Da verschlug es selbst einer Münchner Bürgermeisterin die Sprache: Auf der Bürgerversammlung in Haidhausen am Donnerstag, 17. Januar, versuchte eine Haidhausenerin Christine Strobl eine Redezeitbegrenzung von fünf Minuten aufzuerlegen. Dabei hatte diese mit ihrer Präsentation noch gar nicht richtig losgelegt.
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Was zwar aufregend begann, verlief dann aber doch eher ruhig und gesittet, ebenso wie die Schwester-Bürgerversammlung in der Au, die tags zuvor stattgefunden hatte. Nur wenige Anträge dafür ein immer gleicher Tenor. Antragsteller Roland Fischer brachte es auf den Punkt: »Haidhausen soll nicht zum Yuppie-Viertel verkommen. Es muss neuer Wohnraum geschaffen und vor einer Umwandlung in Eigentumswohnungen geschützt werden.« Der Antrag traf den Nerv der Bezirksausschuss-Vorsitzenden Au-Haidhausen (BA 5) Adelheid Dietz-Will. »Nur der Freistaat Bayern kann ein so genanntes Umwandlungsverbot
verhängen. Wir haben immer weniger Mietraum im Viertel. Das kann nicht so bleiben.«
Auch die Hausgemeinschaft in der Breisacher Straße 5 befürchtet nun »unsolide Absichten« der Investoren: »Ich denke, wir als bestehende Mieterschaft werden nach der Sanierung rausverkauft«, meint Antragsteller Thomas Bauer.
Während es in der Au vor allem darum ging den Ausbau des Gebäudes an der Hochstraße 17 in ein Hotel zu verhindern, klagten die Haidhausener über die neuen Entwicklungen in Sachen zweite S-Bahnstammstrecke. »Das ist doch total schlechte Planung ohne Sinn«, schimpfte Walter Heldmann. Denn der zweite Tunnel soll nun unter der Wörthstraße statt unter der Kirchenstraße verlaufen. Heldmann forderte die Landeshauptstadt auf, neutrale Experten die Planungen überprüfen zu lassen. »Gemeint sind damit international anerkannte Verkehrsfachleute, die nicht von der BEG oder der DB Projekt Bau abhängig sind.« Dietz-Will konnte den Groll ihrer Mitbürger verstehen. »Die wollen uns alle gegeneinander ausspielen. Jetzt sind die Leute aus der Kirchenstraße wieder froh, dass nicht sie den Tunnel bekommen und die Menschen aus der Wörthstraße beschweren sich.«
Nun sei aufgrund der Planungsänderungen ein neues Planfeststellungsverfahren von Nöten. Dr. Klaus-Michael Dengler vom Planungsreferat versuchte Licht ins Dunkel des Tunnels zu bringen, sorgte aber schon mit seinen ersten Worten für amüsierte Gesichter. »Auch wir wissen von nichts und sind auf die Presse angewiesen«, erläuterte er. Aber er glaube zumindest schonmal zu wissen, dass die zweite Trasse nach Süden rutschen werde. Die Kosten könnten nun rund 1,6 Milliarden Euro betragen und der Baubeginn dürfte wohl in das Jahr 2009 fallen. Zwar hätten die Bürger bei einem neuen Planungsverfahren erneutes Beteiligungsrecht, aber wann mit diesem Prozedere zu rechnen sei, konnte Dengler auch nicht sagen. Die Haidhausener nahmen es gelassen und notierten sich Denglers Tipp zur Stadtratssitzung am heutigen Mittwoch, 23. Januar. »Hier werden die Karten aufgedeckt. Der Freistaat Bayern und das Bundesverkehrsministerium wollen das Projekt komplett vorstellen«, verspricht Dengler. Die Sitzung wird um 9 Uhr stattfinden, soviel ist
sicher. K. Schubert