Enteignetes Thoma-Gemälde an Erben übergeben

Stück Münchner Geschichte

Prof. Dr. Reinhold Baumstark und Dr. Jost von Trott zu Solz vor dem Gemälde »Dämmerung am Gardasee« von Hans Thoma.	Foto: Museum

Prof. Dr. Reinhold Baumstark und Dr. Jost von Trott zu Solz vor dem Gemälde »Dämmerung am Gardasee« von Hans Thoma. Foto: Museum

Maxvorstadt · Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen an der Barer Straße haben ein Bild an die Erben eines einstigen jüdischen Eigentümers restituiert. Generaldirektor Prof. Dr. Reinhold Baumstark übergab am Dienstag, den 5. Oktober, das Gemälde »Dämmerung am Gardasee« von Hans Thoma an Dr. Jost von Trott zu Solz, den Vertreter der Erben von Ottmar Strauss, in dessen Eigentum sich das Bild ursprünglich befunden hatte.

Professor Baumstark gab anlässlich der Restitution seiner Freude Ausdruck, dass es erneut gelungen sei, auch nach langem zeitlichen Abstand jüdischen Mitbürgern zu ihrem Recht zu verhelfen und zugleich ein Zeichen des Erinnerns an die während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft begangenen Untaten zu setzen.

1909 befand sich das Bild in der Sammlung Oskar Hermes in München. Für 1922 ist es bereits in der Sammlung von Ottmar Strauss in Köln bekannt. Der Unternehmer und bedeutende Kunstsammler jüdischer Abstammung emigrierte 1936 in die Schweiz, um den rassistischen Verfolgungen durch die Nationalsozialisten zu entgehen. Dieser Emigration ging der Verlust fast sämtlicher Vermögenswerte voraus, darunter seiner Kunstsammlung, die 1934 und 1935 im Auktionshaus Hugo Helbing in Frankfurt zur Versteigerung kam.

»Dämmerung am Gardasee« wurde in diesem Zusammenhang am 24. Mai 1935 als Los 180 aufgerufen, erhielt aber keinen Zuschlag. Im Februar 1943 wurde das Gemälde über einen Mittelsmann durch den Reichsleiter der NSDAP Martin Bormann, von dem Münchner Galeristen Brettschneider für 60.000 RM erworben.

Als vorgebliches Eigentum der ehemaligen NSDAP-Parteizentrale 1957 an den Freistaat Bayern übertragen, wurde das Gemälde schließlich von den Staatsgemäldesammlungen mit der Nr. 12579 inventarisiert. Der für seine stimmungsvollen Landschaften bekannte Hans Thoma (Bernau 1839 – Karlsruhe 1924) hat das Bild anlässlich einer seiner vielen Italienreisen gemalt, die er seit 1874 unternahm.

Den Grundsätzen der Washingtoner Konferenz von Dezember 1998 und der gemeinsamen Erklärung von Bund, Ländern und Kommunen vom Dezember 1999 folgend, erkennen die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen ihre Verpflichtung an, unrechtmäßig entzogenes Kulturgut zurückzuerstatten.

Artikel vom 07.10.2004
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