Mehr Geld allein macht nicht glücklich

Harlaching/Giesing · BAs begrüßen Erhöhung, wünschen sich vor allem aber mehr Freiheit

Harlaching/Giesing · Die derzeit 675 Mitglieder der 25 Münchner Bezirksausschüsse sollen künftig für ihr Ehrenamt in den Stadtteilgremien mehr Geld bekommen. Dafür will der Münchner Stadtrat insgesamt 450.000 Euro mehr ausgeben.

Einem entsprechenden Vorstoß der rot-schwarzen Rathauskoalition hat auch das Stadtdirektorium zugestimmt. Derzeit belaufen sich die Aufwandsentschädigungen noch auf rund 1,2 Millionen Euro im Jahr. Durch die Anhebung ist jetzt eine Steigerung um immerhin 37 Prozent avisiert. Monetär reich werden die Lokalpoltiker aber auch durch die Erhöhung allesamt nicht. Es bleibt der ideelle Wert beim Streiten ums Gemeinwohl auch künftig im Mittelpunkt.

Wir haben uns in den beiden Bezirksausschüssen Obergiesing-Fasangarten sowie Untergiesing-Harlaching bei den »Leitungsorganen« umgehört. Die Erhöhung wird dort gelassen-nüchtern zur Kenntnis genommen. Auch wenn man dort die Anpassung nach oben für durchaus angemessen hält. »Natürlich spiegelt die Erhöhung in keinem Fall den Aufwand, den wir als Bezirksausschussmitglieder hier regelmäßig betreiben, wide«, erklärte etwa Thomas Krieger (CSU), der in der letzten Sitzung die eigentliche BA-Chefin Carmen Dullinger-Oßwald vertrat. Dennoch begrüße man in Obergiesing-Fasangarten das Konstrukt, da spreche er auch im Sinne der BA-Chefin. Praktisch sieht die Sache der Kollege aus dem Nachbarbezirk. Der Christsoziale Clemens Baumgärtner als Vorsitzender des Bezirksausschusses Untergiesing-Harlaching spricht schmunzelnd von »der warmen Mahlzeit bei den Sitzungen, die jetzt zusätzlich bezahlt« werde. »Aber aus Geldgründen macht das ohnehin niemand«, unterstreichen beide. »Da hätte man aus wirtschaftlichen Gründen mangels früherer Erhöhungen und eines echten Inflationsausgleichs längst aufhören müssen«, schmunzelt Baumgärtner. Die Erhöhung sei auf jeden Fall nachvollziehbar. Beide hätten aber auch ohne sie weitergemacht. »Hier bei uns im BA sind alle über die Parteigrenzen hinweg engagiert mit von der Partie und begreifen ihr Wirken als echtes Ehrenamt an der Gesellschaft«, unterstreicht der Untergiesing-Harlachinger Stadtteilbürgermeister seinen und den Arbeitsansatz seiner Kollegen. »Wir begreifen es als Kernaufgabe, für unseren Stadtteil mit viel Einsatz etwas zu bewegen«, ergänzt Orts-Nachbar Krieger.

Wichtige wäre nach Ansicht der beiden auch mehr Entscheidungsfreiheit. »Die Bezirksausschüsse brauchen mehr Verantwortung und sollten nicht gar so am Gängelband des Oberbürgermeisters und der Verwaltung hängen«, so Baumgärtner. Die Bezirksausschüsse seien schließlich »verkleinerte Abbilder des Stadtrates«. Hier werde lokale Kenntnis und der spezifisch bessere Einblick des BA bei wichtigen Sachfragen oft verschleudert«, wirft Baumgärtner ein kritisches Licht auf die aktuellen Zustände der Arbeitsteilung Stadt-Stadtteil. »Wir vertreten Gebilde mit über 50.000 bis gut 100.000 Bürgern – unsere Rechte sind allerdings arg beschnitten«, plädiert der CSU-Mann ähnlich wie in der Hauptstadt Berlin durchaus auch für Bezirksbürgermeister und mehr Selbstverwaltung der Stadtteile. »Wir investieren mit ein bis zwei Tagen pro Woche alleine für das Ehrenamt auch sehr viel Zeit«, sieht Thomas Krieger die Sache ähnlich. »Wenn wir um eine bessere Verkehrsführung an der Tegernseer Landstraße und eine attraktivere Gestaltung des Obergiesinger Zentrums kämpfen, dann sollten unsere dezidierten Vorschläge und Erwägungen mit den Bürgern auch von Stadtseite besser gehört werden«, kritisiert er.

Im Detail: Künftig 72 statt bislang 60 Termine pro Jahr können die BA-Vorsitzenden im Rahmen ihrer Tätigkeit pro Jahr geltend machen – 60 statt 48 sollen es bei sonstigen BA-Mitgliedern sein. Der Vorsitzende eines Stadtteilgremiums bekommt auch mehr an monatlicher Aufwandsentschädigung, die weiter wie bisher nach Stadtviertelgrößen gestaffelt ist. Erhält ein Quartier-Bürgermeister bisher 506 Euro bisher, soll der gleiche Posten künftig mit 650 Euro dotiert sein. Auch seine Stellvertreter, die Unterausschuss-Vorsitzenden in den Fachbereichen und die Fraktionssprecher der im BA vertretenen Parteien und Gruppiereungen erhalten eine höhere Pauschale zusätzlich zum Sitzungsgeld. Nachdem die Entschädigungen gegen Ende der 1990er Jahre zum letzten Mal angepasst wurden, scheint die aktuelle Erhöhung angesichts des umfangreichen Wirkens in den Bezirksausschüssen durchaus angemessen. Auch an anderer Finanzstellschraube soll übrigens gedreht werden. So sollen künftig die Einwohner der Stadtviertel selbst über Bürgerbudgets mehr Direkteinfluss auf die Verwendung ihrer Steuermittel in den Stadtteilen erhalten. H.Hettich

Artikel vom 21.09.2015
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