Veröffentlicht am 12.09.2008 00:00

München: Piercing & Tattoo - hält der Trend an?


Von red

In den „In- & Out-Listen” diverser Zeitungen und Magazine finden sich Tätowierungen und Piercings mit schöner Regelmäßigkeit in den „Out-Spalten”, die steigende Zahl der Piercing- und Tätowierstudios in München signalisiert etwas anderes. Wir haben uns also etwas umgeschaut im Tempel, einem Piercing- und Tätowierstudio in München.

Hier im Piercing- und Tätowierstudio Tempel am Rosenheimer Platz wollen wir uns aber nicht nur umschauen sondern auch etwas lernen über die „Kunst” der Tatoos und des Piercing. Ausser ein paar Vorurteilen bringen wir schließlich kaum Infos zu diesem Thema mit.

Weitere Infos zum Thema Piercing & Tattoo finden Sie hier:

Tattoo - & Piercing-Show München 2010 Interview in einem Münchner Studio zur „Tattooconvention München”

Aber aus dem Knasti- und Asozialen-Image haben sich Tatoos und Piercings schon lange verabschiedet, das signalisiert uns gleich das Studio: Helle, freundliche Fliesen, bunte Farben, der Piercer ist für uns nicht sichtbar in der Piercingkabine mit einer Kundin beschäftigt und die Angestellte bittet uns zum Wartebereich: Wie beim Arzt liegen hier Zeitungen, allerdings nicht mit dem neuesten Klatsch & Tratsch über die Prominenz, sondern ausschließlich Tattoo- und Piercingmagazine und ein paar Kinderbücher für die ganz kleinen. Wir fragen nach aber natürlich werden diese hier nicht gepierct, „Aber das Mütter ihre Kinder mitbringen und diese Beschäftigung brauchen während Mami sich schmücken lässt, wäre nichts Ungewöhnliches” erklärt uns eine Mitarbeiterin.

Um die Wartezeit zu überbrücken haben wir noch die Auswahl zwischen Bionade und diversen Kaffeevariationen, Alkohol ist jedoch tabu. Für uns ebenso wie erst recht natürlich für den Piercer.

Die Tür zur Piercingkabine öffnet sich, heraus kommt eine strahlende Kundin mit einem frischen Augenbrauenpiercing und nach etwas Wartezeit Piercer und Ladeninhaber Thomas: Kurzämeliges Hemd, denn lange Ärmel währen schlecht wegen der Desinfektionsmöglichkeiten, gedehnte Ohrlöcher, Nasen- und Augenbrauenpiercing und einige komische Metallpunkte neben dem Auge. Er entschuldigt sich für die Wartezeit weil das Desinfizieren der Kabine immer so lange dauern würde und erzählt uns was zu dem ungewöhnlichen Gesichtsschmuck.

Geduldig wird uns erklärt, dass es sich hierbei um Skindiver handelt, welche eine Weiterentwicklung der Microdermals wären. Für den Laien, wie auch wir es sind: Mini-Implantate, deren Aufsätze man wechseln kann, ein Trend der vor rund einem Jahr aus Amerika nach Deutschland geschwappt ist und sich hier inzwischen großer Beliebtheit erfreut, weil die kleinen Teile quasi überall ohne großen Aufwand angebracht und wieder entfernt werden können. Aha.

Rückläufiger Trend?, fragen wir. Laut Thomas stehen die Mädels zwar nicht mehr Schlange für ein Bauchnabelpiercing wie noch vor 10 Jahren, dafür aber werden die Leute, die sich piercen lassen, immer älter und die Wünsche immer ausgefallener, wobei es auch am Nachwuchs nicht mangelt. 80% sind wohl Stammkunden und „beinahe süchtig” wie er augenzwinkernd erklärt. Der Rest möchte 1-2 Schmuckstücke um sich gezielt zu verschönern. Frauen machen fast 90% der Kunden aus, häufig gewünscht werden Zungenpiercings aber auch Brustwarzen- oder Intimpiercings.

