Sie zählt zu den meist befahrenen Eisenbahnstrecken Europas und das führt immer wieder zu Überlastung und nervigen Störungen. Doch damit soll jetzt bald Schluss sein: Stadt und Freistaat haben sich für den zweiten S-Bahn-Tunnel entschieden. Bei der vergleichenden Untersuchung mit dem Eisenbahn-Südring schneide der 2. S-Bahn-Tunnel klar besser ab, so Bayerns Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) und Münchens Oberbürgermeister Christian Ude bei der Ergebnispräsentation diesen Montag, 16. November, im Wirtschaftsministerium.
Weitere Artikel zur 2. Stammstrecke
»Die Untersuchung zeigt, dass der 2. S-Bahn-Tunnel alternativlos ist. Der Südring ist keine gleichwertige Alternative zum 2. S-Bahn-Tunnel. Im günstigsten Fall erreicht er einen Nutzen-Kosten-Faktor von 0,8. Damit besteht keine Möglichkeit, den Südring mit öffentlichen Mitteln zu fördern«, erklärte Zeil. Ein Ausbau des Südrings koste rund 1,3 Milliarden Euro. Er ist somit mehr als drei Mal so teuer als bisher von seinen Befürwortern dargestellt. Auch der verkehrliche Nutzen des S-Bahn-Südrings entspreche nicht den Erwartungen. Der Ausbau des Südrings erfordere laut Untersuchung auch teilweise erhebliche Eingriffe in Grundstücke, in den Biotopverbund und ins Stadtbild.
Mit dem Bau des 2. S-Bahn-Tunnels rücke auch der seit langem angestrebte Umbau des Hauptbahnhofes in greifbare Nähe.
Denn der Bau der neuen Station an der jetzt geplanten 2. S-Bahn-Stammstrecke erfordere den Abriss wesentlicher Teile des Hauptbahnhof-Empfangsgebäudes und biete eine große Chance für den Neubau.
Die Planungen für den 2. S-Bahn-Tunnel werden jetzt mit Hochdruck weitergeführt. Der eng gesteckte Zeitplan lässt keine Verzögerungen mehr zu. »Das Projekt 2. S-Bahn-Tunnel muss jetzt zügig vorangetrieben werden, um vor dem Ende der Finanzierungsmöglichkeiten über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) eine Förderung zu erlangen und eine Fertigstellung noch vor den angestrebten Olympischen Winterspielen 2018 sicherzustellen«, so Ude, der das Projekt als »die größte Umweltschutzinvestition, die in naher Zukunft im Münchner Raum getätigt werden kann« bezeichnete. ms
Zahlentricks und Sicherheitsrisiken?
Kritische Stimmen zur Studie
Für den Fahrgastverband »Pro Bahn« ist die Kostenstudie nicht nachvollziehbar. Etliche der Kostensteigerungen seien etwa durch die nicht hinterfragte Aussage der Deutschen Bahn ausgelöst, dass keinerlei Änderungen an den heute nur noch schwach genutzten Güterverkehrsanlagen möglich seien. Die Studie soll Ende November komplett veröffentlicht werden, erst dann könnten die politischen Schlussfolgerungen gezogen werden. »Nur weil man auch eine sehr teure, weniger sinnvolle Möglichkeit zum Ausbau des Südrings konstruieren konnte, ist damit die Strecke nicht aus dem Rennen«, so Andreas Barth, Sprecher von »Pro Bahn«.
Auch für Bund Naturschutz (BN) und »Arbeitskreis Attraktiver Nahverkehr« (AAN) ist die in der Studie genannte Kostenschätzung »völlig unglaubwürdig«. Laut Studie müsse der Ausbau des Südrings unter rollendem Rad durchgeführt werden und das sei extrem teuer. »Wenn dies die neue Linie des Wirtschaftsministeriums sei, dann wäre in Bayern überhaupt kein Schienenverkehrsprojekt mehr finanzierbar«, so Martin Hänsel für den BN. Dagegen: »Bei einer fairen Bewertung des S-Bahn Südrings würden sogar noch Mittel zum dringend notwendigen Ausbau der Außenäste des Münchner S-Bahn-Systems übrig bleiben.«
Zweifel gegenüber den angegebenen Investitionskosten für den Südring hegt auch die Bürgerinitiative S-Bahn-Tunnel Haidhausen. Außerdem fürchten die Anwohner die langjährigen Bauarbeiten: Die Sicherheitsrisiken beim Bau und späteren Betrieb der 40 Meter tiefen Tunnelröhren seien nach wie vor nicht kalkulierbar. »Es wird zu einer empfindlichen Taktausdünnung auf der alten Stammstrecke kommen, der 15-Minuten-Takt wird zwanghaft eingeführt werden müssen und es bleiben nur zwei Haltestellen übrig«, prognostiziert die Bürgeriniative. Deshalb wollen die Haidhauser nicht ihren Widerstand gegen dieses Projekt aufgeben. »Bleiben die berechtigten Zweifel am Sinn dieses Tunnelbaus weiter bestehen, werden wir alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um zu verhindern, dass die verkehrspolitische Zukunft von München verbaut wird.« ms