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SPD Oberhaching lud zum Afghanistan-Abend ein
Oberhaching · Keine einfache Lösung
Die SPD-Ortsvorsitzende Margit Markl (l.) bedankte sich bei den Referenten Angelika Graf und Sigidullah Fadai für deren interessanten Berichte. Foto: Privat
Oberhaching · »Afghanistan – Freiheit am Hindukusch?« Mit dieser Frage hatte der SPD-Ortsverein zu einem anregenden Gesprächsabend mit zwei fachkundigen Referenten eingeladen.
Einige Fragen zu dem komplexen Thema blieben naturgemäß auch nach über zweistündiger Diskussion offen, dennoch gewannen die Besucher exklusive Einblicke in ein Land, dessen Schicksal hierzulande wohl alle Bürger bewegt. Die SPD-Bundestagsabgeordnete aus Rosenheim, Angelika Graf, und der Islamwissenschaftler und Imam der afghanischen Gemeinde in München, Sigidullah Fadai, schilderten ihre ganz persönlichen Erlebnisse, die sie mit dem Land am Hindukusch verbinden.
Fadai hat seine Heimat als junger Mann 1978 verlassen, nachdem sein Vater, ein Gelehrter, verschleppt und ermordet worden war. Er erhielt in Deutschland politisches Asyl und kehrte erst 2004 erstmals wieder nach Kundus zurück, wo er mehrere Hilfsprojekte leitete. Seine vor neun Jahren von ihm in München mit eigenen finanziellen Mitteln organisierte Friedenskonferenz, zu der auch mehrere Talibanführer erschienen waren, scheiterte nach den Attentaten des 11. September schlagartig. Er schilderte seinen Zuhörern ein korruptes Regime, das von westlichen Helfern an die Macht gebracht worden sei und dessen Mitglieder mit den ausländischen Streitkräften viel Geld verdienten. »In Afghanistan geht es nicht um Demokratie und Menschenrechte, sondern um Rohstoffe und Machtspiele«, kritisierte der Imam die Einflussnahme des Westens. »Viele Afghanen sind Nutznießer dieser Regierung.« Deutschland habe es nicht verdient, einen solch korrupten Apparat zu unterstützen. »Das Land muss seine Probleme selbst lösen, man muss es aber dabei unterstützen«, wünschte sich der Gastredner bei der SPD-Veranstaltung.
Von einem schnellen Truppenabzug rät die SPD-Bundestagsabgeordnete Angelika Graf, Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, strikt ab. Sie plädierte vielmehr für einen Rückzug nach Ansage. Zunächst müssten eine Armee und eine schlagkräftige Polizei aufgebaut werden, damit Verbrechen nicht länger ungesühnt blieben.
»Wir können nicht schlagartig weggehen und die Helfer alleine lassen«, warnte sie. Zu viele humanitäre und politische Projekte seien dann in Gefahr. Im Gegenteil müsse noch viel Geld in die Hand genommen werden, um das Begonnene weiter zu entwickeln. Auch sie hatte bei den insgesamt acht Besuchen seit dem Jahr 2000 »unglaubliche Korruption« gesehen. In der Regierung säßen »kriminelle Kriegsverbrecher«. Die Sicherheitslage habe sich in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert, obwohl immer mehr Soldaten ins Land gekommen seien. Das viele Geld hätte man besser in die Ausbildung von Polizisten statt in noch mehr Militärs stecken sollen, so das Fazit der Menschenrechts-Expertin.
Erschüttert hörten die Besucher ihre Berichte von Gefängnisbesuchen. Sie sei dort jungen Frauen begegnet, die vergewaltigt und dann für diese »Familienschande« eingesperrt worden seien, ohne einen Richter zu sehen. »Ist es richtig, dass wir uns mit unseren westlichen Wertvorstellungen einmischen?«, lautete eine der Fragen aus dem Publikum. »Gibt es eine erfolgreiche Strategie für Afghanistan?«, eine andere.
Auch wenn nicht alle Punkte eindeutig geklärt werden konnten, so nahmen die Besucher doch viele interessante Informationen und Eindrücke aus erster Hand von diesem SPD-Abend in Oberhaching mit nach Hause.
Artikel vom 03.11.2010Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp
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