Veröffentlicht am 29.05.2015 00:00

Schliersee · Im Museumsdorf lässt sich die Vergangenheit erleben


Von red

Reisen ist für uns heute eine selbstverständliche Sache. Und wenn nicht gerade die Lokführer oder Fluglotsen streiken, kommen wir zügig an das gewünschte Ziel.

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Früher jedoch war das Reisen eine beschwerliche Sache, mit Pferdekutschen oder auch zu Fuß wurden selbst kurze Entfernungen schnell zum Tagesmarsch. Erst mit der zunehmenden Verbreitung der Eisenbahn war ein komfortables Reisen möglich und größere Strecken zu überwinden.

Die erste Eisenbahnstrecke, betrieben von der königlich-privilegierten Ludwigs-Eisenbahngesellschaft, wurde zwischen Nürnberg und Fürth errichtet und 1835 eröffnet. Die berühmte Lokomotive »Adler« zog dort die Waggons. Allerdings nur zweimal am Tag, bei den restlichen Fahrten spannte man aus Kostengründen noch Pferde vor den Zug. Doch die Technik setzte sich schnell durch und bereits 1863 wurde der Pferdebetrieb komplett eingestellt. Die Eisenbahn in ganz Bayern war im Wachsen begriffen. Bei uns in Schliersee etwa wurde die Bahnlinie 1869 fertiggestellt und es fuhren täglich vier Züge von und nach München. Das hatte natürlich einen wirtschaftlichen Aufschwung zur Folge und die Sommerfrischler kamen aus der Stadt aufs Land, um sich zu erholen. Für die Einheimischen, die die tägliche harte Arbeit in der Landwirtschaft gewohnt waren, mutete es sicher komisch an, sich zwischen den Heumandln zu entspannen. Ludwig Thomas Lausbubengeschichten spielen ungefähr in dieser Zeit und wenn ich die lese, kann ich mir sehr lebhaft vorstellen, wie der ein oder andere Lausbub den Städtern einen Streich gespielt hat. Das war auch zu meiner Kinderzeit noch so – aber das erzähle ich hier lieber nicht.

Was die Kinder allerdings noch mehr faszinierte als die illustren Gäste, waren die Dampflokomotiven. Der Beruf des Lokführers wurde zum Traumberuf für die Buben. Es ist ja auch ein imposantes Erlebnis, wenn eine schwere Dampflok unter Schnauben und Stampfen in einen Bahnhof einfährt. Nur Wäsche hat man lieber nicht neben den Gleisen zum Trocknen aufgehängt! Heute gibt es ein vielfältiges Angebot an Reisewegen und letztes Wochenende war wie jedes Jahr zu Pfingsten viel Urlaubsverkehr auf Bayerns Straßen. Die Pfingstferien nutzen viele um zu verreisen. Doch warum in die Ferne schweifen? Man kann auch im Kopf eine Reise antreten. Ich lade Sie ein zu einer Zeitreise ins 18. Jahrhundert im Freilichtmuseum in Schliersee. Bei uns im Museumsdorf erleben Sie das Landleben wie es einst war, als noch Landwirtschaft und Handwerk den Alltag bestimmten. Mit vielfältigen Aktionen und Führungen lassen wir die Zeit lebendig werden. Egal ob alte Handwerke, Bräuche oder das überlieferte Wissen über das Wetter oder die Gesundheit. Vielleicht nutzen Sie den Feiertag kommende Woche, um der Fronleichnamsprozession in Schliersee beizuwohnen und uns anschließend einen Besuch abzustatten. Auf Sie wartet unter anderem der Drechsler oder eine Kräuterpädagogin, die Ihnen altes Kräuterwissen vermittelt. Auch einen Webkurs bieten wir an diesem Tag an. In der Ausstellung »Kieselsteine unserer Heimat« können Sie einen noch größeren Zeitsprung machen und die Geologie vor 20.000 Jahren bestaunen. Und da man auf jeder Reise, also auch auf einer Zeitreise Proviant braucht, verwöhnen wir Sie im altbayerischen Wirtshaus »Beim Wofen« mit bayerischen Schmankerln und unserem süffigen Museumsbier, direkt aus unserer historischen Schöpfbrauerei. Übrigens, wir sind ja seit 1869 gut mit der Bahn erreichbar und ich empfehle Ihnen die Strecke einmal zu fahren. Landschaftlich ist sie nämlich traumhaft und wenn Sie sich dann noch ein bisschen den Rauch und Dampf vorstellen, wissen Sie wie es zu Thomas Zeiten gewesen sein könnte. Aber nehmen Sie sich vor den Lausbuben in Acht!

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