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Kabarettist Helmut Schleich veröffentlicht scharfzüngige Notizen des CSU-Granden
Tagebücher von Franz Josef Strauß »entdeckt«
Der Münchner Kabarettist Helmut Schleich schlüpft schon seit Jahren in die Rolle von Franz Josef Strauß. Foto: Privat
München · Ohne Weißwürste und Bier mag der Bayer nicht sein – und ohne den Franz Josef Strauß hält es mancher auch nur schwer aus. Muss er auch nicht. Denn der legendäre Politiker ist auch 25 Jahre nach seinem Tod noch präsent.
Der Münchner Kabarettist Helmut Schleich, ausgezeichnet mit dem Deutschen Kleinkunstpreis 2013, steht bereits seit 30 Jahren auf der Bühne, auch als begnadeter Imitator der CSU-Ikone. Und der 46-Jährige weiß: Strauß guckt droben von seinem Platz im Himmel zu und kommentiert die politischen Ereignisse in seiner typisch scharfzüngigen Art.
- Umfrage zum Thema „Politiker“
Umfrage vom 02.11.2013: Fehlt in Bayern ein Politiker wie Franz Josef Strauß? - „Da schau her“ - Zum Thema der Woche: Politiker
Artikel vom 01.11.2013: Albrecht Ackerland im Münchner SamstagsBlatt - So seh ich das! Zum Thema Politik
Artikel vom 03.11.2013: Münchner SamstagsBlatt-Redaktionsleiter Carsten Clever-Rott: Ihr da oben, gebt mal Gas!
Schleich und sein Co-Autor Thomas Merk sind in den Besitz dieser posthumen Aufzeichnungen gelangt. In »Franz Josef Strauß. Mein Tagebuch von 1988 bis heute« wird kaum ein Thema ausgelassen: Von der Wiedervereinigung, über den Parteispendenskandal und die Griechenlandhilfe, bis zu den Wulffs, Edward Snowden und Uli Hoeneß. Warum der Strauß immer noch mitmischen muss, erklärt Helmut Schleich im Interview mit dem SamstagsBlatt.
SamstagsBlatt: Im Fegefeuer, so heißt es bei den Katholiken, wird die Seele geläutert. Dennoch gibt Franz Josef Strauß nach seinem Tod immer noch keine Ruhe und poltert wie eh und je. Warum eigentlich?
Helmut Schleich: Erst mal lief alles ordnungsgemäß. Nach einer Schnellreinigung im Fegefeuer ist Franz Josef Strauß im Himmel gelandet. Er war selbst ganz überrascht davon. Und immerhin, er hat zwar Tagebuch geführt, sich aber zwanzig Jahre lang still gehalten. Doch 2008 musste er sehen, wie seine Herren die CSU an die Wand gefahren haben. Keine absolute Mehrheit mehr in Bayern. Da konnte er freilich nicht mehr an sich halten und musste seine Sicht der Dinge darlegen.
Was nur geht, weil Sie ihm dabei helfen. Wieso machen Sie das?
Helmut Schleich: Man kann sagen, dass es sich dabei um eine feindliche Übernahme handelt. Er hat mich einfach körperlich besetzt. Wenn ich auf Tournee spiele, brauche ich nach ein paar Tagen immer einen Physiotherapeuten, weil dieser Strauß mir im wahrsten Sinne des Wortes in die Knochen fährt. Wehren kann ich mich nur, indem ich Strauß inhaltlich besetze und ihm Sätze in den Mund lege, die er so niemals gesagt hätte.
Was, wenn Sie in den Himmel kommen. Keine Angst, dass Sie dann der Strauß ordentlich zur Brust nimmt?
Helmut Schleich: Wieso sollte er? Der ist ein sehr intelligenter Mann gewesen. Der weiß schon ganz genau, dass ihm das, was ich mache, zu großer posthumer Ehre gereicht. Da muss ich keine Sorge haben, dass er mich in das Lager seiner Gegner einsortiert. Für die gab es freilich nichts zum Lachen. Man denke nur an seine Beschimpfungsorgien, etwa als er Kritiker als »Ratten« und »Schmeißfliegen« titulierte. Strauß war ein ganz brutaler Hund, so wie er auch ein unglaublicher Sympathieträger war. Er wurde verehrt wie gehasst und ist die wohl polarisierendste Figur der deutschen Politik nach 1945.
Sie waren 21 Jahre alt, als Strauß verstarb. Was ging in Ihnen vor, als Sie die Nachricht von seinem Tod hörten?
Helmut Schleich: Es war eine Meldung, mit der niemand gerechnet hatte. Das Land verfiel in eine regelrechte Schockstarre. Über das Spektakel, das zu seiner Beerdigung veranstaltet wurde, konnte ich nur staunen. Gegen seinen Trauerzug war der für König Ludwig II. geradezu eine Arme-Leute-Beerdigung. Ich gehörte allerdings nicht zu denen, die trauerten. Politisch stand ich immer auf der anderen Seite. Im Gegensatz zu meinem Großvater, bei dem ich aufgewachsen bin und der ein glühender Strauß-Verehrer war.
Wären Sie gerne auch in der Gedankenwelt vom Seehofer drin?
Helmut Schleich: Warum nicht. Der hält sich für König Horst von Bayern und tut so, als würde er einen souveränen Staat regieren, teilweise völlig unabhängig von Brüssel. Einer der schaltet und waltet, wie er will, und gar nicht mehr weiß, wie er gehen soll vor lauter Kraft. Würde mich schon interessieren, was in so einem vor sich geht.
Welche aktuellen politischen Entwicklungen machen Ihnen denn ernsthaft Sorgen?
Helmut Schleich: Die Wahlergebnisse zeigen, dass
das Land deutlich nach rechts gerückt ist. Man kann hierzulande ernsthaft
Wahlkampf machen mit Themen wie der Autobahnmaut für Ausländer. Das hat
viel damit zu tun, dass die Leute Angst haben. Es geht ihnen nicht mehr
so gut wie früher. Man hat dieses Europa übers Knie gebrochen, ohne den
Menschen die Wahrheit zu sagen und ohne sie zu fragen, ob sie das überhaupt
wollen. Es beunruhigt mich auch, dass Themen, die dringend angegangen werden
müssen, einfach ausgeblendet werden. Ein Drittel der Bevölkerung fällt durch
das Raster der Armut. Aber es gibt kein politisches Bewusstsein mehr dazu.
Von Sylvie-Sophie Schindler
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Artikel vom 31.10.2013Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp
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