Veröffentlicht am 15.05.2023 09:14

„Tor in die Neuzeit”

Der Originalbahnhof in Aubing wurde längst abgerissen, aber im Modell existiert er noch. (Foto: pst)
Der Originalbahnhof in Aubing wurde längst abgerissen, aber im Modell existiert er noch. (Foto: pst)
Der Originalbahnhof in Aubing wurde längst abgerissen, aber im Modell existiert er noch. (Foto: pst)
Der Originalbahnhof in Aubing wurde längst abgerissen, aber im Modell existiert er noch. (Foto: pst)
Der Originalbahnhof in Aubing wurde längst abgerissen, aber im Modell existiert er noch. (Foto: pst)

Das Gebäude ist heruntergekommen, steile Treppenstufen führen in eine in die Jahre gekommene Unterführung, der Aufzug – seit Jahrzehnten angemahnt – fehlt immer noch. Als der erste Aubinger Bahnhof vor 150 Jahren eingeweiht wurde, war er dagegen ein Vorzeigeobjekt im Dorf. Am 1. Mai 1873 nahm die Königlich Bayerische Staatsbahn die Strecke München – Kaufering – Buchloe in Betrieb. „Der Haltepunkt Aubing war für das Dorf Aubing das Tor in die Neuzeit“, heißt es im Vorwort der Broschüre, die das Aubinger Archiv anlässlich des Jubiläums herausgebracht hat.


Anton Fürst hat die Broschüre (für acht Euro erhältlich) gemeinsam mit Martina Krämer, Peter Malter, Ludwig Neulinger und Egbert Scherello im Rahmen der „Blauen Reihe“ des Aubinger Archivs verwirklicht. Auf 70 Seiten findet man die Geschichte des Bahnhofs mit vielen Dokumenten, Fotos und Zeitungsausschnitten ergänzt. Der Arbeitsplatz Bahnhof wird mit Schilderungen und Fotos ehemaliger Schrankenwärter lebendig, es gibt Fotos und Beschreibungen von Zügen und wehmütig wird an den Abriss des alten Bahnhofsgebäudes im Jahr 1978 erinnert.
Was die Bahnstrecke für Aubing bedeutete, erläuterte Barbara Sajons. Ein Prestigeprojekt ist der Ausbau der damaligen Bahnstrecke gewesen. 13 Millionen Gulden habe es gekostet und sei damit das drittteuerste Projekt der Königlich-Bayerischen-Eisenbahn gewesen, berichtete sie bei der Buchpräsentation im Aubinger Pfarrsaal und es waren Dampflokomotiven, die über die Schienen fuhren.
Der Bau der Bahnstrecke war mühselig. 1871 hieß es im Regensburger Anzeiger: „Täglich werden große Quantitäten Kies mit Lokomotiven an das zwischen Bruck und Aubing befindliche Moos gebracht, welches dem Bahnbau bedeutende Hindernisse in den Weg legt“.
Bei der Einweihung kam es zu einem Eklat. Der Zug raste einfach durch und ließ „den ganzen Gemeinde-Ausschuß, die Geistlichkeit, die Lehrer mit der ganzen Schuljugend und viele Ortseinwohner, die sich am Bahnhofe versammelten, dort unter höchst unfreundlicher Witterung über 1 und eine Viertel Stunde des Eröffnungszugs harrten“, stehen, berichtete der Freie Landesbote. Eine „öffentliche Aufklärung“ wurde verlangt.
Der Bahnhof war zweigeschossig mit einer Fläche von rund 120 Quadratmeter pro Etage. Wartesaal, Fahrkartenverkauf befanden sich im Erdgeschoss, im Obergeschoss wohnten Bahnbedienstete. Dazu gesellten sich die vier Bahnwärterhäuschen. Bis in die 1950er Jahre haben Bahnwärter die Weichen und Signale gestellt. 1954 gab es ein besonderes Highlight. Mit einem Sondertriebwagen fuhr die erfolgreiche deutsche Fußballnationalmannschaft mit ihrem Trainer Sepp Herberger von der Schweiz nach München. Viele Menschen säumten in Aubing die Gleise. „Ich erinnere mich bis heute noch sehr gut daran, wie uns Fritz Walter und Toni Turek vom Zug aus zuwinkten“, so Anton Fürst.
1978 wurde das Backsteingebäude abgerissen. Für die S-Bahn wurde ein neuer Bahnsteig benötigt mit eigenem Zugang. „Perfekt ist der nunmehrige S-Bahnhof Aubing jedoch nicht. Es fehlt an Toiletten und an einer Ab- und Auffahrt für Kinderwagen von der Georg-Böhmer-Straße her“, wird in der Broschüre kritisiert.
Am 7. Juli findet um 19 Uhr im Ubo 9 eine Ausstellung und Vortrag über „Geschichte und Zukunft: Der Aubinger Bahnhof“ statt. Barbara Sajons referiert über die Geschichte. Es soll auch über die Ausbaupläne der S4 und eine künftige Gestaltung diskutiert werden.

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