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Experten aus der Kreisklinik über die Bedeutung der Physiotherapie
Gemeinsam für neue Mobilität: Gabriele Grubmüller, Leiterin Physiotherapie, und der ärztliche Leiter, Dr. Artur Klaiber, Chefarzt Unfallchirurgie und Orthopädie. Foto: Sybille Föll
Ebersberg · Wurde Patienten früher nach einer Operation Ruhe verordnet, so gilt heutzutage aus gutem Grund: So schnell wie möglich wieder raus aus dem Bett und bewegen! Für die Mobilisation ist der Physiotherapeut zuständig. Was die Physiotherapie außerdem leistet, darüber sprachen wir mit dem Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Artur Klaiber sowie der Leiterin der Physiotherapie Gabriele Grubmüller.
Sybille Föll: Dr. Klaiber, welchen Stellenwert hat die Physiotherapie
in der Kreisklinik Ebersberg?
Dr. Arthur Klaiber: Einen
sehr hohen. Für uns als Akutklinik ist sie gar nicht wegzudenken. Sie ist
ein wichtiger Bestandteil nahezu aller Therapiekonzepte – und auch in allen
Abteilungen!
Welches Ziel hat die Physiotherapie speziell bei Patienten Ihres
Fachgebiets?
Dr. Arthur Klaiber: Unser Ziel ist es ja,
die Mobilität des Patienten wiederherzustellen oder zu stabilisieren. Zum
Beispiel nach einer Knie- oder Schulteroperation muss das Gelenk bereits
einen Tag nach dem Eingriff bewegt werden, weil es sonst versteift. Die
durch die Operation verursachten inneren Verletzungen lösen im Körper einen
Reparationsprozess mit Entzündungen und der Bildung von Narbengewebe aus.
Gewebeschichten verkleben regelrecht und die Beweglichkeit des Gelenks würde
auf Dauer eingeschränkt. Ein weiteres Ziel ist der Aufbau der Muskulatur,
damit der Patient schneller wieder in seinen Alltag zurückkehren kann. Zudem
dient die Bewegungstherapie der Durchblutungsförderung, um postoperativen
Risiken wie etwa Thrombosen oder Lungenentzündungen vorzubeugen. Das gilt
für Patienten aller Abteilungen, die operiert wurden.
Frau Grubmüller, Krankengymnastik ist ja nur ein Teil der Physiotherapie.
Welche Behandlungsmethoden wenden Sie in Ebersberg außerdem an?
Gabriele Grubmüller: Massagen, physikalische Therapien, Elektro- und
Hydrotherapie, funktionelle Tape-Verbände, Atemtherapie und einiges mehr,
je nach Befund des Patienten. Wir verfügen in der Klinik über drei Behandlungsräume,
einen großen Gymnastikraum sowie einen Raum für Hand- und Fußbäder. Unser
neunköpfiges Team arbeitet mit allen Abteilungen der Klinik zusammen. Die
zweitgrößte Patientengruppe nach der Orthopädie und Chirurgie sind Patienten
der Inneren Medizin mit der Schlaganfalleinheit. Innerhalb von 24 Stunden
nach dem Eintreffen des Patienten auf der Schlaganfallstation erheben wir
einen umfassenden neurologischen Befund. Abhängig von der Schwere der motorischen
Störungen, etwa Lähmungen oder Gleichgewichtsstörungen, erstellen wir einen
individuellen Therapieplan.
Welche Therapien führen Sie auf den anderen Stationen durch?
Gabriele Grubmüller: In der Gynäkologie und Geburtshilfe reicht das
Spektrum von Wochenbettgymnastik für die Mütter über Mobilisierung des Arms
nach einer Brustkrebsoperation bis hin zum Beckenboden- und Haltungstraining
gemäß Tanzberger Konzept für Frauen mit einer Gebärmuttersenkung und Operation
sowie Inkontinenzproblematik. Letzteres führen wir auch bei Patienten der
Urologie durch, etwa nach Entfernung eines Prostatakarzinoms, um die Schließmuskelfunktion
der Blase wieder herzustellen. In der Inneren Medizin geht es zum Beispiel
bei Patienten mit schweren Lungenerkrankungen darum, die Atemfunktion zu
verbessern. Das geschieht mit speziellen Trainingsgeräten, die je nach Erkrankung
das Aus- oder Einatmen fördern.
Auf der Palliativstation sind Sie ebenfalls tätig, richtig?
Gabriele Grubmüller: Ja, dort arbeitet eine speziell ausgebildete Physiotherapeutin,
die sich vollständig den Menschen auf dieser Station widmen kann, um sie
je nach Situation bestmöglich zu unterstützen. Sei es beim Erhalt oder Wiedererlangen
der Selbständigkeit im Hinblick auf eine Entlassung nach Hause oder um die
verbleibende Lebenszeit je nach ihren Bedürfnissen so angenehm wie möglich
zu gestalten. Dies geschieht durch Entspannungsübungen zur Schmerzlinderung
und Körperwahrnehmung, durch Atemtherapie, Bewegungsübungen oder Gehübungen.
Jede Verbesserung der Mobilität des Patienten wirkt sich positiv auf seine
Psyche aus.
Ist die Physiotherapie auch auf der Intensivstation tätig?
Gabriele Grubmüller: Selbstverständlich. In enger Zusammenarbeit mit
den Pflegern mobilisieren wir die schwerkranken Patienten, die sich meist
nicht selbst bewegen können, passiv, um die Durchblutung zu fördern, beispielsweise
durch Bewegen der Gelenke. Mithilfe des sogenannten Tekla-Stuhls bringen
wir diejenigen, bei denen es möglich ist, in eine aufrechte Position. Er
sieht aus wie eine Liege, die in Sitz- beziehungsweise Standposition gefahren
werden kann. Auch das hat eine positive Auswirkung auf die Psyche.
Warum ist das so wichtig?
Gabriele Grubmüller:
Stimmungsaufhellende Maßnahmen beschleunigen den Heilungsprozess. Dazu gehören
aktive Bewegungsübungen. Deshalb ist die Physiotherapie auch ein wichtiger
Bestandteil der Psychosomatik. Hier bieten wir für bestimmte Patientengruppen
einmal pro Woche Ausgleichsgymnastik an, geben eine Einweisung an unseren
Fitnessgeräten und führen Einzelbehandlungen durch, zum Beispiel bei Patienten
mit Wirbelsäulenerkrankungen.
Verfolgt die Physiotherapie also ein ganzheitliches Konzept?
Gabriele Grubmüller: Ja. Wir berücksichtigen Körper und Psyche in den
Behandlungen stets gleichermaßen. Nach unserer Erfahrung ist auch ein gutes
Verhältnis zwischen Patient und Therapeut unabdingbar, um den bestmöglichen
Therapieerfolg zu erzielen. Sollte das einmal nicht der Fall sein, ist ein
Therapeutenwechsel sinnvoll und möglich. Ein auf den Patienten abgestimmter
und mit ihm besprochener Therapieplan soll den bestmöglichen Behandlungserfolg
sichern und mithelfen, eventuell vorhandene Ängste abzubauen.
Das Interview führte Sybille Föll, freie Redakteurin
Artikel vom 31.08.2017Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp
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