Menschentrauben mit Einkaufswagen und Plastiktüten scharen sich um drei Lieferwagen der »Münchner Tafel« vor der Kirche Mariä Sieben Schmerzen in der Thelottstraße. »Wir versorgen hier etwa 250 Haushalte«, sagt Reinfred Weiland, Mitarbeiter der gemeinnützigen Organisation, die bedürftige Menschen in verschiedenen Stadtteilen kostenlos mit Lebensmitteln versorgt.
Damit hat die Tafel hier ihre Kapazitätsgrenze erreicht. Auf Betreiben des Bezirksausschusses Feldmoching- Hasenbergl (BA 24) unter dem Vorsitz von Markus Auerbach (SPD) eröffnet sie für weitere Bedürftige aus dem Stadtteil eine zusätzliche Ausgabestelle. Standort ist das ehemalige Trambahnhäuschen, der »Blaue Punkt« auf dem Goldschmiedplatz am nördlichen Ende der Schleißheimer Straße.
Wer an der Tafel teilnehmen will, muss sich dazu am Montag, 29. Juni zwischen 14 und 16 Uhr am Blauen Punkt einschreiben. Die erste kostenlose Ausgabe von Lebensmitteln wird schon eine Woche später, am Montag, 6. Juli, zwischen 14 und 16 Uhr stattfinden. Der neue Tafel-Standort sei »leicht zu erreichen, und die Tafelteilnehmer stehen dort trotzdem nicht auf dem Präsentierteller«, begründet Markus Auerbach die Ortswahl. Zwischen dem ehemaligen Trambahnhäuschen und der Bepflanzung des Goldschmiedplatzes zur Schleißheimer Straße biete sich ein sichtgeschützter Raum, an dem die Lebensmittel abgegeben werden sollen.
Über die Haltestelle »Aschenbrenner Straße« der Buslinie 60 kann der Blaue Punkt gut erreicht werden. Die Linie führt durch die Siedlung am Lerchenauer See, die Lerchenau und das Hasenbergl zur Siedlung Nordheide. Über die Haltestellen Hasenbergl und Dülferstraße ist der Bus an die U2 angebunden, so dass die neue Tafel einen weiten Einzugsbereich hat.
Die ehrenamtlichen Mitarbeiter leisten Akkordarbeit. In Sekundenschnelle befüllen sie die Taschen der in der Thelottstraße anstehenden Menschen mit Buttermilch und Hefezöpfen, Brokkoli und Bananen. »Jetzt haben wir wieder Obst und Gemüse«, sagt Weiland. Im Februar und März sei das Angebot an gespendeten Lebensmitteln knapp gewesen, man habe vieles zukaufen müssen. »Da gab es dann vor allem Reis und Nudeln«, berichtet er. Frische Produkte seien in dieser Zeit Mangelware gewesen. »Das lag wohl an der Wirtschaftskrise. Aber inzwischen ist es wieder ein bisschen besser«, fügt er hinzu.
Wählerisch sind die Bedürftigen sowieso nicht. »Ich bin dankbar für alles, was ich bekommen kann«, sagt eine zierliche, etwa 40-jährige Frau, die namentlich nicht genannt werden will. »Das Essen hier ist sehr gut«, lobt sie. Ihr 21-jähriger Sohn bereite aus den Zutaten der Hilfsorganisation »köstliche Gerichte« zu. »Bei uns kocht eben der Mann«, sagt sie und lacht. Wenn man wenig oder gar kein Einkommen habe, sei die Tafel eine große Hilfe. Allerdings könne sie aus den Spenden nicht ihren gesamten Bedarf decken, »ich muss trotzdem zukaufen.«
Auch Hannelore Kiethe, Vorsitzende der Münchner Tafel, weiß: Nicht alle werden von den Lebensmitteln der Organisation wirklich satt »aber wir streben an, so viel wie möglich zu liefern.« Die Schaffung der zweiten Vergabestelle im Hasenbergl sei für ihre Organisation ein echter Kraftakt gewesen, erklärt sie. »Aber auf das Drängen von Herrn Auerbach haben wir uns nun entschlossen, das in Angriff zu nehmen.« Sie rechnet damit, dass die Zahl der Neuanmeldungen die vorhandenen Plätze bei weitem übersteigen werde. »Der Bedarf dort ist immens«, begründet auch BA-Chef Markus Auerbach sein Drängen auf einen weiteren Standort im Hasenbergl.
Aus logistischen Gründen sei es nicht möglich, bei den Essensvergaben deutlich mehr als 200 Menschen zu bedienen, sagt Tafel-Chefin Kiethe. »Es ist immer sehr traurig, wenn man jemanden, der es wirklich nötig hat, abweisen muss«, ergänzt sie schon vor dem Einschreibetermin bedauernd. Die Bedürftigkeit wird bei der Tafel sehr genau geprüft. Die Anwärter müssen regelmäßig Nachweise über ihr Einkommen vorlegen. »Schmarotzer gibt es bei uns nicht«, versichert Kiethe. Finanziert wird die Münchner Tafel durch Mitgliedsbeiträge und Spenden (für Geldspenden: Hypovereinsbank München, Konto 68 50 19 33 10, BLZ 700 202 70).
Das Problem der Armut besonders, aber nicht nur im Norden der Stadt lässt sich dadurch natürlich nicht lösen. Aber zumindest kann die Not vieler gelindert werden. Julia Stark