Stadtbibliothek bis Weihnachten in jugendlicher Hand

Giesing/Harlaching · Azubis übernehmen das Ruder

Sibel Aslan, Dani Morris, Dani Roth, Alisa Schwarzenberg, Linn Gerum und Manfred Hirschberg (v. li.) freuen sich derweilen mit Bibliotheksleiter Thomas Klauser (4. v. li.) und Ute Groß (2. v. re.) über den tollen Projektverlauf. Foto: Hettich

Sibel Aslan, Dani Morris, Dani Roth, Alisa Schwarzenberg, Linn Gerum und Manfred Hirschberg (v. li.) freuen sich derweilen mit Bibliotheksleiter Thomas Klauser (4. v. li.) und Ute Groß (2. v. re.) über den tollen Projektverlauf. Foto: Hettich

Giesing/Harlaching · Hoffnungsfrohe, junge Gesichter strahlen dem Besucher schon am Empfang entgegen, auch im Inneren des prall gefüllten Reichs der Bücher regiert das jugendliche Element: bei der Stadtbibliothek Obergiesing in den Räumen des Anton-Fingerle-Bildungszentrums an der Schlierseestraße 47 haben in diesen Wochen die Auszubildenden das Ruder übernommen.

Alisa Schwarzenberg schenkt gerade einer Mutter mit Kleinkind ihr schönstes Lächeln und zeigt ihr den Weg in die Abteilung Kinderbuch. Bald schon wird sie ihre Lehre zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste – im Fachkürzeljargon »FaMi« genannt – absolviert haben. Alisa ist eine von insgesamt neun »Azubis« der Stadtbibliothek im zweiten und dritten Lehrjahr, die an diesem Berufsprojekt teilnehmen. »Wir machen das heuer zum zweiten Mal und es läuft großartig«, ist Ausbildungsleiterin Ute Groß voll des Lobes.

Viel Verantwortung übernommen

»Eigenregie der Auszubildenden, das bedeutet vor allem viel verantwortungsvolles Handeln bei den jungen Leuten«, weiß Groß. Die gesamte Organisation und alle Abläufe der stark frequentierten Bibliothek liegen bis Weihnachten allein in den Händen des bibliophilen Nachwuchses. Jeder hat sein Hauptaufgabengebiet, für das er verantwortlich zeichnet. Linn Gerum aus dem zweiten Ausbildungsjahr ist selbst eine ausgewiesene Dauerleserin und hat hier ihren Traumberuf ergriffen. Sie ordnet den Bestand und verteilt die Bücher nach Fachgebieten und Autoren leserfreundlich und leicht auffindbar innerhalb der langen Regalreihen. »Wir können uns hier auch wirklich einbringen«, schwärmt sie. »Zum Beispiel haben wir die Jugendliteratur umstrukturiert«, erzählt sie. Nicht mehr stoisch nach Alphabet würden die Werke jetzt eingeordnet – sondern nach greifbaren Schlagworten für die junge Leserzielgruppe. »Spannung, Fantasy oder Liebe und Freundschaft haben wir als neue Kriterien erarbeitet«, so die angehende Fachfrau stolz.

Neue Ideen verwirklicht

Während sie den vor Ort rund 35.000 Medien umfassenden Bestand ordnet, widmet sich Kollege Manfred Hirschberg aus dem dritten Ausbildungsjahr mit der nötigen Akribie für Zahlenwerke dem ebenso umfänglichen Kassenwesen. Denn eine der wichtigsten Aufgaben der Azubis ist es täglich auch, punktgenau Bestand und Kasseneinnahmen abzurechnen. Doch allzu viel Zeit bleibt dafür nicht. Denn das Anton-Fingerle-Zentrum ist Heimat vieler Schulen von Münchenkolleg bis FOS und Abendgymnasium – oft in Klassenstärke oder im echten Vorprüfungsstress in Großgruppen »stürmen« wahre Pennälerscharen die Bibliothek – und erwarten fachlich einwandfreie sowie vor allem schnelle Auskunft. »Da wird es dann eng und klar strukturierte Abläufe sind gefragt«, weiß der erfahrene Bibliotheksleiter Thomas Klauser.

»Am Anfang war manches noch ein bisschen von Hektik geprägt, aber die jungen Leute machen das toll und sprechen sich gut ab«, lobt er das immer umsichtigere Wirken der Auszubildenden. »Aber unsere Aufgaben beschränken sich nicht nur auf das Erstellen der Dienstpläne für die Früh- oder Spätschicht, die Pflege der Homepage oder Beschriftungsaktionen«, erklären Sibel Aslan aus dem zweiten Ausbildungsjahr und ihre Kollegin Dani Roth aus dem Abschlussjahrgang. »Die Fachakademie hier im Haus wird demnächst ein Musical mit dem Themenschwerpunkt Mexiko aufführen«, erzählt sie vom speziellen »Kundenkontakt«. »Wir haben denen ein Medienpaket geschnürrt aus Romanen, Sachbüchern, Tonträgern und Noten«, berichtet sie. »Langweilig wird es unseren Auszubildenden sicher nicht«, so der in den gegenwärtigen Teilzeit-Leitungsruhestand versetzte Klauser. »Jeden Mittwoch gibt’s zudem ein Brainstorming – da wird alles besprochen«, so Ausbildungschefin Groß.

Die hoch motivierten Auszubildenden der Münchner Stadtbibliothek scheinen auch so schon sehr gut zu wissen, wo der Lese(r)hase lang läuft. Offenbar auch basisdemokratisch: »auf Hierarchien in Form einer Leitung aus den eigenen Reihen haben sie bewusst verzichtet«, so Groß. Die jungen und potentiellen Medienfachleute wissen auch so, was zu tun ist.

H. Hettich

Artikel vom 15.12.2010
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