Münchner Stadtmuseum zeigt Geschichte des Fächers

München/Altstadt · Flirt-Instrument anno dazumal

Fächer heute, etwa zum Anbandeln auf dem Oktoberfest. Foto: Münchner Stadtmuseum

Fächer heute, etwa zum Anbandeln auf dem Oktoberfest. Foto: Münchner Stadtmuseum

München/Altstadt · Anhand von rund 200 Fächern – neben historischen Modedarstellungen, Gemälden, Plakaten, Modejournalen und Fotografien – beleuchtet das Münchner Stadtmuseum in einer neuen Ausstellung seine Bedeutung als ehemals wichtiges Accessoire in der Damenmode. „Fächerflirt – Die Sache mit den Codes“ läuft von 15. Juli bis 8. Januar am St.-Jakobs-Platz 1, Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr.

Für die Frauen des 18. und 19. Jahrhunderts war das Spiel mit dem Fächer ein gesellschaftliches Muss. Das kokette Öffnen und Schließen des Fächers übte auf den Betrachter eine reizvolle Wirkung aus. Die sogenannte Fächersprache diente als nonverbale Kommunikation und Meinungsäußerung, der Fächer war das Flirt-Instrument schlechthin! Zudem diente der Fächer durch Aussehen und Handhabung als Stan- desmerkmal und Statussymbol. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verschwand der Fächer aus der Damenmode, da Frauenemanzipation und offene Meinungsäußerung die Gebärdensprache mit dem Fächer unnötig machten. Als mondänes Flirt-Mittel kam der Fächer in den 1920er-Jahren nochmals groß in Mode, wo er bei erotischen Revue-Shows und auf nächtlichen Tanzpartys zur Geltung kam. Die Geschichte des Fächers und dessen primärer Nutzen begann in den Herrscherhäusern des Altertums mit der funktionalen Bedeutung des Fächelns – sei es bei Hitze der Kühlung wegen, als Schutz vor der Sonne, oder um Rauch, schlechte Gerüche und lästige Insekten zu vertreiben. Das Wedeln mit dem Palm- oder Federfächer war anfangs die Arbeit von Dienern und Sklaven. In China und Japan war der Fächer bereits seit Jahrhunderten von Männern und Frauen in Gebrauch und wurde von einer Geisha ebenso zur Hand genommen wie von einem Mandarin. Im 10. Jahr- hundert gelangte der asiatische Faltfächer durch Seefahrer und Kaufleute nach Europa. Von Spanien aus breitete er sich im 16. Jahrhundert über ganz Europa aus und wurde das „lebhafteste“ Mode-Attribut schlechthin. Im Zuge der kostümgeschichtlichen Entwicklung entstanden zahlreiche Fächerarten, die sich in Form und Handhabung, aber auch im Zweck unterschieden: Faltfächer, Briséfächer, Radfächer, Handschirme, Cabrioletfächer, Parasolfächer, Teleskopfächer, Federfächer, Miniaturfächer, Riesenfächer, Künstlerfächer, Tanz(stunden)fächer, Ballfächer, Promenadenfächer, Hochzeitsfächer und Trauerfächer. Benutzt wird der Fächer heute hauptsächlich als Werbeträger, der durch den Aufdruck Daten und Fakten vermittelt. Für besondere Anlässe wie Hochzeiten oder Firmenjubiläen bietet er sich ebenso an, wie als kleiner Begleiter für heiße Ferientage unter der Sonne oder für stickige Opernsäle. Als feinsinniges Kommunikationsmittel hat der Fächer inzwischen ausgedient, weil nur noch wenige ihn zu handhaben wissen. Dem gegenüber kommt er im asiatischen und spanischen Tanz weiterhin wunderbar zur Geltung. Und in den südlichen Ländern wird er nach wie vor als kühlendes Hilfsmittel eingesetzt. Und in Zeiten des Internets ersetzen wohl Emoticons, Abkürzungen und Smileys die Funktion des Fächers als nonverbale Kommunikation, auch zum Flirten!

Artikel vom 06.07.2011
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