Neues System, mehr Komfort, höhere Gebühren

Bibliotheken im Umbruch

München · Wer sich dieser Tage mit Lesestoff aus den Stadtbibliotheken eindecken will, steht vor verschlossenen Türen.

Denn die städtischen Büchereien in München bekommen ein neues EDV-System. Erst am Montag, 3. Februar stehen die Regale den Leseratten wieder zur Verfügung. Die Ausleihfrist für jetzt entliehene Medien verlängert sich automatisch bis 14. Februar. Die Mitarbeiter der Bibliotheken gönnen sich jedoch keine Auszeit.

Im Gegenteil: sie pauken, bis der Kopf raucht. Im Januar finden in den Arbeitsräumen intensive Schulungen statt. Da lernen die Mitarbeiter, wie das neue Computer-System funktioniert.

»Es gibt viel zu tun«, ist sich Gerlinde Zimmermann von der Bibliothek in der Au sicher. Ihr Kollege Reinhard Radtke vom Hasenbergl pflichtet ihr bei: »Da wird es sehr viele Neuerungen geben.« Am Harthof will man die Zeit auch für eine Grundreinigung nutzen, so Leiter Nikolaus Schwarzenberg.

Doch die Hauptaufgabe wird das neue System sein. »Wir müssen da alles neu lernen«, erwartet Monika Gingerich-Schneid, Leiterin der Isarvorstadt-Bibliothek. »Zunächst werden wir auf einem Übungsprogramm testen und dann mit den kompletten Daten ab 21. Januar probeweise arbeiten«, erläutert Imme Thoma von der Moosacher Bücherei. »Dann muss alles klappen.«

»Das bisherige EDV-Ausleihsystem, mit dem wir arbeiten, stammt aus dem Jahr 1976. Für den Erwerb und die Katalogisierung gab es seit 1994 ein eigenes System. Die passen jedoch nicht zusammen«, erklärt Dr. Eva Schubert, Leiterin der Bibliothek am Gasteig. Deswegen habe die Stadtbibliothek auch nie einen besonderen Servicecharakter im Rahmen ihres Internetauftritts gehabt.

Durch das integrierte Computersystem können Büchereikunden ab Februar im Internet (www.muenchner-stadtbibliothek.de) nachschauen, ob das gesuchte Buch gerade verfügbar ist. Ebenso können sie die Leihfrist von entliehenen Medien verlängern, Bücher reservieren oder aus einer Stadtteilbibliothek in die »eigene« anfordern. »Dazu muss sich der Nutzer lediglich eine PIN-Nummer für das persönliche Nutzerkonto in der Bibliothek geben lassen«, so Schubert.

Eine Bestellung kostet nach wie vor 80 Cent, man muss allein dafür aber nicht womöglich bei Wind und Wetter aus dem Haus gehen. Fällig wird die Gebühr bei der Abholung des Buches. Der ganze Aufwand, der jetzt auf die Bibliotheken zukommt – es müssen millionenfach Datensätze überspielt werden – soll aber nicht allein den Kunden zugute kommen.

Auch das arg strapazierte Stadtsäckel soll profitieren. »Wir werden bei internen Vorgängen rationalisieren«, so Schubert. Heißt im Klartext: Es werden Stellen abgebaut. »Das wird in einem sehr begrenzten Rahmen passieren«, beschwichtigt die Bibliotheksleiterin und fügt hinzu: »Es wird keine Entlassungen geben.«

Wie viele Arbeitsplätze wegfallen werden, könne man jetzt noch nicht sagen. »Das wird sich mit der Zeit herausstellen«, meint Karin Sommer, Sprecherin des Kulturreferats. Sie begrüßt jedoch die Einsparungen. »Die Bibliotheken erhalten 23 Prozent von unserem 150-Millionen-Euro-Jahresbudget«, sagt sie. Das sind knapp 35 Millionen.

Für eine weitere kleine Entlastung werden die Kunden selbst sorgen. Sie zahlen nämlich künftig 15 statt 13 Euro im Jahr. Eva Schubert verteidigt die Gebührenerhöhung. »Seit 1995 sind die Gebühren nicht verändert worden«, argumentiert sie. Bei der Euro-Einführung sei sogar von 26 Mark auf 13 Euro abgerundet worden. So viel ist den Münchnern das riesige Angebot der Bibliotheken sicher wert. cr

Artikel vom 02.01.2003
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