Aus diesem Grund bildet Thomas auch gerade eine Piercerin für die „delikaten Stellen” aus denn manche Frauen, gerade aus anderen Kulturkreisen, wünschen eine weibliche Piercerin. Die wird derzeit aber noch gründlich geschult und „braucht noch etwas Zeit, bis sie alleine arbeiten kann”. Laut Thomas ist der Piercing-Vorgang jedoch „alles außer erotisch”, zudem kann jede Kundin auf Wunsch ihren Freund oder eine Freundin mitbringen.

Was braucht man eigentlich, um Piercer zu werden? Thomas meint „dummerweise nichts, jeder kann ein Piercingstudio eröffnen, bis auf ein paar Hygienevorschriften und eine Gewerbeanmeldung gibt es quasi keine Prüfung. Da besuchen Leute einen Wochenendkurs, zahlen einen Haufen Geld, bekommen ein wertloses Zertifikat und eröffnen ein Studio”, schimpft Thomas und wird lauter. „Und dann wundert man sich, wenn die Leute reihenweise verstochen werden”. Er selbst ist seit seinem dreizehnten Lebensjahr gepierct, hat „selbstverständlich erst eine medizinische Ausbildung gemacht”, ist dann zu einem der ältesten Deutschen Piercingstudios in Düsseldorf in die Lehre gegangen und hat dann erst das Studio eröffnet. „Ich wechsle bei jedem Piercing die Handschuhe dreimal um das 100% steril zu machen, drunter geht das nicht.” erklärt er.

Wie schaut´s mit dem Tätowieren aus? „Wir wollten erst ein reines Piercingstudio betreiben, aber dann hat beinahe täglich jemand nach Tätowierungen gefragt. Also haben wir uns auf die Suche gemacht, einigen Tätowierern leider absagen müssen und dann mit Olli jemanden gefunden, der hier menschlich optimal reinpasst und wirklich was drauf hat”.

Auch hier gilt, so versichert uns Thomas: Die Zeit der „Arschgeweihe” ist vorbei, dafür wünschen die Kunden verstärkt individuelle, ausgefallenere und größere Tattoos. Die Kunden kommen aus allen Schichten, viele kämen im Anzug und würden drunter gut versteckt einen zweiten „Anzug” tragen. Die oft genannten Knastis & Arbeitslosen können sich doch Tätowierungen gar nicht leisten.

Hier haken wir gleich nach und fragen nach den Preisen . Geht es nach Zeit, nach Quadratmillimeter Haut oder ...?

Thomas lacht und erklärt uns dann: „z.B. ein kleines Schriftzeichen ist bereits ab 50,- Euro zu haben, nach oben gibt es keine Grenzen denn eine aufwendige Tätowierung braucht auch mal mehrere Wochen mit mehreren Sitzungen, aber dann gibt es günstige Stundensätze und Stammkundenrabatte.”. Eigentlich war uns ja auch klar das eine Preisliste im Schaufenster nur wenig Sinn macht, aber fragen darf man ja wohl und die Auskunft hat uns ja schon weiter gebracht.

Anders als beim Piercing, wo auch unter 18jährige mit Einverständnis der Eltern gepierct werden, gibt es bei den Tattoos keine Ausnahmen. Die eiserne Regel lautet: Volljährig. Ein Tattoo hält lebenslänglich, das will und muss gut überlegt sein. „Möglich dass der Trend vorbei ist” sagt Thomas, „aber für die meisten unserer Kunden war das eh nie ein Trend, sondern ein Lebensgefühl, welches ein Leben lang anhält”.

Wir verabschieden uns ungepierct und auch weiterhin ohne Tattoo, während im Hintergrund die Tätowiernadel surrt und eine Mutter mit Kinderwagen den Laden betritt.

Für die, die´s selber ausprobieren möchte verlosen wir bis zum 30.09.2008 ein Piercing nach Wahl. Schreiben Sie eine Mail an piercing@wochenanzeiger.de und mit etwas Glück können Sie selbst das professionelle Ambiente im Piercing- und Tatoo-Studio Tempel (http://www.piercing-tattoo-muenchen.de) erleben.

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