Die Botschaft der »Streetart« aber ist: Jeder kann Spuren hinterlassen. »Es geht um den illegalen Akt an sich.«

Wladarsch will nun den offiziellen Weg gehen: mit einer Anfrage »zur Verschönerung des Stadtbildes«. Auf dass im kommenden Sommer dann alle Schwabinger Ampeln blühen. Michaela Schmid

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