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Ein dunkles Kapitel
Erdings Zwangsarbeiter in digitaler Datenbank erfasst
Historiker Giulio Salvati forschte zur Zwangsarbeit im Rahmen der Ausstellung für das Museum Erding „Erding 1945 – wessen Heimat?“ Foto: Claudio Salvati
Erding · Am Freitag, 1. Mai, stellte der Erdinger Historiker Giulio Salvati auf dem Internetportal www.erding-geschichte.de eine neue Datenbank mit Namen, Arbeitgebern und Einsatzorten von etwa 4.000 ausländischen Zivil- und Zwangsarbeitern vor, die zwischen 1939 und 1945 im Landkreis Erding gelebt und gearbeitet haben.
Internetportal: www.erding-geschichte.de
In Kooperation mit dem Museum Erding digitalisierten Salvati und neun freiwillige Helfer alle auffindbaren “Arbeitskarten” des damaligen Arbeitsamt Freisings, Außenstelle Erding, aus dem Staatsarchiv München. Diese Karten enthalten in erster Linie Informationen zur Biographie der Zwangsarbeiter und sollen zur Erinnerung und Aufarbeitung des geschehenen Unrechts beitragen.
Viele der ausländischen Frauen, Männer und Kinder mussten unter Zwang ihre Heimat verlassen, erduldeten mancherorts Repression, Unterdrückung sowie Gewalt und finden trotzdem bis heute in keinem Denkmal des Landkreises Erwähnung. Auf der anderen Seite haben viele Bauern und Unternehmer von ihnen profitiert – unabhängig davon, ob sie der Ideologie freundlich oder feindlich eingestellt waren, ob sie nur die Produktion aufrechterhalten wollten oder aus Überzeugung gehandelt haben.
So verfolgt die Datenbank auch den Zweck, die Rolle der Zwangsarbeit für die lokale Wirtschaft sichtbar zu machen. Außerdem finden betroffene Menschen und deren Nachkommen mit der Datenbank Anhaltspunkte, um sich mit ihrer Familiengeschichte auseinandersetzen zu können, ganz gleich ob aus dem Erdinger Landkreis oder aus dem Ausland. Zu diesem Zweck wird die Datenbank auch weiter ausgebaut, sobald eine weitere Finanzierung gesichert ist, denn noch steht die Erfassung von etwa 4.000 weiteren Dokumenten aus.
Die Veröffentlichung der Datenbank erweitert die Familienforschung in Erding, die nun erstmals das Kapitel Zwangsarbeit während der NS-Zeit im Landkreis sichtbar macht und diesbezüglich eine offene Diskussionskultur fördern möchte. Außerdem bietet das Portal den Nachkommen von ehemaligen Zwangsarbeitern erste Anhaltspunkte, ihre eigene Familiengeschichte zu erforschen. Damit steht Erding nicht allein dar, etliche Initiativen im Umland wie in Moosburg, Mühldorf, Dorfen und Wasserburg haben sich der Aufarbeitung bislang vergessener NS-Verbrechen gewidmet.
Die Veröffentlichung am 1. Mai 2020 war nicht zufällig gewählt: an diesem Tag erreichten US-Truppen die Stadt Erding vor genau 75 Jahren, als sie im Landkreis tausende Menschen aus der Zwangsarbeit befreiten. Zuvor hatten deutsche Truppen noch alle Brücken über den mittleren Isar-Kanal gesprengt. Die Stadt selbst wurde kampflos übergeben. Doch auch die Herzogstadt blieb das Schicksal vieler weiterer deutscher Städte nicht verschont. Noch kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, am Nachmittag des 18. April 1945, wurde die Stadt bombardiert.
Die US Air Force warf 50 Sprengbomben ab; vor allem die historische Altstadt wurde getroffen. 110 Gebäude wurden teilweise vollständig zerstört. 120 Menschen fanden den Tod, 24 erlagen in den nächsten Tagen ihren Verletzungen. Wie sich später herausstellte, ist Erding aufgrund eines Irrtums bombardiert worden. Eigentliches Ziel der Bomberstaffel war der Bahnhof in Freising.
Auch über diesen Angriff hat Giulio Salvati mit der Unterstützung des Museum Erding einen kurzen Dokumentarfilm gedreht, welcher den Ablauf und die Hintergründe dieses schicksalhaften Tages beleuchtet.
Diesen Film und alles weitere über die neue Datenbank über Zwangsarbeiter findet man unter www.erding-geschichte.de im Internet.
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