Jugend inspirieren: Lehrer vom Luitpold-Gymnasium schafft das

Zentrum · »Physik ist überall«

Joachim Hoffmüller interessiert seine Schüler für Physik und andere Projekte: Die Jugendlichen haben auch schon einen Asteroiden entdeckt.	Foto: scy

Joachim Hoffmüller interessiert seine Schüler für Physik und andere Projekte: Die Jugendlichen haben auch schon einen Asteroiden entdeckt. Foto: scy

Zentrum · Er besteht darauf, dass er ein strenger Lehrer ist. Bloß kein Wischi-Waschi-Unterricht. Joachim Hoffmüller, der Physik am Luitpold-Gymnasium unterrichtet, nimmt es sehr genau. »Schüler brauchen unbedingt eine konzentrierte Arbeitsumgebung«, sagt der 46-jährige Diplomphysiker.

Das sei essentiell, um forschen und experimentieren zu können. »Man muss exakt sein, die Grundbegriffe sauber lernen, wenn man sich auf die Physik einlässt«, so der Lehrer. Den Schülern tut es gut, so ist es anzunehmen, denn unter seiner Anleitung und Förderung erhielten bereits mehrere Schüler naturwissenschaftliche Stipendien und Preise. Und nun, Anfang Juli, wurde Hoffmüller selbst für seinen besonderen Einsatz bei der Vermittlung der Naturwissenschaften im Unterricht und in außerschulischen Projekten gewürdigt und zur 62. Lindauer Nobelpreisträgertagung eingeladen, wo unter anderem 27 der größten Forscher dieser Zeit zusammen kamen. Für Hoffmüller »eine besondere Ehre«. Bereits auf den Straßen der Lindauer Altstadt sei er Physikergrößen wie Theodor Hänsch und Carlo Rubbia begegnet, dem Entdecker der W- und Z-Bosonen (Elementarteilchen).

»Teaching Spirit« ist ein Impulsprogramm der Lindauer Nobelpreisträgertagungen, die seit 1951 alljährlich Nachwuchswissenschaftler aus aller Welt mit Nobelpreisträgern zusammenbringen. 2011 wurde erstmals die Initiative gestartet, auch ausgezeichnete Lehrer zu den Tagungen einzuladen. Heuer kamen 15 der Lehrer aus Deutschland, vier aus der Schweiz und jeweils einer aus Österreich und Liechtenstein. Die 21 eingeladenen Lehrer stehen laut Bettina Gräfin Bernadotte, Präsidentin des Kuratoriums für die Tagungen der Nobelpreisträger in Lindau, stellvertretend für viele Lehrer, die »innovative Ansätze entwickeln, um Schüler für Wissenschaft zu begeistern«. Die Begegnung mit den Nobelpreisträgern solle Wissenschaft erlebbar machen und so weitere Impulse für den modernen Unterricht geben. »Denn wer die Jugend inspiriert, legt einen Grundstein unserer Wissensgesellschaft.«

Auch Hoffmüller betrachtet es als seine Hauptaufgabe, die Kreativität und den Forschergeist junger Menschen zu wecken. Denn der Lehrer ist selbst immer wieder überrascht: »Jedes Experiment erlebe ich neu und manchmal läuft eine Unterrichtsstunde ganz anders als ich sie geplant habe.« Physik sei insofern auch emotional, da sie Spannung erzeugt und Raum gibt für das Staunen. Begeisterung, die ansteckt, wie der 19-jährige Philipp berichtet: »Wenn Herr Hoffmüller einen Versuch durchgeführt hat, kommt eine Euphorie rüber, als hätte er es gerade zum ersten Mal entdeckt.« Auch Erika, 16 Jahre alt, mag Hoffmüllers Unterricht vor allem deshalb, weil er »sich selbst so sehr ­begeistern kann«. Von wegen also trockenes Fach. »Physik ist überall, sie hat direkt mit unserem Leben zu tun«, sagt Erika. Beim Karatetraining beispielsweise überlegt sie, wie Kräfte und Geschwindigkeit zusammenhängen. Eben dieses Lebenspraktische an der Physik ist Hoffmüller ein großes Anliegen. Er appelliert damit auch an die Eltern: Sie sollten sich dafür interessieren, was ihre Kinder in Physik lernen und es sich von ihnen erklären lassen. Denn jeder kann laut Hoffmüller die Natur beobachten, ohne Urteile einfach hinschauen, und sich Fragen dazu überlegen. »Und durch ein Experiment der Natur diese Frage quasi stellen.«.

Sein praxisnaher Unterricht zeigt Wirkung: Es waren Schüler von Hoffmüller, die beispielsweise einen neuen Asteroiden entdeckten und per Funk Kontakt zur Besatzung der ISS-Raumstation aufnahmen. Damit wandelten sie auf den Spuren der großen Forscher, wie Hoffmüller erklärt: So ähnlich hätten die Teams des Nobelpreises 2011 nach neuen Sternen, nach »Supernovae«, gesucht, viel weiter weg und viel lichtschwächer, aber das Prinzip sei das gleiche gewesen. Genauso wie die Schwierigkeit, dass sowohl die Forscher, als auch die Schüler darauf angewiesen gewesen seien, dass mit anderen Großteleskopen schnell und spontan Folgebeobachtungen vorgenommen wurden: »Denn man kann für neue Entdeckungen eben nicht im Vorhinein Beobachtungszeit reservieren.«

Genug Möglichkeiten zum Entdecken gibt es auch weiterhin: Millionen von Mini­planeten etwa, bis zu Hunderten von Kilometern groß, kreisen vermutlich um die Sonne, doch nur von rund 500.000 ist die Bahn einigermaßen bekannt. Eines der Gebiete also, wo sich Hoffmüllers Schüler austoben können. Und was den Schülern Spaß macht, das macht es dem Lehrer nicht minder. Hoffmüller freut sich immer wieder darüber, »welche Einsatzbereitschaft, welchen Ehrgeiz, welche Kreativität Schüler entfalten, wenn sie eine herausfordernde, selbstgewählte Aufgabe in einem offenen, unterstützenden Rahmen bearbeiten«. Und dass auch eine gewisse Strenge dazu gehört, das geht schon in Ordnung so. Findet beispielsweise auch Philipp: »Ein guter Lehrer muss auch streng sein.« Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 24.07.2012
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