Verwirrende Kunst im Botanischen Garten

Nymphenburg · Die »Zwölfte« ist ein Irrgarten

Nicht verwirren lassen: Das vertrackte Labyrinth im Botanischen Garten.	Foto: VA

Nicht verwirren lassen: Das vertrackte Labyrinth im Botanischen Garten. Foto: VA

Nymphenburg · Im Arboretum des Botanischen Gartens steht ein großes gelbes Gebilde, dessen helle Farbigkeit durch die Bäume hindurch leuchtet. Die Künstlichkeit der grellen Farbe steht dabei in deutlichem Kontrast zum natürlichen Grün des Gartens.

Erst beim Herantreten erkennt der Besucher, dass es sich hier um ein Labyrinth handelt; denn aus der Ferne wirkt das hohe amorphe Konstrukt zunächst wie unregelmäßige, doch zu einer geschlossenen Gestalt aufgestellte Paravants.

Ein Irrgarten in einer Gartenanlage besitzt eine lange Tradition. Er schmückt nicht nur die Anlage, sondern eröffnet eine Möglichkeit zum spielerischen Zeitvertreib und kann als Reminiszens an Antike, Renaissance und Barock dienen.

Doch dieser Irrgarten wirkt fremd und flüchtig: Er steht an einer wenig repräsentativen Stelle und sein Material ist Pecafil, in gelbe Plastikfolie eingeschweißte Metalldrahtgitter, die als Verschalungsmaterial für Betonguss verwendet werden.

Die eigene Spezific des Labyrinths aber wird erst beim Betreten und erst mit der Zeit deutlich. Die Folie scheint je nach Sonnenlicht ihre Farbigkeit und Beschaffenheit zu verändern, wird transluzid oder opak, so dass das Drahtgitter zum einen als erhabene Netzstruktur, zum anderen als dunkle Fugen erscheint. Beginnt das Pecafil zu rosten, nimmt es eine orangefarbene Tönung an.

Die sich verändernde Wahrnehmung des Objektes einerseits und die Notwendigkeit des Erlaufens andererseits betonen seine Prozesshaftigkeit und Performance und finden ihre Entsprechung auch im Herstellungsprozess. Michael Beutler entwickelt Werkzeuge und Maschinen, die er für die Fertigung seiner skulpturalen Installationen benötigt. So kann er das Material individuell und vor Ort modellieren und ihm durch Knicke und Faltungen die gewünschte Form geben. Dabei geht es ihm nicht um eine perfekte Ver- und Bearbeitung des Materials, sondern um ein gut und einfach funktionierendes Resultat.

Der Irrgarten ist die zwölfte Außenarbeit, die Michael Beutler aus Pecafil fertigt. Bei all diesen zwölf Outdoor-Arbeiten handelt es sich um Architekturen, die beiläufig und auffällig gleichermaßen im öffentlichen Raum aufgestellt werden.

Wie das Labyrinth hier sind es benutzbare Installationen von kurzer Lebensdauer, die in ihrer Erscheinung auf ihr Entstehen verweisen und die in ihrer skulpturalen Einzigartigkeit dem Ort ihrer Aufstellung einen neuen Aspekt hinzufügen.

Artikel vom 07.07.2005
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