Die Bayern haben gewählt. Sie haben gewählt. Das Ergebnis war „a gscheide Watschn” für die CSU. Im landesweiten Durchschnitt kamen die Christsozialen bei den Gesamtstimmen auf „nur noch” gut 43 Prozent. Profitiert haben von den 17 Prozentpunkten Verlust im Vergleich zur Landtagswahl 2003 die kleineren Parteien. Bei der SPD sorgt einzig Franz Maget für gute Nachrichten.
Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten konnte als einziger Nicht-CSU-Politiker in ganz Bayern ein Direktmandat erringen. Und das, obwohl auch Maget leichte Verluste hinnehmen musste. Die bewegen sich mit 0,2 Prozentpunkten (39,9% gegenüber 40,1% im Jahr 2003) allerdings im minimalen Bereich. Sogar seine Partei hat im Vergleich zur Landtagswahl 2003 höhere Verluste zu verzeichnen und da war eigentlich gar kein Spielraum mehr nach unten.
In den letzten Jahrzehnten haben sich einige Gewohnheiten in Bayern eingeschlichen. Da war die Frage vor einer Landtagswahl nicht: „Wer wird das Rennen machen?”, sondern viel mehr: „Wie groß ist das X im CSU-Ergebnis, das 50 plus X voraussetzt?” Die CSU muss sich umstellen. 43,7 Prozent, da schaut schon manch ein CDU-Politiker aus dem Rest der Republik neidisch hin. Für die CSU allerdings ist das ein absolutes Debakel. Jeder vierte CSU-Wähler aus 2003 hat sich von der bisherigen alleinigen Regierungspartei verabschiedet. Insgesamt zählt die Partei über 1,6 Millionen Stimmen weniger als 2003. Auch im bevölkerungsstarken Bayern ist das eine geradezu unfassbar hohe Zahl.
Die Konservativen müssen sich einen Koalitionspartner suchen. In Bayern hat man da so gar keine Übung drin. Als die CSU letztmals mit weniger als der Hälfte der Abgeordneten im Maximilianeum auskommen musste (1958), war Günther Beckstein gerade mal 15 Jahre alt, Erwin Huber war zwölf.
Als Partner für die CSU kommen die FDP, die Freien Wähler und die SPD in Frage. Zumindest kündigte Ministerpräsident Beckstein am Wahlabend an, auch mit den Sozialdemokraten sprechen zu wollen. Für die Freien Wähler und die FDP spricht, dass diese beiden Parteien einen Großteil der ehemaligen CSU-Wähler überzeugen konnten.
Und dann war da noch die Wahlbeteiligung. 58,1 Prozent der Wähler haben ihre Stimme abgegeben. Den nicht wählenden 41,9 Prozent zu unterstellen, es wäre ihnen alles egal, wäre nicht fair. Viele Wähler waren in der Zwickmühle. Sie wollten nicht zwischen aus ihrer Sicht Pest und Cholera entscheiden. Also haben sie sich ihrer Stimme enthalten. Die Menschen haben nur wenig Vertrauen in unsere Politiker. Umfragen beweisen das, ein Stück weit spiegelt sich dieses fehlende Vertrauen auch in den mageren 58,1 Prozent wider.
Schwaben, Niederbayern und die Oberpfalz zeigten sich eher wahlmüde. Am größten war die Beteiligung in Oberbayern und in Teilen Frankens. Ausnahmen hier: die Großstädte. In München waren die Wähler des Stimmkreises Pasing am eifrigsten dabei, in Nürnberg war man unter anderem in Langwasser sehr wahlbeflissen. Nun könnte man sagen: Ist ja klar, das ist schließlich der Heimatstimmkreis von Günther Beckstein. Umgekehrt hat es bei Franz Maget aber nicht funktioniert. In ganz München war die Wahlbeteiligung rückläufig, besonders im Norden der Stadt, in den Stimmkreisen Milbertshofen, Schwabing und Bogenhausen.
Carsten Clever-Rott
Diese Direktkandidaten haben sich durchgesetzt:
Stimmkreis 101 - Altstadt-Hadern
(Altstadt, Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, Westend, Sendling-Westpark, Hadern)
Stimmkreis 102 - Bogenhausen
(Bogenhausen, Au-Haidhausen, Berg am Laim)
Stimmkreis 104 - Milbertshofen
(Milbertshofen-Am Hart, Schwabing-West, Teile von Neuhausen-Nymphenburg)
Stimmkreis 105 - Moosach
(Moosach, Feldmoching-Hasenbergl, Teile von Neuhausen-Nymphenburg, Laim)
Stimmkreis 108 - Schwabing
(Schwabing-Freimann, Lehel, Maxvorstadt, Teile von Neuhausen-Nymphenburg)
Stimmkreis 113 - Ebersberg
(Landkreis Ebersberg)
Stimmkreis 116 - Freising
(Landkreis Freising)
Stimmkreis 122 - München-Land-Nord
(nördlicher und nordöstlicher Landkreis München)
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Dreiteilige Serie im Samstagsblatt:
Teil 2: Mit welchen politischen Themen die Parteien punkten wollen