Helferkreis Asyl Ottobrunn / Hohenbrunn – gelungene Integration Teil 6

Eine ganz normale Familie

Rita und Faris mit ihren Kindern (v.l.) Fadi (19), Olfia (23), Santa (10) und Joseph (12). Foto: Privat

Rita und Faris mit ihren Kindern (v.l.) Fadi (19), Olfia (23), Santa (10) und Joseph (12). Foto: Privat

Ottobrunn · Nach seinem Abschluss der höheren Schule im Irak wurde der 19-jährige Faris N. sofort als Soldat eingezogen und musste unter Diktator Saddam Hussein acht Jahre lang im ersten Golfkrieg zwischen dem Iran und Irak (1980-1988) kämpfen.

Zwei Jahre später begann der Kuwait-Krieg (zweiter Golfkrieg 1990-1991), zu dem er erneut eingezogen wurde. Wieder zu Hause in Bagdad beschützte er als Soldat die chaldäische Kirchengemeinde. Er begleitete die Priester als Bodyguard. Nebenher betrieb er ein kleines Fuhrunternehmen. 1993 heiratete er seine Rita und sie bekamen vier Kinder. Rita erzählt: "Ich hatte immer wieder große Ängste: Bagdad war zerbombt, Kinder wurden entführt und getötet, Eltern erpresst, Menschen auf der Straße ausgeraubt." Da fasste die Familie den Entschluss, das Land zu verlassen.

Faris floh im November 2011 über die Türkei nach Griechenland und weiter auf dem Landweg bis nach Deutschland. Das kostete sehr viel Geld. Glücklicherweise fand er in München Aufnahme bei seinem Bruder.

Im Rahmen der Familienzusammenführung konnte Rita Ende 2012 mit den vier Kindern nachkommen; die Familie war wieder vereint. Sie wurden als Flüchtlinge anerkannt und bekamen staatliche Unterstützung und Hilfe von Verwandten, die schon länger in Deutschland lebten. Im April 2014 konnte die Familie in eine Wohnung in Ottobrunn ziehen.

Alltag der Familie

Der Familienvater ist schon seit langem sehr krank; doch dank der guten ärztlichen Versorgung hier ist sein Gesundheitszustand stabil. Er lernt fleißig Deutsch: zunächst bei verschiedenen Kursen. Inzwischen übt ein Ehrenamtlicher des Helferkreises Asyl einmal in der Woche mit ihm.

Mutter Rita hat Deutsch-Kurse bis zum Niveau B1 geschafft. Ihren technischen Beruf kann sie in Deutschland nicht ausüben, daher möchte sie gerne als Friseurgehilfin arbeiten.

Tochter Olfia (23) wird im Juni ihre Ausbildung als zahnmedizinische Fachangestellte in einer kieferorthopädischen Praxis beenden. Vor kurzem hat sie ihren Führerschein gemacht, für den sie lange gespart hat.

Sohn Fadi (19) besuchte bis vor kurzem die Carl-Steinmeier-Mittelschule, wo er sich wohl fühlte. Die Lehrer und Sozialpädagogen schätzten ihn und halfen ihm bei der Integration. Zurzeit arbeitet er als bezahlter Praktikant in einer Zahnarztpraxis und beginnt dort im September eine Ausbildung als zahnmedizinischer Fachangestellter.

Der jüngere Sohn Joseph (12) hatte lange mit den Folgen der Umsiedlung zu kämpfen; er störte öfter im Unterricht. Lehrer und Eltern zeigten jedoch Verständnis und mittlerweile kommt er gut zurecht. In seiner Freizeit spielt Joseph gerne Fußball beim TSV Ottobrunn.

Santa (10), die Kleinste, ist ein fröhliches Kind und eine gute, eifrige Schülerin. Zusammen mit Joseph lernte sie beim TSV Hohenbrunn-Riemerling Schwimmen und beide machen bei den Ferienprogrammen und Sportcamps der Gemeinden mit.

Familienfest gefeiert

Die Familie gehört der chaldäisch-katholischen Kirche an, einer mit Rom unierten Ostkirche. Die Liturgiesprache ist Aramäisch, die Sprache, die Jesus gesprochen hat. Die Familie besucht regelmäßig den Gottesdienst der irakischen Gemeinde in der St. Wolfgang-Kirche am Rosenheimer Platz. Dort gingen Josef und Santa auch zur Ersten Hl. Kommunion. Nach orientalischem Brauch wurden die beiden geehrt wie Prinz und Prinzessin. Mit über 100 Gästen feierten sie im Pfarrsaal von St. Albertus Magnus; ein Fest fast wie zuhause in ihrer irakischen Heimat.

Herzenswünsche

Auf die Frage nach den Herzenswünschen antwortet Mutter Rita, dass sie gerne öfter mit ihren sechs noch lebenden Geschwistern zusammen sein möchte; Vater Faris wünscht sich Frieden und Freiheit auf der ganzen Welt.

Herma Willenbrink / MO

Artikel vom 04.06.2019
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