Seit Mai beherbergt die Seidlvilla zwei Bienenstöcke

Schwabing · Schwabing summt!

Harald Weiß (3. v. l.) und Ralf Armbrecht zeigen Johanna Brechtken (2. v. l.)  und zwei Schwabingerinnen eine Honigzarge im Garten der Seidlvilla. 	Foto: scy

Harald Weiß (3. v. l.) und Ralf Armbrecht zeigen Johanna Brechtken (2. v. l.) und zwei Schwabingerinnen eine Honigzarge im Garten der Seidlvilla. Foto: scy

Schwabing · Auch viele Schwabinger – und zwar nicht nur die Kinder – verwechseln Bienen mit Wespen. Damit soll nun Schluss sein. Aufklärung gibt Hobbyimker Harald Weiß, der seit Anfang Mai bis in den September hinein zwei Bienenvölker betreut, die im Garten der Seidlvilla beherbergt werden.

Diese Aktion der Umweltinitiative »München summt« soll »Natur in die Stadt zurück holen«, wie Sigrun Lange, Koordinatorin des Projektes, sagt. Die Initiative stelle die Honigbiene in den Mittelpunkt, um über das tiefere Verständnis dieser Nutztiere auch die Bedeutung und Schönheit ihrer wilden Verwandten, der Wildbienen sowie anderer Insekten und ihrer bedrohten Lebensräume zu erkennen. Die Bienenkästen stehen hinter einer rot-weißen Absperrung. Wer einen näheren Blick wagen möchte, kann das unter Anleitung von Bienenzüchter Weiß tun, jeden Freitag von 15 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung. Nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder sind willkommen, alleine oder mit ihren Kindergartengruppen oder Schulklassen. »Wir stellen für die Jüngsten eigens Imkerschleier mit angenähten Jacken zur Verfügung«, berichtet Weiß, der selbst in cremefarbener Imkerkleidung steckt.

Doch nicht immer braucht es Schutz: An den Fingern seines Kollegen Ralf Armbrecht krabbelt beispielsweise eine Drohne herum. Zwei vierjährige Buben schauen skeptisch. »Pass auf, dass die dich nicht sticht«, sagt der eine. »Bienenmännchen stechen nicht, weil ihnen der Stachel fehlt«, erklärt Armbrecht. So ganz aus der Nähe lässt sich auch besser erkennen, inwiefern sich die Biene von der Wespe unterscheidet: Die Biene hat einen Puschel-Pelz und unterschiedliche Braun- und Ockertöne, die teilweise ins Silbrige und Zartgelbe gehen. »Ganz sicher handelt es sich auch dann um keine Biene, wenn es am Frühstückstisch summt. Es sind ausschließlich Wespen, die sich an Marmelade heranmachen. Bienen interessieren sich nur für Blüten«, so Armbrecht.

Der Imker hat Ende 2010 den Start des Projekts »Berlin summt« miterlebt. Er lebt seit acht Jahren in München – und für ihn war schnell klar, dass es auch in München summen soll. 2011 schließlich wurde der Anfang auf dem Gründach des Gasteigs gemacht, Kollege Weiß steuerte die ersten Bienenvölker bei. Inzwischen sind die Standorte Stemmerwiese und heuer die Dächer der Neuen Pinakothek und des Hauses der Architektur sowie der Garten der Seidlvilla dazugekommen. Die Bienen können jeweils von dort ausschwärmen und Blütenstaub, unter anderem von Kastanien und Linden, sammeln. Den produzierten Blütenhonig gibt es im Spätsommer zu kaufen und auch bei der Herstellung kann man dabei sein. Ein Volk liefert laut Weiß mindestens 20 Kilogramm Honig.

Am Schwabinger Standort sind die Bienen draußen wie drinnen. Denn die Seidlvilla wäre nicht die Seidlvilla, gäbe es nicht auch einen künstlerischen Bezug, und den bietet in diesem Fall Angelika Bartholl mit ihrer Ausstellung »Ambrosia – Zeichnungen und Mischtechnik auf Papier«, die noch bis Freitag, 31. Mai, zu sehen ist. »Wir wollen das Verhältnis zeigen zwischen Bienen in der Kunst und deren Lebensrealität in der heutigen Zeit und so dazu beitragen, dass wir die große Bedeutung der Honig- und Wildbienen für unsere Stadt und für die gesamte Gesellschaft wertschätzen«, sagt Seidlvilla-Geschäftsführerin Johanna Brechtken. Auch mit einem Film solle vermittelt werden, »dass wir alle von funktionierenden Ökosystemen abhängen.« Gezeigt wird deshalb am 18. Juni, um 19 Uhr »More than Honey« von Markus Imhoof, der Eintritt ist frei.

»München summt!« will zudem möglichst viele Münchner dafür gewinnen, Bienen einen Lebensraum zu bieten – auf ihren Balkonen, in ihren Gärten oder auf Brachflächen. Mit Erfolg. »Neulich beispielsweise rief ein Nachbar an und erkundigte sich, was er tun könne, damit die Bienen auch zu ihm kommen«, berichtet Brechtken. Und Weiß hofft, dass diese Bereitschaft weiter Schule macht. »Es ist immens wichtig, das kontinuierliche Zurückdrängen der Natur zu stoppen«, so der Imker. »Gibt man Bienen wieder mehr Raum, gerade in der Stadt, ist ein entscheidender Schritt getan.« Die ökologische Bedeutung der Bienen ist beträchtlich: Mehr als ein Drittel der Nahrungsmittel würde ohne diese Tiere nicht gedeihen. Außerdem bestäuben Bienen auch Wildpflanzen und sichern damit die Nahrungsgrundlage vieler Tierarten. Doch: Bienen sind zunehmend bedroht. Ihr Sterben ist noch weitestgehend ein Rätsel. Man vermutet mehrere Faktoren, darunter den Befall mit Parasiten, wie zum Beispiel der Varroa-Milbe. Auch der zunehmende Gebrauch von Pestiziden soll eine Ursache sein. Weltweit gibt es momentan rund ­20.000 Bienenarten, in Deutschland sind es rund 550. Termine für Führungen mit Imker Harald Weiß im Garten der Seidlvilla, Nikolaiplatz 1b, können unter Tel. 33 31 39 vereinbart werden. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.muenchen.deutschland-summt.de. Weitere Infos zum eigenen oder zu anderen Stadtteilen unter www.wochenanzeiger.de.

Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 21.05.2013
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